Institutional Money, Ausgabe 2 | 2022

H öhenflüge, wie sie der deutsche Wohnimmo- bilienmarkt in der letzten Dekade sah, werden stets von der Gefahr einer finalen Korrektur begleitet. Und weil Immobilienzyklen stark mit der Be- reitschaft der Banken zur Kreditver- gabe gekoppelt sind, sind hier häufig auch Systemrisiken involviert – die Subprime-Krise liegt nur 15 Jahre zurück. Analysen des Ausschusses für Finanzstabi- lität (AFS) und des European Systemic Risk Board (ESRB) sehen solche Risiken für den deutschen Bankensektor bereits, und der AFS sowie die BaFin, die ebenso wie Vertreter des Bundesfinanzministeri- ums und der Bundesbank im Ausschuss vertreten sind, sind motiviert, hier rechtzei- tig gegenzusteuern. Um den steigenden Risiken entgegenzu- wirken, hat die BaFin zum 1. Februar 2022 via Allgemeinverfügung zwei zusätzliche Puffer festgesetzt: einen antizyklischen Kapitalpuffer und einen sektoralen System- risikopuffer. Die Anhörungen dazu begannen am 12. Januar 2022 und endeten am 26. Januar. Der neu fest- gesetzte antizyklische Kapitalpuffer beträgt 0,75 Prozent der risiko- gewichteten Aktiva auf inländische Risikopositionen. Vor der Pandemie lag dieser Puffer bei 0,25 Prozent, und im Zuge der Pandemie wurde er auf null Prozent gesenkt. Banken müssen den 0,75-prozentigen Puffer ab 1. Februar 2023 zur Berechnung ihres institutsspezifischen antizykli- schen Kapitalpuffers anwenden. Der sektorale Puffer wurde auf zwei Pro- zent der risikogewichteten Aktiva auf mit Wohnimmobilien besicherte Kredite festgesetzt. Das bedeutet, dass Banken speziell für Wohnim- mobilienkredite nun zwei Prozent mehr Eigenkapital zurücklegen müs- sen. Beide Puffer addieren sich in Summe auf 2,75 Prozent, was für die Banken zu- sätzliche Eigenkapitalkosten bedeutet. In konkreten Zahlen ausgedrückt bedeutet das, dass deutsche Banken rund 22 Milliarden Euro zusätzlich an hartem Kernkapital im Bankensystem konservieren müssen. 17 Milliarden Euro ergeben sich über den antizyklischen Kapitalpuffer und fünf Milli- arden Euro über den sektoralen Systemrisi- kopuffer. „Die Banken werden die Anforde- rungen fast vollständig aus bestehendem Überschusskapital erfüllen können“, beru- higt die Bafin, „lediglich bei wenigen Insti- tuten ergibt sich ein zusätzlicher Kapitalbe- darf in geringer Höhe.“ Vorsorglich erklärt BaFin-Präsident Mark Branson: „Wir er- warten keine Kreditverknappung.“ Joachim Wuermeling, Mitglied im Vorstand der Deutschen Bundesbank, ergänzt: „Die Ent- scheidung der BaFin ist ein klares Signal an die Banken, angesichts des weiter unge- bremsten Preisauftriebs bei Immobilien kei- ne höheren und vermeidbaren Risiken ein- zugehen. Damit wird weder das Kredit- angebot eingeschränkt, noch werden die Zinsen merklich steigen. Wohnungsbaukre- dite sind vor dem Hintergrund stark steigen- der Preise schlicht risikoreicher geworden, weil sich der Trend schnell umdrehen kann.“ Wenn es den Banken gelingt, einen Teil der höheren Eigenmittel- kosten an ihre Kunden weiterzuge- ben, könnten Baufinanzierungen durch die Einführung der erhöhten Puffer teurer werden – neben ohne- hin steigenden Zinsen. „Die Maß- nahmen verteuern Bankkredite um bis zu 0,2 Prozentpunkte. Die aktuel- len Zinsbewegungen überlagern die- sen Effekt aber bereits bei Weitem“, erklärt Michael Pruegel, Director Real Estate Debt der Empira Group, einer der führenden Debt-Fonds- Anbieter für Immobilien in der DACH-Region. Verwundbarkeit mildern Mit ihrer Vorsichtsmaßnahme wollen die Regulatoren einer Ver- Angesichts steigender Risiken hat die BaFin zwei neue Kapitalpuffer für den Wohnimmobilien- sektor festgesetzt: einen antizyklischen Kapitalpuffer und einen Systemrisikopuffer. Die Hoffnung besteht darin, die Gefahr von Systemkrisen zu senken, ohne den Markt abzuwürgen. Markterholung in allen Segmenten Globales Transaktionsvolumen in Mrd. Euro In allen Segmenten, aber insbesondere im Bereich Wohnimmobilien , hat nach der Covid-19-Krise eine enorme Erholung eingesetzt. Im gleichen Zeitraum sind die Bauzinsen gefallen, was dem Markt weiteren Auftrieb verliehen hat. Quelle: RCA, bulwiengesa, Union Investment | Stand: 31.12.2021, rollierendes 12-Monats-Volumen 0 50 100 150 200 250 300 350 400 Büro Logistik Einzelhandel Wohnen Hotel 2021 20 19 18 17 16 15 14 13 12 11 10 09 2008 Globales Transaktionsvolumen in Mrd. EUR » Mit den Kapitalpuffern begegnen wir zielgenau den spezifischen Finanzstabili- tätsrisiken am Wohnimmobilienmarkt. « Mark Branson, Präsident der BaFin Rechtzeitig gegensteuern 260 N o. 2/2022 | www.institutional-money.com S T E U E R & R E C H T | KAP I TAL PUF F ER FOTO: © MAURICE KOHL, GMF

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=