Institutional Money, Ausgabe 2 | 2022

Je nach Präferenz werden zum Zeitpunkt „t“ die Erträge „N“ von einzelnen Positio- nen oder die Portfoliocharakteristika („P“) eingegeben, die schließlich in der Ausgabe von latenten Faktoren münden. Auf der lin- ken Seite des Encoders findet man die mehrdimensionale Verarbeitung von Erträ- gen und Portfoliocharakteristika. Über die Aktivierungsfunktion „g“ werden die Daten verarbeitet und ergeben die Beta-Output- Ebene N x K. Diese Faktor-Betas werden zum Zeitpunkt „t–1“ erhoben und fließen gemeinsam mit den Faktoren des rechten Modellstrangs in die finale Portfoliokon- struktion ein. Zusammengefasst führt das dazu, dass „auf der linken Seite Faktoren als nonlineare Funktionen von Kovariaten – etwa den Charakteristika eines Assets – ge- laden werden. Die rechte Seite modelliert Faktoren wiederum als Portfolios von indi- viduellen Aktienerträgen“, wie Shihao Gu erklärt. Nonlineare KI triumphiert Gu und seine Co-Autoren lassen ihren Conditional Autoencoder gegen bekannte Faktorstrategien wie diverse Fama-French- Modelle, die Principal Components Analy- sis (PCA) sowie die weiter entwickelte li- nearbedingte Instrumented Principal Com- ponent Analysis (IPCA), laufen. Der Con- ditional Autoencoder schlägt im US-Aktien- markt über sechs Jahrzehnte hinweg alle erwähnten Modelle um Längen. Im schlechtesten Fall übertrifft die Sharpe Ratio von 1,53, die der Autoencoder erzielt, die von IPCA um 0,57 Punkte. In den rest- lichen Fällen ist die Differenz noch höher. Es waren genau diese Ergebnisse, die Byun, Cho und Kim dazu veranlasst haben, den Conditional Autoencoder in Situationen zu testen, in denen Emotionen einen vermeint- lich relevanten Einfluss auf die Entwicklung des jeweiligen Wertpapiers haben. Interes- santerweise untersuchen die Autoren dabei nicht den Markt in besonders turbulenten Zeiten, sondern einzelne US-Titel, „die besonders anfällig für behavioristische Ein- flüsse – also spekulativ – sind“, wie Cho erklärt. Die Autoren folgen dabei einer gän- gigen Definition von Justin Birru aus dem Jahr 2018, wonach „Aktien spekulativ sind, wenn sie schwer zu bewerten und/oder zu arbitrieren, klein, neu, unprofitabel, volatil, dividendenlos, potenziell ausfallgefährdet oder exponentiell wachsend, illiquid und mit einem hohen Beta ausgestattet sind“. Ausgewertet wurden Daten von 1972 bis 2020 aus den Aktiensegmenten NYSE, AMEX und NASDAQ. Die dazu passenden Finanzdaten werden von Compustat bezo- gen, Analysteneinschätzungen kommen vom Institutional Brokers’ Estimate System (I/BE/S). Von Birru entnehmen die Autoren 20 Anomalie-Variablen (siehe linke Spalte der Tabelle „Wie die KI mit emotionalen Märkten umgeht“) , aus denen der spekula- tive Index SPEC hergeleitet wird. Die Portfoliobildung läuft auf eine Unter- teilung der untersuchten Werte in spekulati- » Für spekulative Aktien produziert die Strategie, die auf nonlinearem Machine Learning basiert, eine hochrelevante Überrendite. « Sangheum Cho, College of Business, Korea Advanced Institute of Science and Technology Die proverbiale Hochschaubahn der Gefühle lässt sich mit linearen quantitativen Modellen zwar ignorieren, aber nicht nützen. Ein Forscherteam aus Korea hat sich jetzt aber eines nonlinearen KI-Modells bedient, das nicht zuletzt auf die Berechnung latenter Faktoren abstellt und bei der Verarbeitung von behavioristischen Tendenzen bemerkenswerte Resultate erzielt. N o. 2/2022 | www.institutional-money.com 161 T H E O R I E & P R A X I S | KÜNS T L I CHE I NT E L L I GENZ

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