Institutional Money, Ausgabe 2 | 2022

Cannes, wiedergibt. Auch zwei Prozent sei- en für zehn Jahre noch ein guter Zins, aber eben weit entfernt von dem, was bis vor Kurzem zu zahlen war. Kein Rückenwind mehr Trotz der positiven Konnotation des deut- schen Wohnimmobilienmarktes könnte die Wende bereits eingeläutet sein. „Mir fehlt es an Fantasie, warum es mit den Preissteige- rungen am Wohnimmobilienmarkt im glei- chen Maße wie in den letzten Jahren wei- tergehen sollte“, meint Maximilian Könen. „Der Zinsanstieg seit Jahresanfang, der Krieg in der Ukraine und die Problematik bei den Lieferketten lassen alle vorsichtiger werden, was auch das Wirtschaftswachstum verlangsamt. Dazu die umfangreiche Regulatorik der Banken sowie die gestiege- nen Kosten für Handwerker und Baumate- rial. Woher soll noch Rückenwind bei Wohnimmobilien kommen?“ Er verweist darauf, dass die Bauzinsen vom extrem niedrigen Niveau im letzten Jahr mittlerwei- le um 150 Prozent gestiegen sind, und das obwohl sich die Leitzinsen noch nicht geändert haben. „Letztes Jahr konnten Sie bei zehnjähriger Zinsbindung teilweise un- ter einem Prozent finanzieren. Jetzt sind wir schon bei 2,4 Prozent“, verweist Könen auf die enorme relative Verteuerung. Er ist sich sicher, dass es im Lauf dieses Jahres ein neues Normal geben wird. Fristenkongruenz Besonders im Auge hat die BaFin daher die relativ langen Laufzeiten, die insbesondere viele Immobiliendarlehen in Deutsch- land aufweisen. Bei einem even- tuellen Anstieg der Leitzinsen könnten sie das Finanzsystem ver- wundbar machen. „Wir werden genau beobachten, wie sich die Standards der Kreditvergabe ent- wickelten“, kündigt Branson an. Wuermeling ergänzt: „Kredite mit einer anfänglichen Zinsbindung von über zehn Jahren machen inzwischen die Hälfte der Woh- nungsbaukredite privater Haushal- te aus. Mitten in einer Zinswende hätten Banken also noch für einige Jahre sehr niedrig verzinste Kredi- te in ihren Bilanzen, müssten aber für die Refinanzierung schon höhere Zinsen bezahlen.“ „Seit der Finanzkrise hat die Fristen- kongruenz regulatorisch bedingt stark zuge- nommen. Beispielsweise wurden die Net Stable Funding Ratio (NSFR) und die LCR eingeführt. Damit soll sichergestellt werden, dass Banken nicht in eine illiquide Situation kommen“, so Wackerbeck. Gleichzeitig ver- weist er darauf, dass gerade in Deutschland die Bankenmargen besonders niedrig sind. „Zinsmäßig ist Deutschland der billigste Markt. In Österreich zahlen Sie im Schnitt bis zu 30 Basispunkte mehr für Wohnim- mobiliendarlehen, und in den Niederlanden 50.“ Auch aus den niedrigen Bankenmargen in Deutschland könnten sich Systemrisiken ergeben, denen die BaFin durch ihre Maß- nahmen nun entgegenwirken wolle, erklärt Wackerbeck. Debt-Fonds: Weniger Risiko „Alternative Kapitalgeber bedienen sich bei ihrer Kapitalbeschaffung anderer Quel- len, die oftmals nicht den finanzaufsichts- rechtlichen Kriterien unterliegen. Der Preis dieser alternativen Finanzierungen, also deren Kosten aus Gebühren und Zinsen, liegt üblicherweise oberhalb der Bank- konditionen. Steigende Zinsen bei Banken reduzieren die Differenz zum Mehraufwand für alternative Anbieter und machen deren Angebote attraktiver“, merkt Pruegel an. Als Debt-Fonds-Anbieter profitiert er also von dieser Situation. Außerdem gibt es bei Debt-Fonds keinen Mismatch bei der Duration. Möglicherweise haben einige Banken bei einer zehnjährigen Zinslaufzeit die letzten zwei oder drei Jahre auf Lunge genommen und müssen die gewährten niedrigen Zinsen ausgleichen, wenn sie sich künftig teurer refinanzieren müssen. Je nach Höhe der Beleihungsaus- läufe kann dieser Effekt bei den Banken spürbar werden, während alternative Kapi- talgeber dieses Problem eher nicht haben. Könen verweist auf einen weiteren Vorteil für Darlehensfonds: „Außerdem haben wir keinen Hebel auf unsere Immobilienkredite, wie die Banken, sondern in unseren Fonds sind 100 Prozent Eigenkapital.“ Lange Zinsbindungen Insgesamt seien die in Deutschland übli- chen langen Zinsbindungen aber ein Segen für den Markt, meint Könen. „Wenn sich ein Kunde letztes Jahr einen Zins von 1,0 Prozent für zehn Jahre eingelockt hat und danach die Zinsen bei 3,0 Prozent stehen, hat er im europäischen Vergleich schon einiges getilgt. Dann hat er bei der Darle- hensverlängerung vielleicht nicht die drei- fache, sondern nur die doppelte Belastung. Das verkraftet der Kunde vielleicht noch“, meint Könen. Ganz anders sei das in Groß- britannien, wo die Zinsbindung meist zwi- schen zwei und fünf Jahren liegt. „Nach zwei Jahren haben Sie noch nicht viel getilgt. Dann haben Sie bei der Darlehensverlängerung tat- sächlich die dreifache Zinsbelas- tung. So kommen Zwangsverstei- gerungen und Insolvenzen zustan- de, und das gibt Druck auf die Immobilienpreise.“ „Deutschland ist traditionell ein Markt, auf dem mit langen Lauf- zeiten finanziert wird“, bestätigt Wackerbeck. „Bei uns beträgt die Zinsfestschreibung im Schnitt 14 Jahre, weil viele Bauherren hierzu- lande über 15 und 20 Jahre finan- zieren. In Österreich konnten Sie bis vor einigen Jahren so lange Zinsfestschreibungen gar nicht be- kommen, und in Großbritannien wird traditionell variabel verzinst.“ Auch diesem Effekt will die BaFin mit ihrer Maßnahme der Darlehensfonds seit 2016 verdoppelt Die Regulierung der Banken könnte zu weiteren Volumenszuwächsen bei Darlehensfonds führen. Das INREV-Universum der Debt-Fonds 2021 umfasst 95 Vehikel, die ein Gesamtzielkapital von 57,8 Milliarden Euro aufweisen. Über die letzten sechs Jahre haben sich sowohl die Zahl als auch das Volumen der Debt-Vehikel verdop- pelt. 2020 konnten europäische Immobiliendarlehensprodukte den Rekordanteil von 19 Prozent am Gesamtkapital der europäischen Non-Listed-Produkte auf sich ziehen. Außerdem ist bei neu aufgelegten Vehikeln ein Trend zu größeren Volumina zu beobachten. Quelle: INREV, europäischer Verband für Investoren in Non-Listed-Real-Estate-Vehikel 0 10 20 30 40 50 60 2021 2020 2019 2018 2017 2016 50 59 67 79 80 95 Anzahl der Vehikel Zielvolumina (Mrd. EUR) € 30,- € 30,- € 40,- € 49,- € 49,- € 58,- Mrd. EUR 262 N o. 2/2022 | www.institutional-money.com S T E U E R & R E C H T | KAP I TAL PUF F ER

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=