Institutional Money, Ausgabe 2 | 2022

gibt es bereits einen Ansatz im neuen Koa- litionsvertrag der Ampel. „Es geht um die Möglichkeit, zwei Kennziffern festlegen zu können: die Gesamtverschuldung der priva- ten Haushalte im Verhältnis zum Einkom- men und den Schuldendienst im Ver- hältnis zum Einkommen“, erklärt Buch. Außerdem haben die Regulatoren Finanzierungen mit hohem LTV (Loan- to-Value) im Auge. Die Kennziffer LTV gibt das Verhältnis der Kredithöhe zum Immobilienwert wieder. Je höher sie ist, desto stärker steigt die Gefahr, dass der Kreditnehmer das Darlehen nicht bedie- nen kann. Bei ihrer Mahnung verweist die BaFin auf die aktuellen Entwicklun- gen am Markt für Wohnimmobilien und auf den steigenden Anteil der Wohnungskredite in den Bankbilanzen. Die Einführung einer Obergrenze für die LTV ist im Gespräch. So hat der Europäi- sche Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) jüngst vorgeschlagen, in Deutschland eine Obergrenze einzuführen, aber das ist noch nicht durch. „Ich halte es für richtig, dass die Regula- toren bei der Finanzierung von Wohnimmo- bilien in Deutschland genau hinschauen und ihren Instrumentenkasten auch über die Ein- führung von Puffern hinaus erweitern wol- len“, meint Wackerbeck. Er verweist auf die Gefahren der niedrigen Margen der Banken in diesem Geschäft und die besonders lange Zinsbindung in Deutschland. Trotzdem fin- det er, dass man vor einem Heißlaufen des deutschen Wohnungsmarktes noch weit ent- fernt ist. „Institutionelle Investoren haben ihre Immobilienallokation zwar deutlich er- höht, aber auf der privaten Seite ist die Nachfrage ungebrochen groß. Es werden immer noch zu wenig neue Wohnungen gebaut. Noch sehen wir nicht, dass Wohn- immobilien veräußert werden müssen. Strukturell spricht nichts dafür, dass wir unmittelbar vor einem Wohnimmobilien- Crash stehen.“ Er rechnet allenfalls mit einer Verlangsamung des bisher starken Wachstums. „Der grundsätzliche Trend für Wohnimmobilien ist intakt“, gibt sich Wackerbeck optimistisch. Auch Pruegel von Empira ist nicht beun- ruhigt: „Hohe Preise am Immobilienmarkt werden immer wieder als Blase bezeichnet. Dies trifft zu, wenn es sich um spekulativ angefeuerte Preissteigerungen handelt. Wir sehen heute aber eine anhaltende Knappheit an Wohnraum, sodass die Preise nicht nach- geben werden. Zinserhöhungen führen zu weiterem Mehraufwand bei finanzierten Anschaffungen. Im historischen Kontext bewegen sich die Zinsen aber immer noch auf einem sehr maßvoll niedrigen Niveau und werden Investitionen vorerst nicht bremsen.“ Wertstabilität und vereinbarte Zinssicherungen für mittlere und längere Finanzierungslaufzeiten sprächen aktuell gegen ein Systemrisiko, meint er. Teurere Kredite „Durch die steigenden Zinsen und die neuen Kapitalpuffer werden die Immobi- lienkredite der Banken nun teuer“, verweist Könen auf die Konsequenzen. „Auch die Zinsen unserer Kreditfonds verteuern sich, denn unsere Investoren verlangen jetzt ebenfalls eine höhere Verzinsung. Aber der Wettbewerbsvorteil der Banken, die sich bislang ja zu null oder negativen Zinsen refinanzieren konnten, wird geringer. Wenn wir früher vielleicht eine Verzinsung von 3,0 Prozent hatten, steht jetzt eine hohe Drei oder eine Vier vor dem Komma.“ Etwa seit Jahresanfang hätte die Trend- wende im Bereich der Wohnimmobiliendar- lehen begonnen. Bis die Entwicklung auf die Bewertungen durchschlägt, wird es noch eine Weile dauern. „Geben Sie dem Markt zwölf bis 18 Monate, dann werden die Preissteigerungen an den Immobilien- und an den Darlehensmärkten nachlassen und ein neues Marktniveau gefunden sein“, schätzt Könen den Markt ein. „Das ist ja das Schöne an Immobilien: Sie geben durch ihre Illiquidität dem Markt Zeit. In ein bis eineinhalb Jahren haben die Zinsen womög- lich ein neues Normal gefunden, und dann sind vielleicht auch die Kriegszustände positiver.“ Eine Gefahr für Darlehensfonds sieht Könen bei Wohnimmobilien bisher noch nicht. „Banken gehen bei der privaten Immobilienfinanzierung bis zu 90 oder 100 Prozent des Immobilienwerts. Die institutio- nellen Investoren, die mit uns investieren, gehen bis 60 oder 70 Prozent mit, sodass wir noch einen Puffer von 30 bis 40 Prozent auf den Marktwert haben. Mit Family Offices oder wohlhabenden Privatinvestoren gehen wir vielleicht hoch bis 80 Prozent. Ein wenig Druck auf die Marktwerte kön- nen Darlehensfonds also gut wegstecken.“ Auch Wackerbeck sieht weiterhin gutes Potenzial für Darlehensfonds. „In den ver- gangenen Jahren sind Kreditfonds wie Pilze aus dem Boden geschossen, weil sie Seg- mente bedient haben, die Banken nicht be- dienen. Die Banken haben sich auf Senior Loans fokussiert: erstrangig, mit konservati- vem Zins, sehr günstig refinanziert. Wo- möglich bedarf es im institutionellen Ge- schäft bei einem Zinsanstieg teilweise eines höheren Leverage. Gerade den Mezzanine- Bereich bespielen die Banken und Versiche- rer nicht, das ist dann der Sweetspot für Kreditfonds, und hier locken auch hohe Zinsen.“ Wenn die Kreditfonds hier künftig weiterhin als Kapitalgeber zur Verfügung stehen, werden sie davon profitieren, dass die Banken regulatorisch restriktiver behan- delt werden, und können ihrerseits wieder höhere Zinsen verlangen. Das würde auf der anderen Seite aber verdeutlichen, dass die Regulatoren die Risiken nicht wegbe- kommen, sondern allenfalls dafür sorgen können, dass sie besser bepreist werden. Dann tauchen sie in den Bilanzen der Schattenbanken wieder auf. „Am Ende muss der Regulator die End- investoren über einen Look-through-Ansatz stärker regulieren, sodass diese sich nicht überschulden oder in eine Zwangslage be- geben, wenn der Markt dreht“, so Wacker- beck. „Wenn die Risiken richtig bepreist werden, müssen für das letzte Stück Fremd- kapital bei der Immobilie vielleicht 14 bis 16 Prozent und nicht wie bisher nur acht bis neun Prozent gezahlt werden. Das wäre dann ein gewisser selbstregulierender Mechanismus.“ ANKE DEMBOWSKI » Im historischen Kontext bewegen sich die Zinsen immer noch auf einem sehr maßvoll niedrigen Niveau. « Michael Pruegel, Director Real Estate Debt der Empira Group 266 N o. 2/2022 | www.institutional-money.com S T E U E R & R E C H T | KAP I TAL PUF F ER FOTO: © EMPIRA GROUP

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