Institutional Money, Ausgabe 2 | 2022

Eröffnung angepasst – also per auktionärer Preisgestaltung. Durch die Änderung des Schlusskursregimes wurde die leicht ausge- prägte Tendenz zur Acht als Schlussziffer bei Marktöffnung und Marktschluss ver- stärkt (siehe Chart „Beliebter werdende ‚8‘ im Aktien-Sekundärmarkt“) . Einflussfaktoren Ferner untersuchen sie, ob Aktien mit spezifischen Kriterien anfälliger für Aber- glaube-Anomalien sind als andere. Intuitiv könnte man meinen, dass Aktien kleinerer Unternehmen aufgrund geringerer Berichts- pflichten und Berichterstattung empfängli- cher für den beschriebenen Ankereffekt sein sollten als Blue Chips. Immerhin gilt es ein tendenziell höheres Maß an Unsicherheit auszugleichen. Tatsächlich sind die Häufun- gen von Vier und Acht bei den Eröffnungs- und Schlusskursen von Small und Large Caps aber gleich. Die Autoren werten das als Beweise für die „Persistenz des Aber- glaube-Phänomens“ – man könnte diesen Gleichlauf aber auch als Widersprüchlich- keit interpretieren. Bewertungstechnisch hält die Intuition hingegen, wenn man den Buch-zu-Kurs-Wert als Variable heran- zieht. Je höher der Wert, desto geringer die Häufigkeit, mit der Acht oder Vier bei der Preisbildung auftauchen. Alles verloren Auch im Sekundärmarkt für Aktien stellt sich die Frage, ob diese Anomalien Auswirkungen auf die Performance der jeweiligen Titel haben. Also haben die Autoren den Markt gemäß der Häufig- keit, in der die Ziffern Vier und Acht auftauchen, in Quintile geteilt. Die Titel, bei deren Preisbildung zu Beginn und Ende eines Handelstages die Acht das oberste Häufigkeitsquintil erreicht, wur- den long ins Portfolio genommen. Vier im obersten Quintil war das Signal für eine Short-Position. Auf einen Monat betrachtet war die Strategie tatsächlich erfolgreich und erzielte unter Berück- sichtung von Kontrollvariablen einen Überertrag von 0,487 Prozent. „In den folgenden drei Monaten kam es aber de facto zu einer unmittelbaren Trendum- kehr“, erklärt Du. Im vierten Monat schlittert die Performance sogar in nega- tives Terrain (siehe Grafikelement „Kurzfristig Glück gehabt“) . „Diese Ergeb- nisse sprechen klar für eine Überbewertung zum Zeitpunkt des Kaufs“, so Chang. Weitere Ergebnisse zu den diversen An- leihensegmenten untermauern wiederum die Ankertheorie. Je geringer die Unsicherheit, desto geringer der Effekt von numerologi- schem Aberglauben. So sind Corporate-An- leihen einem relativ hohen Effekt ausge- setzt, bei staatlichen Papieren, wo de facto kein Ausfallrisiko besteht, tritt der Effekt gar nicht auf. Aus globaler Sicht interessant ist die Frage, ob sich diese Art von Aberglauben auch auf den internationalen Währungs- märkten niederschlägt. Hier zeigen sich für alle Währungspaare zum Renminbi Häufig- keiten von Vier und Acht, die jenseits der zu erwartenden Wahrscheinlichkeiten lie- gen. Nachdem der Markt von professionel- len Investoren dominiert wird, lässt sich der Effekt nicht durch mangelnde Information erklären. Es muss sich also abermals um Unsicherheit handeln, die durch den Refe- renzpunkt Aberglaube beseitigt werden soll. Abgesehen von den neuen Hinweisen auf Besonderheiten des chinesischen Marktes bietet die Arbeit von Chang und Du bemer- kenswerte Einblicke in Marktpsychologie in Zeiten erhöhter Unsicherheit – Erkenntnis- se, die im aktuellen sicherheitspolitischen und potenziell weiterhin pandemischen Umfeld mehr als nur nützlich sind. HANS WEITMAYR » Die Kosten für Investoren, die in ›Glücksaktien‹ investieren, liegen jährlich bei beträchtlichen 5,6 Prozent. « Jinfan Chang, Chinese University of Hong Kong Unsicherheit und Aberglaube am Währungsmarkt Leichte Abweichungen bei den Glücks- und Unglückszahlen bei Währungspaaren mit Renminbi Schlusspreis CNY/USD 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Total N 476 566 515 529 1.095 548 514 686 551 5.480 % 8,69 10,33 9,40 9,65 19,98 10,00 9,38 12,52 10,05 100 T-stat -6,37 -1,90 -4,35 -3,65 16,42 -2,74 -4,40 3,15 -2,60 Schlusspreis CNY/EUR N 430 451 448 443 493 470 398 496 434 4.063 % 10,58 11,10 11,03 10,90 12,13 11,57 9,80 12,21 10,68 100 T-stat -1,09 -0,02 -0,17 -0,43 2,00 0,91 -2,82 2,13 -0,89 Schlusspreis CNY/JPY N 527 502 465 411 631 428 399 539 464 4.366 % 12,07 11,50 10,65 9,41 14,45 9,80 9,14 12,35 10,63 100 T-stat 1,95 0,80 -0,99 -3,84 6,28 -2,91 -4,52 2,48 -1,04 Schlusspreis CNY/HKD N 575 613 620 564 728 637 687 751 715 5.890 % 9,76 10,41 10,53 9,58 12,36 10,81 11,66 12,75 12,14 100 T-stat -3,49 -1,77 -1,46 -4,00 2,91 -0,73 1,32 3,77 2,42 Die „4“ und die „8“ erfahren bei der Kursfindung von Währungspaaren durchgängig eine deutliche Abweichung von der 11,11-prozentigen Häufigkeit, mit der die Ziffern in Hundertstelstellen auftreten sollten. Das deutet auf eine abergläubische Voreingenommenheit bei der Preisbildung hin. Verwässert wird die Aussagekraft dieses Ergebnisses aber dadurch, dass andere Ziffern mitunter deutlich häufiger auftreten als die absolute Glückszahl „8“. Quelle: Studie N o. 2/2022 | www.institutional-money.com 169 T H E O R I E & P R A X I S | PSYCHOLOG I E

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