Institutional Money, Ausgabe 3 | 2022

Erweiterte Variante des Mean-Variance-Portfolios Details der Modellierung des 1. Modells, bei dem ESG-Investoren dazu neigen, mehr Kapital in grüne Assets zu allokieren. H ier modelliert NBIM verschiedene In- vestoren, die in unterschiedlichem Ma- ße durch finanzielle und ESG-Beden- ken motiviert sind, ähnlich wie bei Fama und French, die 2007 in „Disagreements, Tastes and Asset Prices“ die Vorlieben der Anleger in ein Standardproblem der Port- folioauswahl einbezogen haben. Ein Haupt- merkmal dieses Rahmens besteht darin, dass einige Investoren ESG-Erwägungen direkt bewerten, getrennt von dem Wert, den sie den finanziellen Erträgen beimessen. Dies ermöglicht die Berücksichtigung von ESG-Investitionsmotiven, die gänzlich nicht- finanzieller Art und zum Beispiel aufgrund ethischer Bedenken vorhanden sind. Zusätz- lich zur konzeptionellen Unterscheidung zwischen finanziellen und nichtfinanziellen Motiven gibt es Hinweise darauf, dass Investoren tatsächlich ESG in ihre Portfolios einbeziehen, die auf nichtfinanziellen Mo- tiven beruhen, wie dies zum Beispiel in „Impact Investing“ von Barber, Morse und Yasuda dokumentiert ist. Nichtfinanzielle ESG-Präferenzen Um ESG-Präferenzen zu modellieren, ver- wenden die NBIM-Fachleute eine erweiterte Version des standardmäßigen Mean-Va- riance-Portfolio-Problems. Dabei gehen sie davon aus, dass die Investoren ihr Vermö- gen für eine Periode zwischen einem risiko- freien Vermögenswert r f und Aktien auf- teilen. Es gibt n Unternehmen, jedes mit einem beobachtbaren ESG-Score s n , wobei s n > 0 bedeutet, dass Unternehmen n „grün“ ist und durch seine Tätigkeit einen positiven Impact auf die Gesellschaft entfal- tet. Jeder Investor investiert einen Teil seines Vermögens in Aktien dieser Unternehmen, der durch den Vektor der Portfoliogewichte X i bezeichnet wird. Überschussrenditen r werden durch r = µ + ϵ bestimmt, wo- bei µ der Vektor der erwarteten Gleichge- wichtsrendite und ϵ ein Rauschterm ist. Die Autoren nehmen an, dass ϵ normalverteilt ist mit Null als Mittelwert und der Kovari- anzmatrix Σ . Für die Präferenzen von In- vestor i nimmt man folgende exponentielle Nutzenfunktion an: u i = –exp(–(a i W i + d i s' X i )) Dabei ist a i der Koeffizient der absoluten Risikoaversion des Investors, und W i ist sein Vermögen am Ende der Perio- de. Unabhängig von seinem Vermögen legt der Investor auch Wert auf die ESG-Bewer- tung der Unternehmen, in die er investiert, die durch den Term d i s′X i in der Nutzen- funktion repräsentiert wird. s′X i bezeichnet den gewogenen durchschnittlichen ESG- Score des Investorenportfolios, d i misst die Stärke der Präferenz des Investors für grüne Unternehmen. Dieser zusätzliche Term in der Nutzenfunktion bedeutet, dass Investo- ren ESG-Überlegungen in ihre Portfoliowahl einbeziehen können. ESG-Portfolios und Marktgleichgewicht Als Nächstes wird das optimale Portfolio für einen Investor beschrieben, der sich um ESG sorgt. Dieses optimale Portfolio basiert auf der Nutzenfunktion. Pastor, Stambaugh und Taylor haben 2021 in „Sustainable Investing in Equilibrium“ gezeigt, dass die optimalen Portfoliogewichte für einen Inves- tor wie folgt aussehen: Die Auswirkung der Einbeziehung von ESG-Scores in die Investorenpräferenzen kann verstanden werden, wenn man zu- nächst d i gleich 0 setzt. In diesem Fall er- hielte man das standardmäßige optimale Mean-Variance-Portfolio, bei dem die Inves- toren die erwartete Rendite und das Risiko ihres Portfolios ausgleichen. Für den Fall, dass d i > 0 ist, führen die Autoren eine zu- sätzliche Größe für die Nachfrage nach ESG-Aktien ein, die nicht nur die erwarteten Renditen und Risiken widerspiegelt. Um die Auswirkungen auf das Gleichge- wicht durch die Aufnahme von ESG-Belan- gen in das Portfolio zu veranschaulichen, verwendet NBIM ein einfaches numerisches Beispiel. Man simuliert eine große Zahl von Investoren, die sich in Bezug auf ihre ESG-Präferenzparameter d i unterscheiden. Angenommen wird, dass es drei Aktien gibt, denen die Investoren ihr Kapital zu- weisen: eine „grüne“ Aktie (s 1 = 1) , eine „neutrale“ Aktie (s 2 = 0) und eine „brau- ne“ Aktie (s 3 = –1) . Abgesehen von ihren unterschiedlichen ESG-Scores sind die drei Aktien insofern identisch, als sie die gleiche Ertragsvolatilität von 30 Prozent per annum aufweisen und nicht miteinander korreliert sind. Durch dieses Set-up gelingt es NBIM, die Auswirkungen von ESG-Über- legungen auf die erwarteten Renditen im Gleichgewicht zu veranschaulichen. Betont wird dabei eher die Richtung der Aus- wirkungen als deren Höhe, da es sich um eine vereinfachte Darstellung handelt. Die Doppelgrafik „Auswirkungen der ESG-Prä- ferenzen“ auf Seite 144 zeigt links die erwarteten Gleichgewichtsrenditen der drei Aktien, wenn man entsprechende Annah- men für die Zusammensetzung der Investo- ren trifft. Im Referenzfall (d i = 0) wird angenommen, dass der Markt vollständig aus Nicht-ESG-Anlegern besteht. Gezeigt werden auch die erwarteten Renditen, wenn der Anteil der Investoren, die höhere ESG-Bewertungen von Unternehmen bevor- zugen, auf 25 und 50 Prozent festgelegt wird. Im Vergleich zum Fall ohne ESG- Investoren führt das Vorhandensein von ESG-motivierten Investoren zu niedrigeren erwarteten Renditen für die grüne Aktie. Beobachtet wird auch eine höhere erwar- tete Rendite für die braune Aktie. Mit ande- ren Worten: Investoren mit ESG-Präferenzen sind bereit, höhere Preise zu zahlen und niedrigere erwartete Renditen für Aktien, die bessere ESG-Scores aufweisen, zu akzeptieren. Sie nehmen eine Verschlechte- rung der Risiko-Ertrags-Eigenschaften ihres Portfolios in Kauf. Dieses illustriert die rechte Seite der Doppelgrafik, in der die erwartete Rendite und das Risiko des Port- folios für die beiden Investorentypen ver- glichen werden. Das Nicht-ESG-Portfolio liegt im oberen Bereich der Effizienzkurve. Das bedeutet, dass dies die höchste erwar- tete Rendite darstellt, die angesichts der Portfoliovolatilität möglich ist. Das ESG-Port- folio erzielt natürlich niedrigere erwartete Renditen, da es eine höhere Allokation im grünen Asset aufweist. Der ESG-Anleger akzeptiert daher eine niedrigere Sharpe Ratio, da er den grünen Vermögenswert bevorzugt. X i = ∑ –1 (μ+ 1 a i 1 a i d i s) 146 N o. 3/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | E SG- I NVE S T I NG

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