Institutional Money, Ausgabe 3 | 2022

ESG-Daten als Risikoparameter Hier spiegeln die ESG-Kennzahlen die Risiken für die Vermögenserträge wider, wobei der Schwerpunkt auf den Risiken des Klimawandels und den Verbindungen zum Wirtschaftswachstum liegt. Die Autoren stellen dabei auf die Pay-offs relativ zum Zustand der Wirtschaft unter verschiedenen Klimaszenarien ab. Braune Assets haben in ungünstigen Klimaszenarien niedrigere Cashflows, die mit einem geringeren Wirtschaftswachstum verbunden sind. Das bedeutet niedrigere Kurse und ein höheres Risiko. Grüne Assets besitzen in diesem Modell höhere Cashflows in nachteiligen Klimaszenarien, was zu höheren Preisen und niedrigeren Risiko- prämien führt. Die Cashflow-Risiken können sich auch je nach Anlagehori- zont verändern. Wenn die Wirtschaft beispielsweise in der Lage ist, sich nach Klimaschocks anzupassen, kann ein Vermö- genswert kurzfristig riskant, längerfristig je- doch weniger riskant sein. „The Price of Sin“ Im Einklang mit der Vorhersage des 1. Modells gibt es eine Reihe von Studien, die höhere durchschnittliche Renditen von Assets dokumentieren, die bei verschiede- nen ESG-Kennzahlen schlechter abschnei- den. Ein bekanntes Beispiel sind die US- Forscher Harrison Hong und Marcin Kacperczyk, die 2009 in „The Price of Sin: The Effects of Social Norms on Markets“ dokumentieren, dass Aktien von Unter- nehmen, die in von ESG-Befürwortern in verfemten Branchen wie Tabak, Alkohol und Glücksspiel tätig sind, höhere Renditen erzielen als vergleichbare Aktien in anderen Branchen. Sie verweisen darauf, dass diese sogenannten „Sin Stocks“ von bestimmten Investorengruppen wie Stiftungen und Pen- sionsfonds, die der öffentlichen Meinung besonders ausgesetzt sind, gemieden wer- den. Dabei legen sie Beweise dafür vor, dass diese Anlegertypen als Inhaber dieser Aktien unterrepräsentiert sind. Auch wenn Investoren erwarten, dass sie im Gleichgewichtszustand des Modells niedrigere Renditen für grüne Anlagen erzielen, gäbe es auch hier eine Übergangs- phase, in der ihre erwarteten Renditen sinken und die Preise ihrer grünen Assets im Vergleich zu braunen Vermögenswerten steigen. Die NBIM-Researcher würden erwarten, dass die Preise für grüne Anlagen steigen, wenn der Anteil der ESG-Inves- toren zunimmt, wie man anhand des Bei- spiels sieht, in dem der Anteil der ESG- motivierten Anleger von 25 auf 50 Prozent steigt. Höhere erwartete Renditen für brau- ne Anlagen würden auch niedrigere Preise für ebendiese bedeuten, was zur Outper- formance grüner gegenüber braunen Assets führt. Es stellt angesichts der gestiegenen Beliebtheit von nachhaltigen Anlagen eine Herausforderung dar, so die NBIM-Exper- ten, wenn man versucht, die empirischen Belege für die kurzfristige Performance von ESG-Anlagen zu interpretieren. Es ist schwierig, Übergangs- und Gleichgewichts- effekte genau zu identifizieren. Das bedeu- tet, dass es herausfordernd ist, Renditen verschiedener ESG-Strategien und Invest- mentprodukte zu deuten. Diese Probleme werden noch dadurch verstärkt, dass es eine relativ kurze Datenhistorie dazu gibt, ver- bunden mit verschiedenen ESG-Kennzah- len, hinter denen unterschiedliche Methodo- logien stehen. Sozialer Impact Können ESG-Investments das Verhalten von Unternehmen beeinflussen? Innerhalb des Modell-Set-ups würde man erwarten, dass ESG-Investments eine positive soziale Wirkung aufgrund der geringeren erwarte- ten Renditen, die mit grünen Unternehmen verbunden sind, besitzen. Diese geringeren erwarteten Renditen grüner Assets finden ihre Entsprechung in geringeren Kapitalkos- ten grüner Unternehmen. Dies impliziert, dass ESG-Überlegungen durch das Pricing Auswirkungen auf Unternehmen haben können, aber auch durch traditionellere An- sätze wie Engagement. Es kann auch zu- sätzliche Anreize für Unternehmen geben, sich als grüne Unternehmen darzustellen, was als „Greenwashing“ bekannt ist. In der Praxis müssen die Investoren be- urteilen, welche Unternehmen grün oder braun sind, denn diese Unternehmenscha- rakteristika sind nicht direkt beobachtbar. Tatsächlich kann es schwierig sein, das ESG-Profil eines Unternehmens mit den derzeit verfügbaren ESG-Kennzahlen infol- ge der herrschenden Informationsasymme- trie zu bewerten. In dem Maß, in dem eine solche zwischen Firma und Investor besteht, kann ein Unternehmen einen höheren Marktwert erzielen, wenn es die Investoren davon überzeugen kann, „grün“ zu sein. Im 2. Modell werden die Auswirkungen risikobasierter ESG-Investitionen auf die Aktienkurse untersucht. Im 1. Modell hatte NBIM die Möglichkeit ausgeschlossen, dass ESG-Kennzahlen Informationen über den Ertrag von Assets oder die Rentabilität von Unternehmen enthalten. Im Gegensatz dazu analysieren sie nun die Möglichkeit, dass Investoren ESG-Kennzahlen aufgrund der darin enthaltenen Informationen über die Cashflow-Risiken von Assets verwen- den. Bei vielen ESG-Themen liegt es nahe anzunehmen, dass ESG-Kennzahlen Infor- mationen über den Pay-off eines Assets ent- halten. Zum Beispiel haben Gompers, Ishii und Metrick schon 2003 festgehalten, dass Unternehmen mit guter Corporate Gover- nance in der Vergangenheit andere Unter- nehmen outperformt haben. Die mit höhe- ren ESG-Bewertungen verbundene Out- performance kann aber im Lauf der Zeit erodieren, wenn Investoren dies erkennen und den positiven Konnex zwischen ESG und Unternehmensperformance einpreisen. So wurde jüngst festgestellt, dass die Out- performance von Unternehmen mit guter Governance in einer Stichprobe jüngeren Datums verschwunden ist. Klimarisiko modelliert Dieser Aspekt von ESG-Investments ist NBIM sehr wichtig. Man skizziert ein stili- » Unsere Modelle antizipieren niedri- gere künftige Renditen grüner relativ zu braunen Vermögenswerten. « Pavol Povala PhD, Ökonom, Norges Bank Investment Management, London 148 N o. 3/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | E SG- I NVE S T I NG  FOTO: © NORGES BANK INVESTMENT MANAGEMENT

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