Institutional Money, Ausgabe 3 | 2022

1973, aber für kleinere Länder zum Teil erst später. Da zur angemessenen Bewertung der langfristigen Prognosequalität die jeweils nachfolgenden Zehnjahresrenditen erforder- lich sind, verkürzt sich der maximal auswertbare Zeitraum auf 38 Jahre. Die grundsätzlichen Aussagen des Papers sind den Autoren zufolge aber auch für andere Prognosehorizonte als zehn Jah- re robust. Zur Berechnung der Ratios nutzen die Forscher Daten von Refinitiv für die jeweiligen Gesamtmarktindizes in Landeswährung im Zähler. Die nomi- nalen BIP-Daten für den Nenner stam- men aus den vierteljährlichen volkswirt- schaftlichen Gesamtrechnungen der OECD (saisonbereinigt und in Landeswährung). Ergebnisse Als Erstes untersuchen die Forscher die internationale Prognosequalität der Ratio. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass diese auf lange Sicht erstaunlich hoch ausfällt. Für die gesamte gleichgewichtete Stichpro- be lassen sich demnach mit dem Buffett- Indikator 83 Prozent der Renditevariation erklären (siehe Grafik „Insgesamt hohe Aussagekraft“) . Allerdings weicht dieser Wert für einzelne Länder teils deutlich ab. In Österreich erklärt die Ratio nur 42 Prozent der Renditevariation, während es in Großbritannien 94 Prozent sind (siehe Tabelle „Nicht in allen Ländern ein Trumpf“) . Die zweite Analyse vergleicht den Buffett-Indikator mit dem CAPE und der naiven Mean Reversion, die eben- falls oft zur Bewertung des Aktienmark- tes herangezogen werden. Im Vergleich zum CAPE ist der Buffett-Indikator so- wohl für einzelne Länder als auch im Aggregat genauer und weist fast aus- nahmslos eine deutlich höhere Signifi- kanz auf. Für vier Länder ist der Erklä- rungsgehalt des CAPE aber höher, und zur Prognose von Überrenditen liefert es grundsätzlich bessere Ergebnisse. Ent- sprechend lässt sich die Prognosequalität des Buffett-Indikators durch Hinzufügen des CAPE als weitere erklärende Variab- le verbessern, so die Autoren. Mögli- cherweise könnte das auch auf die nach- laufenden Zehnjahresrenditen zutreffen, auch wenn sich in der Untersuchung zur Mean Reversion nur eine begrenzte Er- klärungskraft ausmachen ließ. Hier führ- ten die Forscher Regressionen der folgen- den Zehnjahres- auf vergangene Zehn- und Fünfjahresrenditen durch. Dass sich die Er- gebnisse in die Praxis übertragen lassen, zeigen die Autoren anhand der Rückrech- nung einer einfachen Strategie. Diese setzt jeweils auf die sieben am stärksten unter- bewerteten Länder im Vergleich zu deren eigener Historie, für die das Modell die höchsten Zehnjahresrenditen vorhersagt. Den Untersuchungen zufolge wurde damit eine durchschnittliche Jahresrendite von 10,5 Prozent erzielt, was ein statistisch sig- nifikantes und ökonomisch relevantes Alpha gegenüber der Buy-and-hold-Benchmark bedeutet, die durchschnittlich 9,5 Prozent pro Jahr generierte. Dieser Vorteil dürfte auch nach Kosten robust sein und unter- streicht die Prognosegüte des Indikators. Hinzu kommt, dass dabei auch die Risiken geringer ausfielen, was sich sowohl anhand kleinerer Drawdowns als auch durch gerin- gere Volatilität und bessere Sharpe Ratios zeigte. Schlussfolgerungen Der Buffett-Indikator weist für einen gro- ßen Teil der untersuchten Länder auf Zehn- jahressicht eine hohe Aussagekraft auf. Er ist als grobe Faustregel zu verstehen, die oh- ne Einbeziehung von Ertragszahlen schnell eine erste Markteinschätzung ermöglicht. Warren Buffett zufolge stellt die Ratio zwar den vielleicht besten einzelnen Maßstab dar, aber es sollte deshalb noch lange nicht der einzige sein. Denn neben den genannten Einschränkungen gibt es zwischenzeitlich auch ein erhebliches Underperformance-Risiko. Dieses be- steht darin, einen hoch bewerteten Markt mit robustem Aufwärtstrend auszuschlie- ßen, der vielleicht noch über mehrere Jahre zu den besten Performern zählt. Das Gleiche gilt umgekehrt für niedrig bewertete Märkte, die über Jahre hin nicht ins Laufen kommen. Was die zuletzt historisch hohen Werte sowohl des aggregierten Indikators als auch einzelner Länder wie den USA an- geht, so weist dies auf eine hohe Wahr- scheinlichkeit schwacher Renditen in den nächsten zehn Jahren hin. Das bestätigt die ebenfalls recht ernüchternden Ren- diteerwartungen auf Basis des CAPE, die aber in den meisten Fällen noch et- was optimistischer ausfallen. Das könnte daran liegen, dass die Gewinne der Un- ternehmen in den letzten Jahren eher hoch waren. Trotz weiterhin vergleichs- weise niedriger Zinsen sind die Bewer- tungen an den Aktienmärkten also mit Vorsicht zu genießen. DR. MARKO GRÄNITZ Nicht in allen Ländern ein Trumpf Deutliche Unterschiede im Erklärungsgehalt Land R 2 in Prozent Großbritannien 93,7 Australien 83,0 Italien 81,9 Niederlande 81,9 Japan 80,2 Irland 78,4 Frankreich 78,3 USA 74,4 Belgien 70,1 Dänemark 59,1 Deutschland 52,6 Kanada 44,9 Schweiz 44,2 Österreich 42,0 Die Tabelle zeigt anhand der entsprechenden R 2 -Werte, wie gut der Buffett-Indikator die Renditevariation für die ein- zelnen Länder erklärt. Länder mit einer langen Tradition der Finanzierung über den Kapitalmarkt weisen fast durchweg hohe Werte auf, Länder mit historisch starker Bankenfinanzie- rung dagegen niedrige. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Erklärungsgehalt auch für die einzelnen Länder im Zeit- ablauf variiert. Untersuchter Gesamtzeitraum: 1973 bis 2019. Quelle: Swinkels, L. / Umlauft, T. S. (2022), The Buffett Indicator: International Evidence, S. 9 » Auf Zehnjahressicht ist der Buffett-Indikator deutlich präziser als das Shiller-KGV. « Thomas S. Umlauft, Head of Fixed Income, Huber, Reuss & Kollegen 100 N o. 3/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | BUF F E T T- I ND I KATOR FOTO: © HUBER, REUSS & KOLLEGEN

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=