Institutional Money, Ausgabe 2 | 2022

deshalb nicht repliziert werden, weil die Faktordaten aktualisiert wurden. Deshalb sollten Studien den verwendeten Jahrgang offenlegen, so die Forscher. Gerade in Modellen mit fünf, sechs oder mehr Fakto- ren kann das Rauschen besonders rele- vant sein, da der Effekt hier potenziell von mehreren Quellen mitverursacht wird. Deshalb sollte die Robustheit von Ergebnissen künftig auch in Bezug auf unterschiedliche Jahrgänge der Faktoren bewertet werden. Um das Rauschen möglichst zu vermeiden, schlagen die Forscher vor, Faktoren auf Basis der Renditen von passiven Indexfonds zu berechnen. Zwar unterscheiden sich diese von den klassischen Faktoren auf Basis des Querschnitts von Einzelaktien. Letztlich stellen jedoch beide Konzepte diversifizierte Portfolios dar. So kommt ein Gesamtmarkt-ETF abzüglich des risiko- freien Assets dem Marktfaktor ziemlich nah. In ähnlicher Weise können Value- und Growth-ETFs die Rolle des HML-Faktors spielen, wie Adriana Robertson auf Nach- frage schreibt. Trotzdem ist das Ganze mit einem Kompromiss verbunden, sodass der ETF-Ansatz unterm Strich nicht immer besser sein muss. Portfolios im Zeitablauf Eine dritte interessante Studie aus dem Faktorbereich veröffentlichten Emlyn Flint und Rademeyer Vermaak („Factor Information Decay: A Global Study“). Sie analysieren die zeitliche Entwick- lung von Faktor-Exposures, wenn man von anfänglich auf konkrete Faktoren ausgerichteten Portfolios ausgeht. Da- raus lassen sich dann optimale Halte- beziehungsweise Rebalancing-Zeiträu- me ableiten, die nicht auf einer klassi- schen Renditemaximierung im Backtest basieren. Die Autoren untersuchen die fünf Faktoren Value, Momentum, Qua- lity, Investment und Low Volatility in zwölf Industrie- und Schwellenländern über die letzten 20 Jahre. Sie legen jeweils einen Zielfaktor fest, dem das Portfolio ausgesetzt sein soll. Daneben gibt es aber auch Nichtzielfaktoren, die ungewollt eine Rolle spielen. So kann beispielsweise ein Momentum-Portfolio ein Value-Exposure aufweisen, und zwar vor allem dann, wenn es über einen län- geren Zeitraum nicht rebalanciert wird. Das ursprüngliche Faktorportfolio kann sich also von den Zielwerten entfernen (sie- he Grafik „Ungewolltes Faktor-Exposure“) . Das liegt zum einen am natürlichen Drift der Portfoliogewichte im Zeitablauf. Zum anderen verändern sich aber auch die zugrunde liegenden Bewertungsmaße für jede Aktie, wenn neue Fundamentaldaten veröffentlicht werden. Die Effizienz des Faktorportfolios wird letztlich sowohl durch den Rückgang des beabsichtigten Expo- sures als auch den Anstieg des gesamten unbeabsichtigten Exposures gegenüber anderen Faktoren verringert. Faktor-Verfall Die Autoren untersuchen vordergründig pure Faktorportfolios. Diese sind per Defi- nition so konstruiert, dass sie zu Beginn ein Exposure von eins gegenüber dem jeweili- gen Zielfaktor haben und ein Exposure von null gegenüber allen anderen Faktoren auf- weisen. Das steht im Gegensatz zu klassi- schen Faktorportfolios auf Basis von Quar- til- oder Dezil-Rankings, bei denen sich schon zu Beginn auch andere Faktoren aus- wirken. Der Studie zufolge verfallen die Exposures der puren Faktorportfolios im Zeitablauf recht gleichförmig, wobei das Ausmaß unterschiedlich ist. Die Portfolios für Momentum und Investment degradieren deutlich schneller und mit erkennbar ande- rer Verlaufsform als Value, Quality und Low Volatility. Value verfällt dabei im Durchschnitt am langsamsten (siehe Grafik „Value vs. Momentum“) . Die Autoren leiten daraus optimale Rebalancing-Perioden für die einzelnen Faktoren ab. Diese betragen einen Monat für Investment, drei Monate für Momentum, drei bis vier Monate für Value, vier bis fünf Monate für Quality und fünf bis sechs Monate für Low Volatility. DR. MARKO GRÄNITZ » Das Faktor-Exposure eines Portfolios verändert sich im Zeitablauf ganz natürlich. « Emlyn Flint, Peresec South Africa und Department of Actuarial Science, University of Cape Town Value vs. Momentum Globales durchschnittliches Exposure der puren Faktorportfolios (2002 bis 2019) Value weist von den untersuchten puren Faktoren den langsamsten sowie einen sehr gleichmäßigen Informations- abfall auf. Nach drei Jahren liegt das Median-Exposure noch deutlich über der Halbwertszeit. Allerdings ist die Dispersion (hier nicht dargestellt) recht hoch, da es erhebliche Unterschiede beim Verhalten des Faktors auf Länderebene gibt. Im Gegen- satz zu Value zeigt pures Momentum einen sehr schnellen Informationsverfall, bei dem die Halbwertszeit bereits nach sechs Monaten erreicht ist. Nach zwölf Monaten tendiert das Exposure gegen null. Hier ist ein Knick zu erkennen, ab dem sich im Mittel kaum noch Veränderungen zeigen. Quelle: Flint, E. / Vermaak, R. (2021), Factor Information Decay: A Global Study, S. 11 -0,4 -0,2 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 -0,4 -0,2 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 Halbwertszeit Halbwertszeit Quartile der Verteilung 5. und 95. Perzentil Quartile der Verteilung 5. und 95. Perzentil Median Median Unveränderte Haltedauer in Monaten Unveränderte Haltedauer in Monaten Value Momentum 30 24 18 12 36 6 0 Faktor- Exposure 30 24 18 12 36 6 0 Faktor- Exposure 138 N o. 2/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | FAKTOREV I DENZ FOTO: © RAOUL ALBERS

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