Institutional Money, Ausgabe 2 | 2022

mulierten Verlust, der sich aus einer Verzö- gerung der Aktualisierung des Anomalie- portfolios um einen Tag zu Monatsbeginn ergibt. Vor der Entdeckung der Anomalien liegt dieser bei rund drei Prozent des Port- foliowerts. Nach den jeweiligen Veröffentli- chungen beträgt der Verlust dagegen rund zwölf Prozent, und bei Momentumeffekten sogar fast 30 Prozent. Dabei zeigt sich das Muster sowohl bei den Long- als auch den Short-Portfolios der einzelnen Strategien. Anomalien durch Mispricings Die beobachteten Verschiebungen sind als Folge einer möglichst schnellen Umsetzung der Anomalieportfolios durch Arbitrageure zu interpretieren. Sie sind ein klares Zeichen dafür, dass Ka- pital in die Ausnutzung der gefundenen Anomalien fließt. Das deutet wiederum auf Fehlbewertungen als deren Ursache hin, da die Effekte offensichtlich als profitabel in Bezug auf die Abwägung von Risiko und Gewinnpotenzial angesehen werden, schreibt Kaplanski. Gleichzeitig trägt genau dieses Verhalten zur langfristigen Abnahme der mit den Ano- malien verbundenen Renditen bei und spielt damit eine Schlüsselrolle bei der Annähe- rung an eine weitgehende Markteffizienz. Im Zeitablauf gesunkene Transaktionskosten beziehungsweise geringere Limits to Arbi- trage erhöhen dabei zunehmend die Raffi- nesse der Akteure, was die Effizienz des Prozesses weiter verbessert. All das bedeu- tet letztlich, dass die Renditen von Anoma- lien nach deren Entdeckung hauptsächlich aufgrund der Preisdruck-Theorie abnehmen, so der Autor. Und dieser Druck ist stark genug, um kurzfristig sogar einen gegenläu- figen Effekt höherer Renditen auszulösen. Dieses Phänomen lässt sich am besten mit der Hypothese adaptiver Märkte (AMH) nach Andrew Lo in Einklang bringen. Guy Kaplanski schreibt, dass Arbitrageu- re vor allem deshalb auf monatlicher Basis handeln, weil für viele wichtige Anomalien wie etwa Momentum in der klassischen Umsetzung die Daten für abgeschlossene Monate erforderlich sind. Hier könnte man eine Parallele zum bekannten Turn-of-the- Month-Effekt (TOM) vermuten, dem zufol- ge die durchschnittlichen Renditen an den letzten beiden und den ersten drei Tagen eines Monats höher sind als sonst. Doch eine solche Wechselwirkung kann der For- scher ausschließen: Der von ihm ermittelte Effekt tritt erst nach Veröffentlichung der Anomalien auf, während sich TOM fortlau- fend abzeichnet. Schnell sein lohnt sich Für die praktische Umsetzung von ano- maliebasierten Strategien ergeben sich da- raus zwei Schlussfolgerungen. Zum einen sollte im Idealfall darauf abgezielt werden, die Anomalien möglichst schon vor deren Veröffentlichung auszunutzen, um so höhe- re Renditen aufgrund des dann noch gerin- gen Wettbewerbs zu erzielen. Weniger offen- sichtlich war dagegen bisher, die monatli- chen Transaktionen auch so früh wie mög- lich umzusetzen, da für Verspätungen hohe Verluste im Verhältnis zum gewählten Zeit- horizont anfallen dürften. Jede Verzögerung in der Umsetzung im Vergleich zum Monats- schlusskurs verschlechtert die Renditen er- heblich, so Kaplanski. Daraus könnte sich, nimmt man wieder die AMH als Schablone, eine Art von Wett- rennen entwickeln: Kurzfristige Akteure könnten versuchen, schon am letzten Tag des alten Monats die entsprechenden Rang- listen zu antizipieren, um möglichst allen anderen bei der Erstellung beziehungsweise Anpassung der Anomalieportfolios zuvor- zukommen und so den maximalen Effekt für sich zu vereinnahmen. Die Folge des zu- nehmenden Vorzieheffekts beziehungsweise der Vorwegnahme könnte dann sein, dass die Anomalien zunehmend im Rauschen der Märkte verschwinden. Dies wäre ein ähnli- cher Mechanismus wie in anderen Studien » Die risikoadjustierten Gewinne sinken nach Veröffentlichung der jeweiligen Studien. « Söhnke M. Bartram, Professor of Finance, University of Warwick Ergebnisse bei Währungen In-Sample vs. Post-Publication-Bruttorenditen Die Grafik zeigt die Beziehung zwischen den mittleren In-Sample- und Post-Publication-Überrenditen der untersuchten Effekte basierend auf insgesamt 76 Währungen. Es liegen jeweils Long-Short-Quintil-Portfolios zugrunde, beginnend im Jahr 1971 bis zum Endzeitpunkt der Originalstudie (In Sample) beziehungsweise für die Zeit danach bis zum Jahr 2019 (Post Publication). Quelle: Bartram, S. M. / Djuranovik, L. / Garratt, A. (2022), Currency Anomalies, S. 42 0,4 0,2 0 0,8 0,6 -0,8 -0,3 0,2 Differenz nach Veröffentlichung gegenüber In Sample (in % pro Monat) Currency Value Term Spread Carry Trade Taylor Rule Filter Rule Combination Output Gap Dollar Carry Trade 12-Months Momentum Dollar Exposures 1-Month Momentum 3-Months Momentum In-Sample-Rendite (in % pro Monat) 148 N o. 2/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | REND I T EANOMAL I EN FOTO: © UNIVERSITY OF WARWICK, BAR-ILAN UNIVERSITY

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