Institutional Money, Ausgabe 3 | 2022

den E-Faktor betreffen, ob hier die glei- chen Muster wie bei Sin Stocks zu be- obachten sind. Ähnlich wie beim Aus- schluss sozial kontroverser Unterneh- men gibt es tatsächlich Nachweise da- für, dass institutionelle Investoren Un- ternehmen mit einer schwachen Um- weltperformance (CEP, Corporate Envi- ronmental Performance) und damit ho- hen Treibhausgasemissionen aus ihrem Anlageuniversum ausschließen. Inves- toren sind offensichtlich um ihren „öko- logischen Fußabdruck“ besorgt, was da- rauf hindeutet, dass gesellschaftliche Er- wartungen oder die eigene Einstellung (Haltung) sie daran hindern, umwelt- schädliche Projekte zu finanzieren, wie Gibson, Brandon, Krueger und Mitali in ihrem letztjährigen Working Paper mit dem Titel „The Sustainability Footprint of Institutional Investors: ESG Driven Price Pressure and Performance“ schrei- ben. Unter Verwendung der KLD-ESG- Ratings von MSCI findet Chava 2014 in „Environmental Externalities and Cost of Capital“ heraus, dass Firmen mit Umweltproblemen eine geringere institutionelle Investorenquote und höhere implizite Kapitalkosten aufweisen, was nur zum Teil durch ein höheres Ausfallrisiko von Firmen mit niedrigem CEP erklärt werden kann. Po-Hsuan Hsu, Kai Li und Chi-Yang Tsou hielten 2020 in „The Pollution Pre- mium“ fest, dass Aktien von Unternehmen mit niedrigem CEP eine bessere finanzielle Performance zeigen, konnten dies jedoch nicht mit den Emissionsprä- ferenzen institutioneller Anleger in Beziehung setzen. Sie vermuten stattdessen eine systematische Ver- schmutzungsprämie auf Firmenebe- ne. Betreffend CO 2 -Emissionen fan- den Patrick Bolton und Marcin Kacperczyk (2021) in „Do Investors Care about Carbon Risk?“ nur eine schwache Unterstützung für die „Shunned Stock“-Hypothese und brachten emissionsbezogene abnor- male Aktienrenditen mit einer syste- matischen CO 2 -Risikoprämie in Ver- bindung. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die genannten Stu- dien kein klares Bild eines „Shun- Effekts“ des E-Faktors im Rahmen von ESG-Investitionen ergeben. Fol- gerichtig gehen die deutschen Wis- senschafter Bauckloh, Beyer und Klein davon aus, dass Investoren bereit und dazu in der Lage sind, die Umweltleistung, also etwa den Umfang der Schadstoff- oder CO 2 -Emissionen, auf Unternehmensebene zu bewerten. Sind aber Investoren tatsächlich immer willens und dazu in der Lage, diese Corpo- rate Environmental Performance (CEP) zu bewerten? Das Autorentrio stellt dies in Frage und vermutet, dass zumindest ein Teil der Investoren den Emissionen auf Unter- nehmensebene nur begrenzte Aufmerksam- keit schenkt, sondern sich auf die Emissio- nen auf Branchenebene konzentriert. Ein solches Verhalten lässt sich durch das Modell begrenzter Rationalität von Gabaix erklären, das irrationale wirtschaftliche Ent- scheidungen mit der Verhaltensöko- nomie in Verbindung bringt. Dem- nach stellen die Entscheidungsträger ein verschlanktes Optimierungspro- blem auf, das nur Variablen erster Ordnung berücksichtigt. Im Zusam- menhang mit der Bewertung von Emissionen könnte dies dazu führen, dass ganze Industrien, die als schmutzig gelten, gemieden werden, anstatt die Emissionen auf Unterneh- mensebene zu betrachten. Tatsäch- lich sind es sechs Industriezweige, die für mehr als 79 Prozent der US- Emissionen verantwortlich sind (sie- he Tabelle „Schmutzige Branchen“) . Neben der begrenzten Aufmerksam- keit für Treibhausgasemissionen und Co. einzelner Unternehmen können auch das Fehlen einer Offenlegung dieser Emissionen oder die man- Entwicklung schmutziger Industrien Absolute und relative Entwicklung der sechs schmutzigsten Industrien Daten der US-Umweltschutzbehörde von 1991 bis 2020 belegen, dass der Anteil dieser schmutzigen Industrien an den TRI-(Toxics Release Inventory)-Gesamtemissionen leicht rückläufig ist (Linie). Stärker gehen in absoluten Zahlen die Emissionen zurück (Balken). Quelle: Studie 77 % 78 % 79 % 80 % 81 % 0 5 10 15 20 2020 2015 2010 2005 2000 1995 1991 Relative Emissionsanteil der 6 schmutzigsten Industrien Absolute Emissionen in Billionen Pfund In Verbindung mit dem Thema „nachhaltiges Investieren“ sind noch viele Fragen offen. Und das betrifft auch Anleger, die sich gegen einen ESG-Ansatz entscheiden und wissen wollen, ob sie dafür „bestraft“ oder „belohnt“ werden. N o. 3/2022 | www.institutional-money.com 139 T H E O R I E & P R A X I S | D I RTY I NDUS TR I E S

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