Institutional Money, Ausgabe 2 | 2022

zu Selbstkosten an. Unser Interesse liegt in der Weitervermarktung der Objekte, wenn der Nießbrauch beendet ist. Daher wollen wir die Zusage haben, dass der Weiterver- kauf durch unser Haus abgewickelt wird.“ Dabei werden dann die üblichen Makler- kosten von in der Regel drei Prozent zuzüg- lich Mehrwertsteuer berechnet. Ein noch junger Markt Noch sind Konzepte der Immobilienver- wertung im deutschsprachigen Raum erklä- rungsbedürftig. In den USA und in Großbri- tannien sind sie weiter verbreitet, und ent- sprechend gut sind die Märkte dort regu- liert. In Deutschland steht man noch am Anfang der Entwicklung, aber es tut sich was. „Auch wenn der Markt für die Verwertung der eigenen Wohnimmobi- lie im deutschsprachigen Raum noch vergleichsweise jung ist, setzen immer mehr Menschen solche Konzepte für ih- re Altersvorsorge ein. Speziell für unser Geschäft des Rückmietverkaufs rechnen wir mit einer Verdoppelung des Volu- mens im nächsten Jahr“, erklärt Seeger. Er überschlägt kurz, wie groß das Poten- zial in Deutschland insgesamt ist: „18,3 Millionen Menschen in Deutschland sind 65 Jahre alt oder älter. Hierzulande leben etwa 50 Prozent im Eigentum. Für manche Immobilien und in bestimmten Situationen eignet sich unser Konzept nicht. Aber ich schätze den Markt heute auf etwa 3,5 bis 3,9 Millionen potenzielle Kunden. Bei einem durchschnittlichen Immobilienwert von 400.000 Euro macht das ein potenziel- les Marktvolumen von rund 1,56 Milliarden Euro, allein in Deutschland. Und der Markt wird von Jahr zu Jahr größer.“ Im Prinzip gibt es sechs Möglichkeiten, wie Privatpersonen ihr selbst genutztes Wohneigentum verwerten können: Verkauf gegen Nießbrauch oder Wohnrecht, Verkauf auf Leibrentenbasis, Teilverkauf, Verkauf mit Rückmietung und die Umkehrhypothek (Reverse Mortgage). Lediglich den Verkauf eines selbst genutzten Hauses auf Leibren- tenbasis gibt es in Deutschland schon sehr lang. Die anderen Konzepte werden in Deutschland vereinzelt seit etwa 2009 ange- boten, aber ein nennenswerter Handel von Immobilien auf dieser Basis findet erst seit etwa drei Jahren statt. Wie jung der Markt ist, zeigt sich unter anderem daran, dass es für die sechs Konzepte keinen deutschen Oberbegriff gibt. Im Englischen spricht man übergreifend von „Equity Release“, also „Freisetzung von Sachwerten“. Alle sechs Modelle haben ihre Vor- und Nachteile. Seeger beispielsweise ist am meisten von seinem Konzept des Rückmiet- verkaufs überzeugt. „In Deutschland gab es lange nur Leibrenten, Nießbrauch und Umkehrhypotheken. Aber die Kunden wol- len im Alter ihre Immobilie gern verkaufen und keine Sorge mehr damit haben, aber trotzdem darin wohnen bleiben, so lange sie wollen. Außerdem wollen sie das Geld aus dem Verkauf gern so ausgeben, wie sie möchten, und keine Wette auf ihr Sterbe- datum abschließen“, erklärt Seeger. Er möchte den Eigenheimbesitzern sichere Wohnverhältnisse im Alter gewährleisten und verzichtet daher auf Maximalmieten. „Unsere Mieten liegen gleichauf oder leicht unterhalb des lokalen Mietspiegels“, so Seeger. Geschickter Marktzugang Sein Konzept des „Sale and Lease Back“ ist ansonsten eher aus dem gewerblichen Bereich bei Immobilien und Maschinen be- kannt. Im Bereich Wohnimmobilien scheint das Konzept einen geschickten Zugang zu Wohnimmobilien zu bieten. „Wir kommen an Immobilien ran, die sonst nicht am Markt angeboten werden“, sagt Seeger. Und weil er die Immobilien im bewohnten Zustand kauft, zahlt er weniger, als wenn die Bewohner bereits ausgezogen wären. „Die Differenz liegt bei etwa 22 bis 27 Pro- zent, im Schnitt vielleicht bei 25 Prozent. Das machen wir unseren Kunden auch transparent“, so Seeger. Bei bezugsfreien Immobilien seien es oft die letzten zwei oder drei Familien, die unbedingt in die Immobilie einziehen wollten, die sich bei den Objekten hochbieten. „Das ist bei uns nicht der Fall, weil die Immobilien noch auf unbestimmte Zeit bewohnt sind“, so Seeger. „Nur über diese Verrentungsvariante er- halten Investoren den Zugang zu Wohnim- mobilien, die noch nicht am Markt angebo- ten werden – und dies zu deutlich reduzier- ten Kaufpreisen“, sieht auch Kiebler die Vorteile seines Konzepts der Nießbrauch- immobilie. „Im Schnitt zahlt der Erwerber für diese Immobilien 55 Prozent des heuti- gen Marktwerts. Vom Marktpreis wird der Wert des Nießbrauchs in Abzug gebracht. Die Höhe hängt vom Alter des Nießbrauch- nehmers ab.“ Wie bei einem Zerobond fal- len keine laufenden Einkünfte an. Spätes- tens mit Ablauf des Nießbrauchrechts wird die Immobilie in der Regel verwertet. Auch ein vorzeitiger Verkauf ist jederzeit möglich, da hierfür inzwischen ein Markt existiert“, erklärt Kiebler. Der Verkaufsgewinn setzt sich dann aus dem Nießbrauchabschlag und dem Wertzuwachs zusammen. Auch bei Seegers Modell des Rückmiet- verkaufs geht es um die Realisierung eines Verkaufsgewinns. „Unser Geschäftsmodell ist nicht nur das Vermieten“, erklärt Seeger, „sondern wir haben Immobilien mit Poten- zial. Die meisten sind in einem sehr ordent- lichen Zustand, und wenn nicht, dann brin- gen wir sie dahin. Die Mieter leben schließ- lich auch lieber in einem Haus, das gut in Schuss ist!“ Er kalkuliert mit einer durch- schnittlichen Verweildauer seiner Mieter von zehn Jahren. „Die einen bevorzugen dann einen Wohnsitz in Spanien, die ande- ren wollen lieber in eine kleinere Wohnung ziehen, und wieder andere gehen in ein Seniorenheim.“ Wenn dann verkauft wird, setzt sich der Verkaufsgewinn aus der Dif- ferenz zwischen dem vermieteten und dem bezugsfreien Wohnraum und dem Wertzu- wachs zusammen. Eine interessante Möglichkeit, um Wohn- immobilien zu sourcen, stellen die Konzep- te allemal dar. Ob die Bündelung für Insti- tutionelle zu einem interessanten Investment werden kann, hängt wohl von der weiteren Zinsentwicklung ab. ANKE DEMBOWSKI » Wenn Versicherer in solche Immo- bilien investieren sollen, muss das hochprofessionell aufgesetzt werden. « Dr. Ulrich Keunecke, Partner bei KPMG Law, Frankfurt 220 N o. 2/2022 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R AT E G I E N | N I E SSBRAUCH IMMOB I L I EN FOTO: © KPMG LAW

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