Institutional Money, Ausgabe 3 | 2022

gelnde Fähigkeit der Investoren, Emissions- daten richtig zu bewerten, zum Ausschluss ganzer Industrien führen. Um (schmutzige) Industrien mit hohen Schadstoffemissionen zu identifizieren, beziehen sich die Studien- autoren auf Emissionsdaten für toxische Chemikalien, die im Toxics Release Inventory (TRI) der U.S. Environmental Protection Agency (EPA) niedergelegt sind. Daten über drei Jahrzehnte bis inklusive 2020 zeigen aber auch, dass der Anteil dieser schmutzigen Industrien an den TRI-Gesamtemissionen eine leicht rückläufige Tendenz aufweist. Stärker gehen in absoluten Zahlen die Emissionen zurück (siehe Grafik „Ent- wicklung schmutziger Industrien“) . Die Autoren untersuchen, ob schmutzige Aktien gemieden werden, indem sie den Anteil, den institutionelle Investoren am Aktienkapital von treibhausgasintensiven Firmen halten, im Vergleich zum Aktienan- teil an anderen Branchen betrachten. Dabei vermuten die Autoren, dass schmutzige Aktien aus folgenden Gründen in geringe- rem Umfang von institutionellen Anlegern gehalten werden: Erstens könnten institutio- nelle Anleger wie Stiftungen diese Aktien aufgrund ihrer eigenen Haltung meiden, das heißt aufgrund ihrer nicht pekuniären Um- weltpräferenzen. Zweitens: Da institutionel- le Anleger, die mehr als 100 Millionen US- Dollar verwalten, ihre Bestände gemäß den Vorschriften der Securities and Exchange Commission (SEC) offenlegen müssen, ste- hen ihre Anlageportfolios unter öffentlicher Beobachtung. Daher könnten institutionelle Anleger wie Pensionsfonds, Versicherungs- gesellschaften und Banken von Beobach- tern beziehungsweise Kunden aufgefordert werden, Investitionen in bestimmte Bran- chen zu meiden. Drittens führt die gestiege- ne Nachfrage nach nachhaltigen Anlagen dazu, dass die großen Asset-Management- Häuser wie Blackrock immer mehr Finanz- produkte anzubieten, die Investitionen in schmutzige Industrien ausschließen. Ergebnisse Die Autoren gehen jedoch auch davon aus, dass einige institutionelle Anleger wie etwa Hedgefonds als Arbitrageure auf dem Markt agieren und ihre Investitionen in Aktien schmutziger Industrien erhöhen, um abnormale Renditen zu erzielen. In Über- einstimmung mit den Vermutungen der Autoren deuten die Regressionsanalysen auf einen niedrigeren relativen institutionellen Besitz für Firmen aus schmutzigen Indus- trien im Vergleich zu Firmen aus anderen Branchen von etwa fünf Prozent im Zeit- raum von 1997 bis 2020 hin. In detaillier- teren Regressionen, die sich mit einzelnen Investorengruppen befassen, stellen die Au- toren fest, dass die Zurückhaltung in erster Linie von Stiftungen, Pensionsfonds und In- vestment Advisors getragen wird und in den letzten Jahrzehnten zugenommen hat. Um- gekehrt halten Hedgefonds, Venture-Capi- tal- und Private-Equity-Firmen meist um 37 Prozent höhere Anteile an schmutzigen Aktien als an Aktien aus anderen Branchen. Da Analysereports in erster Linie für institutionelle Anleger erstellt werden, erwarten die Autoren, dass schmutzige Aktien seltener von Finanzanalysten ver- folgt werden. Außerdem kann die Berück- sichtigung der Analystenabdeckung als eine Untersuchung zur Informationsverfügbar- keit im Sinne des Merton’schen Modells der unvollständigen Information verstanden werden. Der Befund einer etwa 15 Prozent geringeren Analystenabdeckung für schmut- zige Aktien im Vergleich zu anderen Aktien liefert einen weiteren Beleg dafür, dass » Investoren ohne Nachhhaltigkeits- präferenzen finden bei schmutzigen Aktien offenbar Outperformance. « Victor Beyer, Doktorand Sustainable Finance an der Universität Kassel Analysteninteresse an schmutzigen Aktien Langfristig schwindendes Interesse an Minen-, Öl-, Gas-, Versorger-, Chemie- und Papieraktien Darstellung der Koeffizienten und deren 95-Prozent-Konfidenzintervalle eines Interaktionsterms unter Verwendung von Jahres-Dummy-Variablen in der Regres- sionsrechnung – mit der Analysten-Coverage von schmutzigen Aktien als abhängiger Variabler über das Zeitfenster von 1997 bis 2020. Die lineare Schätzfunktion ist in Rot eingetragen. Quelle: Studie -2,0 % -1,5 % -1,0 % -0,5 % 0,0 % 0,5 % 1,0 % 2000 1990 1980 1975 1985 1995 2005 2015 2010 2020 Schätzwerte und 95- prozentiges Konfidenzintervall Institutioneller Besitz an schmutzigen Aktien Das Barometer zeigt einen Trend zu steigender Abkehr. Diese Abbildung zeigt die Koeffizienten eines Interaktionsterms unter Ver- wendung von Jahres-Dummy-Variablen in der Regressionsrechnung – mit dem Anteil institutionellen Eigentums an schmutzigen Aktien als abhängiger Variabler – über den Zeitraum von 1997 bis 2020 und deren jeweilige 95-Prozent-Konfidenzintervalle. Die lineare Schätzfunktion ist in Rot eingetragen. Quelle: Studie -0,06 -0,04 -0,02 0 0,02 Schätzwerte und 95- prozentiges Konfidenzintervall 1997 2000 2005 2010 2015 2020 140 N o. 3/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | D I RTY I NDUS TR I E S FOTO: © UNIVERSITÄT KASSEL

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