Institutional Money, Ausgabe 3 | 2022

USA eingewandert ist. Dabei stellt sich her- aus, dass der Bias betreffend die führende Branche im Herkunftsland der Vorfahren des Managers beträchtlich hoch, positiv und statistisch signifikant über ein breites Spek- trum von Einwanderungsgenerationen ist. Der Bias verringert sich allerdings für die Top-3- beziehungsweise Top-5- Branchen und ist bei jenen Fondsmanagern ausge- prägter, deren Verbindung zum Herkunfts- land noch frisch ist (erste bis dritte Genera- tion von Einwanderern). Im Durch- schnitt übergewichten die Fonds die größten und die drei größten Branchen im Herkunftsland ihrer Fondsmanager mit 10,5 respektive 2,3 Prozent. Der Bias verschwindet fast vollständig, wenn man die fünf größten Branchen betrachtet. Fondsmanager der ersten bis dritten Einwanderergeneration überge- wichten die größten, die drei größten und die fünf größten Branchen aus der alten Heimat um 24,7, 8,9 respektive 7,1 Prozent. Im Vergleich zu den Resultaten der Arbeit von Schumacher von 2018 mit dem Titel „Home Bias Abroad: Domestic Indus- tries and Foreign Portfolio Choice“, die eine Übergewichtung internationaler Investment- fonds in den Top-1-, Top-3- und Top-5-In- landsbranchen im Ausland um 68, 51 bezie- hungsweise 39 Prozent erkennt, fiel der vom Autorenquartett festgestellte Bias in wesentlich geringerem ökonomischem Aus- maß an. Eine Vorliebe für die Branchen aus dem Herkunftsland könnte größtenteils auf Motive zurückzuführen sein, die auf Ver- trautheit beruhen, während es Hinweise da- rauf gibt, dass spezielle Lernmotive zum Bias in Schumachers Studie beitrugen. Bias und Performance Zunächst untersuchten die Autoren die Wertentwicklung von Aktien, die ihren Hauptsitz im Herkunftsland des Fondsma- nagers haben. Das Benchmarkportfolio be- stand aus Aktien, die zwar ebenfalls mit dem Herkunftsland des Fondsmanagers verbun- den waren, aber von Managern anderer Her- kunft in der gleichen Morningstar-Kategorie gehalten wurden. Ein Beispiel: Für einen Small-Cap-Value-Fonds, der von einem Manager mit italienischer Abstammung ge- managt wird, ging man jeweils zu Monats- beginn eine Long-Position in allen italieni- schen Aktien, die der Fonds hielt, ein sowie eine Short-Position in allen italienischen Aktien, die von Small-Cap Value-Fonds ge- halten werden, deren Manager nicht italie- nischer Abstammung sind. Man behält die Positionen dann so lange, bis das Portfolio auf der Grundlage der aktualisierten Bestän- de der beiden Gruppen rebalanciert wird. Die Kapitalmarktforscher bildeten jeweils ein Long-only- und ein Long-Short-Port- folio. Long-only bestand aus den Aktien der alten Heimat der Fondsmanager mit frem- den Wurzeln. Long-Short wurde um die Short-Komponente, bestehend aus Aktien der alten Heimat, die von anderen Fonds- managern ohne diesen spezifischen fremd- heimatlichen Hintergrund allokiert wurden, ergänzt. Beide Portfolios wurden jeweils für die gesamte Stichprobe von Fondsmana- gern, das heißt für Fondsmanager mit fri- scher Verbindung zum Herkunftsland (erste bis dritte Generation) und solche, deren Ver- bindung zum Herkunftsland von weiter zu- rückliegenden Generationen herrührt, be- rechnet. Bei Long-only lagen die durch- schnittlichen Renditen bei 120 Basispunk- ten pro Monat, die Alphas waren zwar mit zehn Basispunkten positiv, aber nicht signi- fikant. Die Tabelle „Wo ist nur das Alpha geblieben?“ visualisiert die wichtigsten sta- tistischen Ergebnisse der beiden Portfolios. Die Ergebnisse für die Long-Short-Portfolios setzten die Performance der Fondsmanager mit Verbindung zum jeweiligen Heimatland in Relation zur Leistung der Manager ohne Verbindung zum jeweiligen Hintergrund. Für die gesamte Stichprobe liegen die Er- träge im Durchschnitt bei unbedeutenden minus ein Basispunkten, und das Vier-Fak- tor-Alpha ist nicht von null zu unterschei- den. Die Faktorladungen sind statistisch unbedeutend, was bedeutet, dass es keine nennenswerten Portfolioabweichungen gibt. Wichtig ist, dass die Autoren auch dann kein signifikantes Alpha finden, wenn sie sich auf Manager mit frischer Verbindung zum Heimatland (erste bis dritte Genera- tion) beschränken, die die Aktien des Hei- matlandes vergleichsweise stark gewichten. Diese nicht positiven Ergebnisse deuten darauf hin, dass Manager über keine über- legenen Fähigkeiten bei der Auswahl von Aktien aus ihrer ehemaligen Heimat verfü- gen. Stattdessen wählen sie diese wahr- scheinlich auf der Grundlage von Vertraut- heit mit diesen Firmen aus, was nicht zu schlechteren Ergebnissen führt als die Ak- tienauswahlmethoden, die von anderen Ma- nagern verwendet werden, aber eben auch zu keinen besseren. Die Studie zeigt zudem, dass insbesondere weniger erfahrene Mana- ger Unternehmen aus ihren Herkunftslän- dern stärker gewichten. Das bedeutet, dass diese unerfahrenen Fondsmanager mehr auf vertraute Anlagen setzen als erfahrenere Fondsmanager. Weiter stellen die Autoren fest, dass beide „Ancestral Biases“ bei be- kannten Aktien stärker ausgeprägt sind. Die Übergewichtung des Heimatlandes ist außer- dem besonders stark bei Aktien, die die nationale Identität widerspiegeln und eine lange Tradition haben, etwa Aktien mit dem Namen eines Landes (Deutsche Bank etc.). Sich von Managern mit einer bestimmten Herkunft besondere Fähigkeiten beim Stock- picking von Aktien aus deren Heimat zu er- warten, findet keinen Beleg in den Studien- ergebnissen, und zwar im Wesentlichen un- abhängig davon, wie aktuell die Verbindung zum Herkunftsland des betreffenden Fonds- managers ist. Gleiches gilt, wenn man anstatt geografischer Märkte auf Branchen abstellt. Auch hier sind keine signifikanten Alphas im Long- beziehungsweise im Long- Short-Portfolio nachweisbar. Die belegte Übergewichtung von Aktien oder Branchen aus der ehemaligen Heimat ohne entspre- chende Alphagenerierung unterstützt die Annahme, dass mit der Abstammung ver- knüpfte Investments nicht aufgrund eines Informationsvorsprungs erworben werden, sondern wegen einer höheren Vertrautheit mit diesen Aktien. DR. KURT BECKER » Unerfahrene Manager setzen mehr auf vertraute Anlagen aus ihrer alten Heimat. « Alexander Cochardt, PhD, Harvard Business School 118 N o. 3/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | ANC E S TRAL B I AS FOTO: © HARVARD BUSINESS SCHOOL

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