Institutional Money, Ausgabe 3 | 2022

GPRI laut Eigenaussage einen „zeitungsba- sierten Index geopolitischer Risiken kreiert, der global und länderspezifisch tägliche und monatliche Daten seit dem Jahr 1900 aus- wertet“. Iacoviello definiert geopolitisches Risiko als „die Bedrohung, die Realisierung und die Eskalation von nachteiligen Ereig- nissen, die durch Kriege, Terrorismus und jegliche Spannung zwischen Staaten und politischen Akteuren ausgelöst werden und den friedvollen Verlauf internationaler Be- ziehungen beeinflussen“. In dem im März 2022 erschienenen Paper „Measuring Geopolitical Risk“ beschreiben die beiden Fed-Ökonomen ausgiebig die Funktionsweise ihres Index, der unter ande- rem von der EZB, dem IWF oder der Welt- bank als Instrument zur Messung geopoliti- scher Risiken herangezogen wird. Demnach wurden für den Gesamtindex 25 Millionen Zeitungsartikel aus den USA, Kanada und Großbritannien ausgewertet. Per gewichteter Textanalyse wurde von spezifischen Wör- tern, Wortkombinationen und Phrasen auf das Vorhandensein und das Ausmaß von Krisen geschlossen. Die Gewichtung er- folgt, indem etwa Begriffe wie „Krise“ oder „Krieg“ einen höheren Indexwert erhalten, wenn sie an prominenter Stelle – etwa im Rahmen der Titelstory – vor- kommen, als wenn sie in einer Kurzmel- dung auf Seite 13 aufscheinen. Aufgrund der Quellenwahl könnte der Verdacht entstehen, dass der globale GPR Index eine relativ stark ausgeprägte US-Lastigkeit aufweist. Das wäre eine Schwäche: Beispielsweise stellten die Ereignisse bei Checkpoint Charlie für Deutschland ein gravierenderes Risiko dar als für die USA. Der Index könnte also regionale Unschärfen haben. Um genau diese regionalen Aspekte zu wür- digen, wandeln die Autoren ihre Metho- dologie für einzelstaatliche Risikomes- sungen ab, indem sie die Häufigkeit Ökonomen der Federal Reserve führen mediale Textanalysen durch, die automatisiert bis ins Jahr 1900 zurückreichen. Dadurch ergibt sich eine stringente Methode, die die Wahrnehmung politischer Risiken langfristig misst und eine objektive langfristige Einordnung gegenwärtiger geopolitischer Risikoszenarien – auch auf Unternehmensebene – ermöglicht. Risikowahrnehmung über 122 Jahre Der GPRI misst fokussiert geopolitische Risiken und wird von den Betreibern laufend aktualisiert. Vergleicht man länderspezifische GPRIs, fällt auf, dass der Chartverlauf für die USA und die Welt nahezu deckungs- gleich ist, nationale Risikoszenarien weichen jedoch ab: So war in Deutschland das geopolitische Risiko nach dem Zweiten Welt- krieg rund um den Mauerbau am höchsten, in den USA war es das rund um 9/11. Die vertikale Achse gibt die Rate an Artikeln an, die im jeweiligen Jahr einen Risikoterminus und den Namen des jeweiligen Landes beinhalteten. Quelle: Caldara & Iacoviello 0 % 5 % 10 % 15 % Deutschland USA 2020 2010 2000 1990 1980 1970 1960 1950 1940 1930 1920 1910 1900 N o. 3/2022 | www.institutional-money.com 127 T H E O R I E & P R A X I S | GEOPOL I T I SCHE R I S I KEN

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