Institutional Money, Ausgabe 3 | 2022

N achhaltigkeitsrisiken können Versicherungsunternehmen sowohl auf der Aktiv- als auch auf der Passivseite ihrer Bilanz treffen. Das ist den Beteiligten seit Längerem bewusst. „Wenn wir nichts tun, wird uns das teuer zu stehen kom- men“, schreibt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) in seinem ersten Nachhaltig- keitsbericht. Nicht zuletzt wird die Branche auch von der Aufsicht in Richtung Nachhaltigkeit gedrängt. So teilt die BaFin mit, dass sich ihr Geschäftsbereich Versicherungsaufsicht bereits seit 2018 das Thema Nachhal- tigkeit als Aufsichtsschwerpunkt setzt. Umsetzungsstand abgefragt Wie Versicherer und Pensionsfonds mit Nachhaltigkeitsrisiken umgehen und wie sie das BaFin-Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken umsetzen, wollte die BaFin in Erfahrung bringen und hat dazu eine Umfrage durchgeführt, über deren Ergebnisse sie im Frühjahr 2022 berichtete. An der Umfrage teilgenommen haben 260 Versicherer und Pensionsfonds, von denen 82 Teilnehmer als Pensionskassen und Pensionsfonds den Einrichtungen der be- trieblichen Altersvorsorge (EbAV) zuzu- ordnen sind. Das Resultat zeigt, dass ein sehr großer Teil der Versicherungsunternehmen für das Thema Nachhaltigkeit sensibilisiert ist und grundsätzlich alle Nachhaltigkeitsaspekte – also E (Umwelt), S (Soziales) und G (Go- vernance) – berücksichtigt. Ihr größtes Au- genmerk gilt dabei den transitorischen Risi- ken (90 Prozent der antwortenden Unter- nehmen) und den physischen Risiken (89 Prozent). Transitorische Risiken gibt es im Zusammenhang mit der Umstellung auf eine klimaneutrale Wirtschaft. Dazu gehö- ren beispielsweise die Verteuerung bezie- hungsweise Verknappung fossiler Energie- träger oder politische Maßnahmen wie die Einführung einer CO 2 -Steuer oder die Er- fordernis einer Sanierung von Gebäuden und Anlagen. Physische Risiken ergeben sich für Versi- cherungen unter anderem durch Extremwet- terereignisse wie Hochwasser, Meeresspiegel- anstieg, Dürre, Starkwind und deren Folgen. Mit Governance- und sozialen Fragen, al- so den G- und den S-Faktoren, beschäftigen sich mit 86 beziehungsweise 82 Prozent erst weniger Versicherungsunternehmen als mit Umwelt- und Klimafragen. Das ist insofern nicht verwunderlich, als die bisherige Regu- lierung, beispielsweise in Form der EU-Ta- xonomie und der Offenlegungsverordnung (SFDR), hier ebenfalls als Erstes ihr Augen- merk darauf richtete. Risiko- vs. Chancenbetrachtung Noch nehmen die Versicherungsunterneh- men Nachhaltigkeitsthemen eher als Risiken denn als Chancen wahr. So gaben 89 Pro- zent der Befragten an, Nachhaltigkeitsrisi- ken erkennen und beobachten zu wollen, und 96 Prozent der Unternehmen geht es darum, Reputationsschäden zu vermeiden. Man möchte also vermeiden, von der Auf- sicht oder der Öffentlichkeit als Schmutz- fink oder als Greenwasher wahrgenommen zu werden. Das zeugt davon, dass die Unternehmen sich noch in einer gewissen Orientierungs- und Versuchsphase befinden und sich erst wenige daranmachen, die Nachhaltigkeitsdiskussion aktiv mitzuge- stalten und hier Chancen erkennen, um die- se dann weiter auszubauen. Sowohl das Er- kennen von Nachhaltigkeitsrisiken als auch In einer Untersuchung prüft die BaFin, wie Versicherer und Pensionsfonds mit Nachhaltigkeits- risiken umgehen. Die meisten sind bereits sensibilisiert, fokussieren sich aber noch sehr auf transitorische und physische Risiken. Transitorische und physische Risiken Falls sich der Versicherer oder Pensionsfonds mit Nachhaltigkeitsrisiken beschäftigt, welche Themen werden abgedeckt? Das größte Augenmerk der Versicherungsunternehmen und Pensionskassen gilt den transitorischen Risiken (90 Prozent der antwortenden Unternehmen) und den physischen Risiken (89 Prozent). Mit Governance- und sozialen Fragen beschäftigen sich mit 86 und 82 Prozent erst weniger Versicherungsunternehmen als mit Umwelt- und Klimafragen. Quelle: BaFin-Umfrage » Wir erwarten von den beaufsichtig- ten Versicherungsunternehmen, dass sie Rückstände zügig aufholen. « Dr. Frank Grund, BaFin-Exekutivdirektor für Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht Eher ein Angstthema Physische Risiken Transitorische Risiken Soziale Faktoren Governance-Faktoren Anzahl Antworten: 258 Anteil Ja in Prozent 89 % 90 % 82 % 86 % 152 N o. 3/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | E SG B E I I NS T I S FOTO: © UTE GRABOWSKY, M.MPHOTO | STOCK.ADOBE.COM

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