Institutional Money, Ausgabe 2 | 2022

B isher war der Verkauf der selbst genutzten Immobi- lie im deutschsprachigen Raum in erster Linie ein Retail-Thema. Mit solchen Konzepten wird Senioren eine Möglichkeit gebo- ten, ihr in Immobilien gebundenes Kapital in der Rentenphase zu erschlie- ßen und davon zu leben. Ein entspre- chend spezialisierter Makler kauft dazu die bewohnte Immobilie oder einen Teil davon und zahlt dem Senior dafür eine marktgerechte Kaufsumme, die dieser für den altersgerechten Umbau der Immobilie oder seinen Lebensunterhalt ausgeben kann. Je nach Konzept mietet der bisherige Eigentümer seine Immobilie zurück, oder ihm wird ein Wohn- oder Nießbrauchrecht eingeräumt. Expandierender Markt „Hier liegen interessante Investitions- möglichkeiten für Investoren“, meint Otto Kiebler, Gründer und Geschäftsführer von HausplusRente. Seit 15 Jahren bietet er sol- che Verrentungsmodelle an. In der Vergan- genheit hat er die Immobilien einzeln an private Investoren verkauft. „Noch vor fünf Jahren war das Volumen viel zu klein, um für institutionelle Investoren infrage zu kommen“, erzählt Kiebler. Vor drei Jahren wuchs sein Immobilienvolumen dann aber so stark, dass er begann, die Immobilien zu bündeln und sie Investoren anzubieten. „Im ersten Halbjahr 2019 haben wir für ein Family Office aus München ein Immobi- lienportfolio aus 23 Wohnungen im Wert von 8,5 Millionen Euro zusammengestellt, für das wir seither auch ein spezielles Reporting erstellen. In der kurzen Zeit hat das Portfolio eine Rendite von 22,4 Prozent jährlich erzielt“, erzählt Kiebler über sein erstes Bündelungsprojekt für Nießbrauch- immobilien. Für die Renditeprognose legt er drei Szenarien zugrunde: „Im Worst Case liegen wir bei 2,5 bis drei Prozent jährlicher Wertsteigerung; im Mid Case legen wir den 40-Jahres-Schnitt der Wertsteigerung von Wohnimmobilien zugrunde, der bei vier Prozent liegt; und im Best Case rechnen wir mit sechs Prozent Steigerung, was der Schnitt der vergangenen zehn Jahre war.“ Mittlerweile konnte sein Unternehmen weiter expandieren. „Der Markt wächst enorm, weil es immer mehr ältere Men- schen gibt, die sich finanziellen Spielraum verschaffen wollen. Daher können wir jetzt auch die große Anzahl von Wohnungen liefern, die kleinere und mittelgroße institu- tionelle Investoren erwarten“, so Kiebler. Immobilienportfolios von zehn, 30 oder auch 100 Millionen Euro zusammenzustel- len, stelle für ihn heute kein Problem dar. In Kontakt sei er bereits mit verschiedenen Pensionskassen, Sterbekassen und Stiftun- gen, und er merkt, dass Institutionelle ande- re Fragestellungen haben als private Inves- toren. „Einige sehen ein Reputationspro- blem, da der Nießbrauch quasi eine Wette auf den Tod ist. Man muss aber bedenken, dass ältere Leute aufgrund der Bankenregu- lierung heute für ihre eigengenutzte Immo- bilie keine Darlehen mehr erhalten. Für sie ist es die einzige Chance, ihre Altersvorsor- ge aufzubessern und in ihrem Haus wohnen zu bleiben“, so Kiebler. Auch was die Bündelung der Objekte betrifft, gibt es Unterschiede: „Einige legen Wert auf regelmäßige Mieteinnahmen, andere auf eine möglichst hohe Rendite. Einige wollen eine möglichst granulare Mischung von Standorten und Immobilien- größen, andere wollen ein Immobilienport- folio, das auf eine spezielle Region konzen- triert ist. Wir können das alles liefern; wir bieten auch alle Durchführungswege an – von der Leibrente über den Teilverkauf bis hin zum Nießbrauch“, erklärt Kiebler, wo- bei die Nießbrauchimmobilie seine bevor- zugte Variante ist. Erste Fondsgründung Auch Dr. Henryk Seeger, Geschäftsführer der Gesellschaft für Nachhaltige Immobi- lienwirtschaft (GNIW), hat vor Kurzem be- gonnen, seine Immobilienangebote zu bün- deln, weil es immer mehr wurden. Der Sozialunternehmer hat bereits mit der Grün- dung der Spendenkampagne „Deutschland rundet auf“ und der Plattform für soziales Engagement „GoVolunteer“ etwas auf die Beine gestellt – und seit fünf Jahren knöpft er sich den Wohnimmobilienmarkt vor. Zwei Dinge möchte er realisieren: auf der einen Seite faire Mieten für die ehemaligen Immobilieneigentümer und auf der anderen Seite bodenständige, sichere Erträge für Investoren. „Im Kalenderjahr 2022 rechnen wir damit, dass wir 80 bis 100 Millionen Euro für Immobilienankäufe zahlen. Die sind bereits durch Investoren gedeckt, für die wir ein eigenes Investmentvehikel aufgelegt Der (Teil-)Verkauf der selbst genutzten Wohnimmobilie ist eine Möglichkeit, mit der sich Senioren sofortige Liquidität verschaffen können. Für Investoren stellen solche Konzepte möglicherweise eine interessante Nischen-Assetklasse dar, die gerade dabei ist, sich zu entwickeln. Zartes Pflänzchen » Die laufende Verwaltung der Immo- bilienportfolios ist insbesondere bei der Nießbrauchlösung sehr einfach. « Otto Kiebler, Gründer und Geschäftsführer von HausplusRente GmbH, München 216 N o. 2/2022 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R AT E G I E N | N I E SSBRAUCH IMMOB I L I EN FOTO: © JENS BRUEGGEMANN, GMF

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