Institutional Money, Ausgabe 2 | 2022

zum gleichen Risikobeitrag in unseren vier Risikoblöcken – Aktien-, Zinsrisiko, Infla- tionsrisiko und Spread-Risiko – waren wir in den letzten Jahren beim Inflationsrisiko deutlich über- und beim Zinsrisiko deutlich untergewichtet. Außerdem haben wir vom antizyklischen Agieren im Rahmen unserer strategischen Asset Allocation profitiert. Beispielsweise haben wir die strategische Aktienquote von 23 Prozent zu Beginn 2020 – im Zuge der Corona- krise – Ende März 2020 auf 33,5 Pro- zent angehoben.“ Dass der Invesco Balanced Risk Allocation Fund im Mittelfeld des Peer- group-Vergleichs aufscheint, begründet Widmer folgendermaßen: „Ich gehe davon aus, dass die Manager, die uns geschlagen haben, stärker in Aktien und aktienähnli- chen Anlagen wie Hochzinsanleihen inves- tiert waren. Wie hatten ja gerade erst drei sehr starke Aktienjahre. Die neuesten Daten zeigen aber, dass wir zuletzt im Vergleich zu unseren Konkurrenten gut abgeschnitten haben, hauptsächlich aufgrund unseres Roh- stoffengagements, aber auch wegen des ge- ringeren Zinsrisikos.“ Stressphasen gemeistert Alain Forclaz von LOIM weist darauf hin, dass die ausgewogene All-Roads-Stra- tegie im Peergroup-Vergleich wegen ihrer geringeren Volatilität von fünf Prozent per annum ein konservativeres Risikoprofil aufweise als die Wettbewerber, deren Vola- tilität in der Vergangenheit in der Range von 7,5 bis 9,0 Prozent gelegen habe. Er findet, dass die All-Roads-Growth-Strategie (glei- che Bestandteile, aber höherer Leverage) passender wäre, die im betreffenden Zeit- fenster eine Rendite von 5,97 Prozent erzielt habe. Mit dieser 2017 aufgelegten Strategie habe man Stressphasen in der Regel besser gemeistert, was auf Risikobudgetierungs- techniken (Deleveraging) oder lange Vola- tilitätsbausteine sowie auf alternative Risi- koprämien-Overlays zurückzuführen sei. Auf der anderen Seite habe man sich anschließend möglicherweise weniger schnell erholt. Insgesamt erzielte man mit All Roads Growth eine bessere Sharpe Ratio und auch eine bessere Calmar Ratio (Quotient aus Überschussrendite und Maxi- mum Drawdown). Forclaz betont, dass bei LOIM der Kapitalerhalt von großer Bedeu- tung sei, und daher sei das bevorzugte Risikomaß das Verlustrisiko und nicht nur die Volatilität. Tim Stehle von Vescore verweist auf das Grundkonzept des Fonds: „Der Fonds sieht ein Long-Exposure für die zwei Hauptasset- klassen Aktien und Anleihen vor. Die stark steigenden Zinsen in Kombination mit den derzeitigen geopolitischen Risiken begrenz- ten im bisherigen Jahresverlauf die Diversi- fikationsmöglichkeiten für den Fonds.“ Was die Zukunft bringt Forclaz ist davon überzeugt, dass Risk Parity eine Zukunft hat: „Wir haben unser Vermögen in der All-Roads-Fondspalette von einigen hundert Millionen Euro vor sieben Jahren auf heute fast 3,5 Milliarden Euro erhöht. Um der Kundennachfrage ge- recht zu werden, haben wir 2017 und 2020 neue Risikoprofile aufgelegt. Das Interesse an unserer Strategie nimmt zu, nicht unbe- dingt aus taktischen Gründen, sondern weil die Erfolgsbilanz beweist, dass eine risiko- basierte Strategie bessere Renditen erzielen kann und aus Sicht der Diversifizierung sinnvoll ist. Aus unserer Sicht ist Risk Parity derzeit sehr sinnvoll, da es eine Alternative zu der weit verbreiteten Ten- denz darstellt, das Aktienengagement (so- wohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor) zu erhöhen, um die angestrebten Renditen zu erreichen – allerdings ist dies mit einem Verlust an Diversifikation ver- bunden. Es stimmt nicht, dass alle risiko- basierten Strategien zu stark von Staatsan- leihen abhängig sind und im heutigen Um- feld scheitern sollten. Es mag zwar zutref- fen, dass einige Produkte auf dem Markt konstruktionsbedingt ein höheres Beta zu bestimmten Vermögenswerten (wie Dura- tion, Aktien oder Krediten) aufweisen, aber robuste, gut diversifizierte risikobasierte Strategien haben diese Tendenz zur Risiko- konzentration nicht – ganz im Gegenteil, sodass sie in allen Markt- und makroöko- nomischen Situationen eine bessere Diver- sifizierung beibehalten können. Das macht sie zu einer natürlichen Ergänzung zu tradi- tionellen Ansätzen.“ Optimierungspotenzial gebe es laufend bei den Risikomodellie- rungstechniken, etwa die Einbeziehung von Daten mit höherer Frequenz. Daneben er- forsche man den Einsatz von maschinellem Lernen und KI, um neue Wege bei der Renditeerzielung und Diversifizierung zu finden, und man prüft Handelstechniken, die helfen, LOIMs Strategie in allen Markt- umgebungen effizient umzusetzen. Positiv gestimmt für die Zukunft von Risk Parity ist auch Peter Schlagbauer: „Da sich unser langfristig ausgerichteter Prozess nun schon seit Auflage 2008 in zahlreichen Krisen bewährt hat, haben wir keine we- sentlichen Änderungen in unserem Invest- mentansatz geplant.“ Laut Tim Stehle sind für die nähere Zukunft keine wesentlichen Änderungen am Modell geplant. Weiterent- wicklungen, kleinere Verbesserungen an der Strategie seien aber natürlich immer mög- lich, auch angesichts dessen, dass Risk Parity neben dem Fonds auch in weiteren Produkten als Baustein eingesetzt werde. Was die unmittelbare Zukunft betrifft, verweist Max Widmer auf die diesjährige Research Agenda von Invesco: „Diese um- fasst eine Stärkung der defensiven Eigen- schaften unserer Strategie. Diesmal nehmen wir das Engagement in Rohstoffen unter die Lupe.“ Unterm Strich zeigt sich, dass im Umfeld mit statischem Risk Parity wenig zu gewin- nen ist. Wer noch engagiert ist, muss klären, ob die Fonds, die man hält, daran arbeiten, das Konzept zu ergänzen – die Bandbreite der Möglichkeiten reicht von Overlay- und Optionsstrategien bis zur Erweiterung um bisher nicht vereinnahmter Risikoprämien. Die einstige Wunderwaffe in der Asset Allocation ist aber nicht tot, sondern hat nach wie vor ihren Platz im Portfolio- kontext. DR. KURT BECKER » Stark steigende Zinsen und geopoli- tische Risiken begrenzten unsere Diversifikationsmöglichkeiten. « Tim Stehle, Portfoliomanager Vescore Global Risk Diversification Fund 190 N o. 2/2022 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R AT E G I E N | R I SK PAR I TY FOTO: © STEPHAN BRAUCHLI

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=