Institutional Money, Ausgabe 2 | 2022

als die Maximierung von Profit. Es geht um die Frage, wohin das Geld der Investoren fließt – und das hat sehr viel zu tun mit der Übernahme von Verantwortung und dient daher einem allgemeinen gesellschaftlichen Interesse. Hier wird aber doch stets mit der Verbots- keule gearbeitet, weil man bestimmte Dinge oder Aktivitäten ausschließt. Philippe Zaouati: Das entspricht nicht wirklich dem Verständnis, wie wir unsere Aufgabe sehen. Wir wollen Kapital zur Verfügung stellen für die Lösungen der Probleme in der Welt. In unserem Investmentprozess geht es daher als Erstes darum, die Proble- me zu identifizieren, die es anzugehen gilt. So landet man fast von selbst bei den drän- genden Themen, die die Gesellschaft ins- gesamt betreffen – die Auswirkungen des Klimawandels, die schwindende biologi- sche Vielfalt oder auch die gesellschaft- lichen Konsequenzen einer wachsenden Ungleichheit und einer zunehmend altern- den Bevölkerung, um nur einige zu nennen. Ausgehend von diesen Problemfeldern ver- suchen wir Lösungen dafür auszumachen, die möglichst nachhaltig sind. Nachhaltig- keit haben wir noch nie im rein ökologi- schen Sinn verstanden, sondern immer auch mit dem Anspruch, unser Wirtschaften ins- gesamt nachhaltiger zu machen. Am Ende wollen wir ein Produkt anbieten, das Inves- toren einen auskömmlichen Ertrag erbringt und gleichzeitig etwas Sinnvolles für die Umwelt und die Gesellschaft leistet. Das können neue Technologien, neue Materia- lien oder auch neue Organisationsformen sein. Und wenn wir diese Lösungen identi- fiziert haben, suchen wir nach Unterneh- men, die am besten in der Lage sind, diese umzusetzen oder anzubieten. Insofern geht es bei unserer Arbeit wirklich um Einbezie- hung und nicht um Ausschluss. Wollen Sie sagen, dass es bei Mirova keine Ausschlussliste gibt, wie sie heute nahezu jeder Asset Manager bei einem Gespräch über ESG als Erstes hervorholt? Philippe Zaouati: So eine Liste haben wir tat- sächlich nicht. Mineralölgesellschaften zum Beispiel schließen wir nicht a priori aus unseren Portfolios aus. Gleichwohl steht am Ende unseres Investmentprozesses keine Ölgesellschaft, weil wir nicht glauben, dass es eine Lösung für das Problem gibt, das sie mit der Produktion und Verarbeitung von fossilen Brennstoffen verursachen. Umge- kehrt sehen wir auch nicht, dass die Ölge- sellschaften in ausreichendem Maße Lösun- gen bereitstellen für eine Energieerzeugung ohne fossile Brennstoffe. Gilt das auch für das jüngst durchaus kon- trovers diskutierte Thema Kernenergie? Philippe Zaouati: Auch Kernenergie schließen wir nicht aus. Wir stehen dieser Energie- form nicht grundsätzlich ablehnend gegen- über. Wir sind vielmehr der Ansicht, dass die Gesellschaft grundsätzlich einen Ener- giemix benötigt, jedoch einen so weit wie möglich dekarbonisierten Energiemix. Des- halb könnten wir durchaus in ein Versor- gungsunternehmen mit einem gewissen An- teil an Kernkraft investieren. Was Sie selbst- verständlich nicht in unseren Portfolios fin- den werden, sind Hersteller von kontroversen Waffen oder Rüstungsgütern, weil sie gar nicht in unseren Auswahlprozess einfließen. Ist die Frage nach einer Einbeziehung der Atomenergie in nachhaltige Fonds nicht durch die Anfang des Jahres veröffentlichte EU-Taxonomie im Grunde entschieden? Philippe Zaouati: Das kommt darauf an, mit wem in der Branche der verantwortlichen Investoren man spricht. Nicht nur in  Deutschland, auch hier in Frankreich wird die Debatte über die Kernenergie durchaus » Auch Kernenergie schließen wir nicht aus. Wir stehen dieser Energieform nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber. « Philippe Zaouati, CEO von Mirova 72 N o. 2/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | PH I L I PP E ZAOUAT I | MI ROVA FOTO: © FRANÇOIS DABURON

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