Institutional Money, Ausgabe 3 | 2022

I m Deutschen gibt es keinen Be- griff für das englische „Home Bias“, mit demAngelsachsen die Neigung von Investoren, ihre Heimatmärkte überzugewichten, be- zeichnen. Das heißt allerdings nicht, dass man von diesem psychologischen Phänomen unbeeinflusst wäre. Jeder Mensch bevorzugt tendenziell das Be- kannte gegenüber dem Unbekannten – und in den meisten Situationen ist das auch kein Grund zur Sorge. Bei der Kapitalanla- ge ist dies hingegen anders, hier könnte es sowohl ein Problem als auch einen Vorteil darstellen. Das macht die Frage nach dem Einfluss der geografischen Herkunft von Fondsmanagern auf ihre Anlageergebnisse im Zusammenhang mit Investments auf ih- ren Heimatmärken interessant. Gibt es einen wissenschaftlich belegbaren „Ancestral Bias“ (Abstammungs-Bias) bei Fondsmanagern? Wie sieht es mit der Branchenallokation dieser Fondsmanager aus? Die wichtigste Frage lautet dabei natürlich: Werden ihre Ergebnisse dadurch eher verbessert oder eher verschlechtert? Dass der Home Bias grundsätzlich be- steht, ist wissenschaftlich nachgewiesen. Auch lokale Biases sind hinreichend belegt. Es besteht also eine Tendenz, den größten Teil eines Portfolios in inländische und ins- besondere in nahe gelegene Unternehmen zu investieren. In der akademischen Litera- tur gibt es bisher keinen Konsens darüber, Die Frage, ob die geografische Herkunft von Fondsmanagern Einfluss auf deren Vorgangsweise und Ergebnisse hat, ist angesichts des grundsätzlich nachweisbaren Phänomens des „Home Bias“ nicht unwesentlich. Neueste Arbeiten liefern interessante Erkenntnisse. Abstammungs-Branchen-Bias Sektoren, die im Herkunftsland von Fondsmanagern wichtig sind, werden von ihnen tedenziell übergewichtet. Der Bias betreffend die führende Branche im Herkunftsland der Vorfahren des Managers ist beträchtlich hoch, positiv und statistisch signifikant über ein breites Spektrum von Einwanderungsgenerationen hinweg. Der Bias verringert sich allerdings für die Top-3- beziehungsweise Top-5-Branchen und ist bei jenen Fondsmanagern ausgeprägter, deren Verbindung zum Herkunftsland noch frisch ist (erste bis dritte Generation von Einwanderern). Quelle: Studie 0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 0 % 20 % 40 % 60 % 80 % Top 1 Branchen im Herkunftsland Top 1-3 Branchen im Herkunftsland Top 1-5 Branchen im Herkunftsland Branchenüberallokation Vereinigtes Königreich Deutschland Irland Russland Italien All Gen. Gen. 1-3 All Gen. Gen. 1-3 All Gen. Gen. 1-3 All Gen. Gen. 1-3 All Gen. Gen. 1-3 Polen Kanada Frankreich Schweden Alle All Gen. Gen. 1-3 All Gen. Gen. 1-3 All Gen. Gen. 1-3 All Gen. Gen. 1-3 All Gen. Gen. 1-3 Heimat liebe » Fondsmanager investieren tatsäch- lich signifikant mehr in Aktien aus ihrem ursprünglichen Herkunftsland. « Prof. Dr. Florian Weigert, Professor an der Universität Neuchâtel, Schweiz 114 N o. 3/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | ANC E S TRAL B I AS FOTO: © UNIVERSITÄT NEUCHÂTEL, ATSTOCK PRODUCTIONS | STOCK.ADOBE.COM, UNIVERSITÄT ST. GALLEN

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