Institutional Money, Ausgabe 2 | 2022

der erstgenannten Studie lag. Die Autoren führten das hartnäckige Fortbestehen vieler Anomalien außerhalb des US-Marktes auf Limits to Arbitrage und damit verbundene segmentierte Märkte zurück. Das würde bedeuten, dass die Renditeeffekte, anders als McLean und Pontiff vermuteten, eher auf Fehlpreisungen im Sinne der Behavioral Finance als auf Data Mining zurückzufüh- ren sind. Dafür sprach insbesondere das Ergebnis von Jacobs und Müller, dass Ano- malien, die vor allem auf Aktien mit hohen Arbitragekosten beruhen, auch höhere Ren- diten erzielen. Diesen Effekt beobachteten sie sowohl In Sample als auch nach Ver- öffentlichung der jeweiligen Studien und sowohl in den USA als auch international. Ähnlicher Effekt bei Währungen Einen vergleichbaren Effekt dokumentiert ein Forschertrio um Söhnke M. Bartram in der Studie „Currency Anomalies“ für den Devisenmarkt. Sie untersuchen Monatsda- ten für die Wechselkurse einer Vielzahl von Ländern im Zeitraum von Dezember 1970 bis November 2019 und betrachten dabei elf bekannte Prädiktoren für Überrenditen. Zur Analyse werden Point-in-Time-Daten verwendet, um sicherzustellen, dass Markt- teilnehmern die jeweiligen Signale zu den entsprechenden Zeitpunkten potenziell zur Verfügung standen. Dadurch werden Ver- zerrungen im Zusammenhang mit dem Look-Ahead-Bias vermieden. Die Forscher kommen zu dem Ergebnis, dass die untersuchten Strategien bei Devi- sen auch nach Transaktionskosten und um- fassenden Risikoanpassungen rentabel sind. Allerdings sinken die risikobereinigten Gewinne nach Veröffentlichung der zugrun- de liegenden Studien erheblich. Dabei ist der Rückgang bei Strategien mit größeren dokumentierten Gewinnen und geringeren Arbitragekosten auch hier höher, was erneut auf das Vorliegen von Mispricings als Ur- sache von Anomalien hinweist. Eine erwäh- nenswerte Ausnahme ist der Carry Trade, der keinem Publikationseffekt unterliegt und damit die Merkmale eines Risiko- faktors trägt, was mit früheren Erkenntnis- sen aus der Literatur übereinstimmt. Die bisherige Forschung lässt sich als Zwischenfazit wie folgt zusammenfassen: Akademische Studien tragen schon seit Jahrzehnten nennenswert dazu bei, dass sich Anomalien abschwächen. Doch gerade außerhalb der USA bestehen viele dieser Ef- fekte nach ihrer Veröffentlichung weiter, statt ganz zu verschwinden. Neue spannende Erkenntnisse zu diesem Thema lieferte nun Guy Kaplanski in sei- nem Paper „The Race to Exploit Anomalies and the Cost of Slow Trading“. Darin untersuchte er insgesamt 71 Anomalien am US-Aktienmarkt im Zeitraum von 1973 bis 2018 daraufhin, wie sich deren Veröffentli- chung auf den genauen Verlauf der erzielten Renditen auswirkt. Er fand dabei einen kurzfristigen Effekt, der entgegen der Ab- schwächung der Renditen verläuft: Nach der Veröffentlichung von Anomalien kommt es demnach zu einer Verschiebung der Ren- diten zum Monatsanfang. Vor allem für den ersten Handelstag des Monats steigt den Untersuchungen zufolge die mittlere Ren- dite der über alle Anomalien aggregierten Portfolios nach deren Veröffentlichung er- heblich an (siehe Grafik „Vorzieheffekt“) . Um die Auswirkungen dieses Effekts zu veranschaulichen, schätzt der Autor den ku- Die Jagd nach Preisanomalien ist ein nie endender Wettlauf zwischen den stärksten Marktteilnehmern. Sobald mögliche neue Chancen – in der Regel von Finanzmarktforschern – entdeckt werden, müssen sie rasch genutzt werden, denn früher oder später verschwinden sie wieder. N o. 2/2022 | www.institutional-money.com 147 T H E O R I E & P R A X I S | REND I T EANOMAL I EN

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