Institutional Money, Ausgabe 2 | 2022

einer grundlegenden behavioristischen In- vestorenfrage ab, die da lautet: „Wie gehe ich mit Unsicherheit um?“ Aus Sicht von Co-Autor Du „ist es dabei essenziell ‚Unsi- cherheit‘ nicht mit ‚Risiko‘ zu verwechseln. Letzteres lässt sich mittels Wahrscheinlich- keitsverteilung mathematisch erfassen, Erste- res nicht.“ Nachdem die Information an den Märkten jedoch nie vollständig ist, herrscht stets auch ein mehr oder weniger großes Maß an nicht berechenbaren Faktoren – also Unsicherheit. „An dieser Stelle versagen rationale Erklärmodelle, man sucht sich al- ternative Referenzpunkte. Numerologischer Aberglaube kann hier einen ‚natürlichen An- kerpunkt‘ darstellen“, erklärt Chang. Von dieser Grundannahme leiten die Autoren die These ab, dass der Einfluss von numerologischem Aberglauben bei Markt- teilnehmen mit geringerem Informations- grad höher sein muss als bei professionellen Marktteilnehmern. Des Weiteren müsste sich der Effekt bei übertriebenem Optimis- mus oder übertriebenem Pessimismus ver- stärken. Je spekulativer ein Wert, desto stärker der Einfluss des Aberglaubens. Zahlenmagie Die Autoren lehnen sich nun zur Identi- fizierung an eine bereits erprobte Methodo- logie an, indem sie Tickerpreise von Wert- papieren zu Handelsbeginn und Handels- schluss auswerten. Das Augenmerk liegt dabei zunächst auf der Hundertstelstelle. Notiert ein Wert beispielsweise bei 2,58, so würde er als Glücksbringer interpretiert, bei 2,54 wäre das Gegenteil der Fall. Fällt die Hundertstelstelle auf die Null, so wird die Zehntelstelle evaluiert. Spielt Aberglaube keine Rolle, müssten die jeweiligen Stellen durchgehend mit einer Wahrscheinlichkeit von einem Neun- tel, also 11,11 Prozent, auftreten. Gibt es Die Vier gilt in China als Unglückszahl, die Acht als Glückszahl. Dieser numerologische Aberglaube ist in der Volksrepublik stark verankert und hat Auswirkungen auf das öffentliche und private Leben des Landes. Eine neue Studie weist nach, dass dieser Einfluss auch auf die Finanzmärkte besteht und zu entsprechenden Marktverzerrungen beiträgt. Beliebter werdende „8“ im Aktien-Sekundärmarkt Seit die Schlusskurse in Shanghai auf reine Preisfindung umgestellt wurden, kristallisieren sich Präferenzen heraus. Bis 2018 wurden an Shanghais sekundärem Aktienmarkt die Schlusskurse nach dem Durchschnitt der letzten Handelsminute gebildet, danach wurde auf ein Auktionssystem umgestellt. Seither liegt die Häufigkeit der Unglückszahl „4“ deutlich unter und die der Glückszahl „8“ deutlich über 11,11 Prozent bei der Hundertstelstelle der Eröffnungs- und Schlusskurse. Quelle: Studie 8 % 9 % 10 % 11 % 12 % 13 % 14 % 15 % Zahl 8 Zahl 4 Häufigkeit in Prozent 2018 2017 2019 N o. 2/2022 | www.institutional-money.com 167 T H E O R I E & P R A X I S | PSYCHOLOG I E

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