Institutional Money, Ausgabe 2 | 2022

„Bei Stiftungen steht ein nachhaltiger und planbarer Cashflow im Vordergrund“, so Mentzel, „vor allem ordentliche Erträge können dem Stiftungszweck zufließen. Da sie einen geringeren laufenden Liquiditäts- bedarf haben als andere Investorengrup- pen, legen sie ihren Schwerpunkt zu- nehmend auf Sachwertanlagen.“ Offen- bar sehen Stiftungen diese als geeignete Möglichkeit an, den niedrigen Zinsen entgegenzuwirken. Daher wollen 53 Prozent der Kirchen und Stiftungen ihre Immobilienquote erhöhen, aber nur 22 Prozent der Versorgungswerke. „Der Grund liegt auf der Hand“, erklärt Mentzel dazu, „Versorgungswerke ha- ben bereits ein sehr hohes Immobilien-Ex- posure, das oft schon an die regulatorischen Grenzen heranreicht. Kirchen und Stiftun- gen können hingegen aus regulatorischer Sicht ihre Immobilienquoten weiter aus- bauen. Immobilien stellen für sie eine gute Möglichkeit dar, die benötigten ordentlichen Erträge zu erzielen.“ Die Frage ist, ob mit Immobilien eine Rendite von 3,2 bis 3,5 Prozent darstellbar ist, was ja das durchschnittliche Renditeziel bei Stiftungen ist. „In A-Städten in Toplagen ist das heute kaum noch machbar, aber auch in B- oder C-Städten gibt es gute Invest- ments“, meint Mentzel. Das sei auch im Sin- ne der Diversifikation interessant. „Gerade B- und C-Städte erweisen sich oft als sehr resilient, aber auch Randlagen von A-Städ- ten. Damit können es die Stiftungen schaf- fen, in ihre gewünschte Rendite- Range zu kommen.“ Allerdings ist das Management eines Immobilien- portfolios herausfordernder als ein Portfolio, das – wie in der Vergan- genheit üblich – überwiegend aus Zinspapieren besteht. „Sowohl die personelle Kapazität als auch das Know-how sind bei vielen Stiftun- gen knapp“, meint Mentzel. 60 Pro- zent der Stiftungen wollen daher illiquide Assets eher über Fonds abbilden, während nur 28 Prozent Direktinvestments bevorzugen. Die Gespräche mit Stiftungen er- gaben, dass sie mit der Stiftungs- rechtsreform 2021 im Großen und Ganzen zufrieden sind. „Die Fortent- wicklung des Stifterwillens durch Satzungsänderungen ist inzwischen möglich, sodass Stiftungen jetzt leichter auf sich verändernde Kapi- talmarktsituationen reagieren können. Das war ein wichtiger Punkt“, weiß Mentzel. Einige Stiftungen zeigten sich auch zufrie- den mit der Erhöhung der Flexibilität bei der Umwandlung in eine Verbrauchsstiftung. Insbesondere mit dem Gesetz zur Verein- heitlichung des Stiftungsrechts, als Be- standsteil der Stiftungsreform, wurde we- sentliche Rechtssicherheit für Stiftungen ge- schaffen, es tritt am 1. Juli 2023 in Kraft. Das Stiftungsrecht für rechtsfähige Stiftun- gen wird nunmehr einheitlich im BGB ge- regelt. „Bisher gibt es nur Regelungen, die im Großen und Ganzen ähnlich sind. Aber die Konkretisierungen in den verschiedenen Ländern und Kommunen führten am Ende zu unterschiedlichen rechtlichen Voraus- setzungen für Stiftungen. Die Vereinheitli- chung des Stiftungsrechts war den Stiftun- gen wichtig“, meint Mentzel. US-Stiftungen: PE ganz oben Ein Blick auf die Stiftungen der US-Ivy- League-Universitäten zeigt, dass diese ganz anders als die Stiftungen hierzulande inves- tieren. Im letzten Jahresbericht der Harvard- Stiftung vom 30. Juni 2021 ist zu sehen, dass dort ein zunehmender Appetit auf we- nig liquide Assetklassen wie Private Equity und Venture Capital herrscht, während die Allokationen für Rohstoffe und Immobilien in den letzten zehn Jahren deutlich zurück- gefahren wurden. „Die großen Stiftungen der US-Universitäten haben ganz andere Renditeanforderungen als die deutschen Stiftungen. Die hohen Anforderungen erfor- dern auch wesentlich riskantere Anlagen“, erklärt Mentzel. Tatsächlich lagen die Ren- diten der Ivy-League-Stiftungen im abge- laufenen Fiskaljahr 2021 zwischen 8,1 (Harvard-Stiftung) und 14,6 Prozent (Dart- mouth-Stiftung). „Die Satzungen der Stiftungen in Deutschland beruhen auf dem ursprüngli- chen Stifterwillen. Sie lassen Assetklassen wie PE oder VC oft gar nicht zu, weil diese beiden Assetklassen in Deutschland erst später hinzukamen. Das ist in den USA anders“, verweist Mentzel auf die unterschiedliche Historie. Außer- dem sei – zumindest bei den kleine- ren und mittleren Stiftungen in Deutschland – das Know-how in diesen beiden Assetklassen nicht so ausgeprägt wie bei den US-Stiftun- gen. „Das Wissen hierzu wurde nicht aufgebaut, weil PE und VC in den Satzungen meistens nicht vor- gesehen sind. Außerdem steht hier- zulande für Stiftungen das gesetz- liche Ziel des Kapitalerhalts im Vor- dergrund, das eine gewisse Risiko- aversion mit sich bringt“, so Mentzel. So stünden für Kirchen und Stiftun- gen in Deutschland eher die Themen Diversifizierung und Flexibilität im Fokus und weniger die Rendite- maximierung. ANKE DEMBOWSKI » Investoren müssen Flexibilität, Kreativität und Risikobereitschaft auf- bringen, um ihre Ziele zu erreichen. « Sebastian Zehrer, Leiter Research bei Wealthcap Illiquide Assetklassen hochgefahren So änderte sich die Allokation der Harvard-Stiftung seit 2005. Im letzten Jahresbericht der Harvard-Stiftung vom 30. Juni 2021 ist zu sehen, dass dort ein zunehmender Appetit auf weniger liquide Asset- klassen wie Private Equity und Venture Capital herrscht, während die Allokationen für Rohstoffe und Immobilien in den letzten zehn Jahren deutlich zurückgefahren wurden. Quelle: www.markovprocesses.com, erstellt mit MPI Analytics 0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 % 90 % 100 % Hedgefonds Venture Capital Private Equity Real Estate Natural Resources Emerging Equity US Equity US Bonds 2005 2010 2015 2020 158 N o. 2/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | S T I F TUNGSUMFRAGE FOTO: © WEALTHCAP

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