Institutional Money, Ausgabe 2 | 2022

S eit dem Ende der großen Finanz- krise schien man mit Immobi- lien eigentlich nichts falsch ma- chen zu können. In Zeiten von rekordniedrigen Zinsen, der Suche nach Absicherung im Portfolio, Renditen abseits der gelisteten Finanzmärkte, aber auch von schlichtem Wohnbedarf schienen die Märkte nur einen Weg zu kennen: nach oben. Durch den Ausbruch der Pandemie zum Jahreswechsel 2019/2020 und die da- mit einhergehende Rezession hätte es typi- scherweise zu einer leichten Abkühlung der Immobilienmärkte kommen sollen. Das sieht man auch bei der Bank for Inter- national Settlement (BIS) so, die im März eine brandaktuelle globale Immobilienana- lyse mit dem Titel „Housing market risks in the wake of the pandemic“ herausbrach- te, in der die Autoren Denzi Igan, Emanuel Kohlscheen und Phurichai Rungcharoen- kitkul auch die Ereignisse rund um die Invasion der Ukraine mit einbeziehen – zumindest soweit das zum Erschei- nungsdatum im März möglich war. Demnach „ist es in der Vergangenheit bei Ausbruch einer Rezession in der Regel zu einem moderaten Rückgang der Häuserpreise gekommen, der sich über vier Quartale zog. Im Rahmen der Pandemie gab es bis Ende 2021 aber nicht einmal eine Delle (siehe Chart „Untypischer Rezessionsver- lauf“, linker Teil) . Ganz im Gegenteil. Logarithmiert man die Immobilien- märkte entwickelter Vokswirtschaften, so hat es während Rezessionen im Zeitraum von 1990 bis 2013 einen realen Rückgang von durchschnittlich rund fünf Prozent gegeben. Dieser Rückgang hielt sich persistent auch über die folgenden vier Quartale. No- minal kam es in den ersten vier Quar- talen ebenfalls zu einem Rückgang, ein weiteres Jahr später hatten sich die Preise auf das Niveau zurückgekämpft, das vor Ausbruch der jeweiligen Rezession geherrscht hatte. Mit Ausbruch der Covid- 19-Rezession stiegen die Häuserpreise in- nerhalb von fünf Quartalen jedoch drama- tisch an – nominell um bis zu 15 Prozent. Auch an der Kreditfront stellten sich mit dem Ausbruch der Pandemierezession Ano- malien ein (siehe Chart „Untypischer Re- zessionsverlauf“, rechter Teil) : Während die kumulierte Aufnahme von Immobilienkre- diten in den beobachteten Jahrzehnten rund um den Ausbruch einer Rezession stark rückläufig war und nach zwölf Monaten einen Tiefpunkt nahe null gefunden hatte, stieg die Aufnahme von Wohnkrediten vor und nach Ausbruch der Covid-19-Rezession an. Das hängt laut Co-Autor Kohlscheen nicht zuletzt mit den „außerordentlich nied- rigen Finanzierungskosten und der starken Liquidität der Haushalte zusammen“. Hinzu kommen weitere Sonderfaktoren wie die – zumindest bis Kriegsausbruch – beobachte- te enorm rasche wirtschaftliche Erholung, Der Häusermarkt ist allen Unkenrufen zum Trotz von einem Hoch zum nächsten geeilt. Selbst Corona konnte die Hausse nicht aufhalten, heizte die Stimmung sogar noch an. Mit dem Kriegsausbruch könnten die aufgestauten Überhitzungseffekte aber doch noch schlagend werden. Untypischer Rezessionsverlauf Links die Veränderung der Häuserpreise, rechts die Veränderung der Kreditaufnahmen sowie die Langfristzinsen Der linke Chart bildet die Differenz von Häuserpreisen im Rahmen herkömmlicher Rezessionen im Vergleich zum Sonderfall Covid-19 ab. Rechts finden sich die unterschiedlichen Zinsentwicklungen. Die Untersuchung der Bank for International Settlement bezieht sich auf ausgewählte entwickelte Volkswirtschaften aus Europa, Nordamerika und Asien. Demnach kam es im Rahmen von Covid-19 zu einer vollkommen untypischen Rezessions-Hausse auf dem Häusermarkt. Quelle: BIS 90 95 100 105 110 115 8 7 6 5 4 3 2 1 0 -1 -2 -3 -4 0 % 2 % 4 % 6 % 8 % 16 12 8 4 0 -4 -8 -12 -16 Q1 1990 – Q3 2019 (real) Covid-Rezession (real) Q1 1990 – Q3 2019 (nominell) Covid-Rezession (nominell) Q1 1990 – Q3 2019 (Langfristzinsen) Covid-Rezession (Langfristzinsen) Q1 1990 – Q3 2019 (Veränd. Vol. Privatkredite) Covid-Rezession (Veränd. Vol. Privatkredite) Quartale (0 = Beginn einer Rezession) Punkte Prozent Fragwürdiger Glanz » Die Covid-Immobilien-Hausse hängt mit den niedrigen Finanzierungskosten und der starken Liquidität der Haushalte zusammen. « Emanuel Kohlscheen, Bank for International Settlement (BIS) 210 N o. 2/2022 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R AT E G I E N | HÄUS ERMARKT FOTO: © MANTINOV | STOCK.ADOBE.COM

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