Institutional Money, Ausgabe 2 | 2022

über die Einstellung der Investoren zum Risiko zu bezeichnen ist. Die beobachteten Ex-post-Spreads sind groß, selbst wenn Ver- luste im Zusammenhang mit Zahlungsaus- fällen und Umschuldungen berücksichtigt werden. Ausschlaggebend für dieses Er- gebnis sind die vergleichsweise üppigen Kupons, die diese Anlageklasse bietet. Das Autorentrio ist sich sicher, dass die zusam- mengetragenen Daten eine Neubewer- tung der Art und Weise ermöglichen, wie die Märkte das Risiko von Staats- anleihen bewerten und wie Investoren ihre Erwartungen betreffend die Wahr- scheinlichkeit von Zahlungsausfällen in Schwellenländern bilden. Eine wach- sende Literatur in der Kapitalmarktfor- schung betont Erwartungsfehler seitens globaler Investoren. In Zeiten finanziel- ler Stabilität können Gläubiger versucht sein, die Möglichkeit eines Zahlungsausfalls als unwahrscheinlich abzutun, und die voll- ständige Rückzahlung der Anleihen, die üppige Kupons aufweisen, als gegeben an- nehmen, was zu einem Kreditboom führt. Dieses wiederkehrende Muster des Markt- überschwangs ist integraler Bestandteil des Narrativs in der Arbeit von Carmen Rein- hart und Kenneth Rogoff von 2009 mit dem Titel „This Time is Different: Eight Centu- ries of Financial Folly“ und wurde 2018 von Gennaioli und Shleifer in „A Crisis of Belief: Investor Psychology and Financial Fragility“ theoretisch untermauert. Künftige Arbeiten könnten die neu erstellte Daten- bank nutzen, um diese Begriffe sowie neue und alte Theorien zur Asset-Price-Bildung, insbesondere Modelle zum langfristigen Risiko und zum Katastrophenrisiko, zu testen. Zudem würde das Paper auch die Forschung zu Staatsbankrotten und deren Lösung erleichtern. Die Autoren sehen insbesondere die Not- wendigkeit, ihre Ergebnisse aus dem Blick- winkel der Schuldnerländer und im Hin- blick auf die Schuldentragfähigkeit zu über- prüfen. Was ist der angemessene Umfang eines Schuldenerlasses, wenn Länder in eine Schuldenkrise geraten? Wie können serielle Umstrukturierungen und Verzöge- rungen bei der Krisenbewältigung verrin- gert werden? Und vor allem: Welche Moti- ve bewegen jene Länder, die hohen Prämien an ihre ausländischen Gläubiger zahlen? Of- fene Fragen gibt es also auf dem Gebiet der Sovereign Bonds noch genug. Es wird inte- ressant sein zu sehen, inwieweit andere Ka- pitalmarktforscher zur Beantwortung dieser und ähnlicher Fragen auf die Datenbank von Meyer, Reinhart und Trebesch zugrei- fen werden. Für Praktiker stellt sich die Frage, ob die auf lange Sicht beobachtbaren Überrenditen der im Ausland begebenen Staatsanleihen souveräner Schuldner auch in der Zukunft anfallen werden. Hier beste- hen zumindest Zweifel, da vieles darauf hindeutet, dass private Gläubiger verstärkt zur Kasse gebeten werden. So können ein- zelne Hold-outs Umschuldungen aufgrund geänderter Anleihenbedingungen, die neue Klauseln enthalten, vielfach nicht mehr auf- halten. Für die ab 2013 begebenen Staats- anleihen des Europäischen Währungsraums gibt es neue Umschuldungsklauseln, die so- genannten CACs (Collective Action Clau- ses). Man sollte auch im Hinterkopf behal- ten, dass bei der Umschuldung griechischer Anleihen im Frühjahr 2012 Griechenland für einen Teil seiner Anleihen solche Klau- seln rückwirkend einführte. Nach den neuen Regeln kann sich eine Mehrheit der Gläu- biger im Krisenfall mit dem Anleihenemit- tenten auf eine Umschuldung einigen, und der Minderheit bleibt nichts anderes übrig, als sich den Beschlüssen zu fügen. Tenden- ziell ist daher zu erwarten, dass die histo- risch belegbaren Überrenditen abschmelzen werden, da dieses Beispiel Schule machen wird. DR. KURT BECKER Verlustaufholung nach Staatspleiten Im Schnitt wurden Verluste vier Jahre nach dem Default aufgeholt. Die gesamte kumulative Renditereihe startet indexiert auf 100 zwei Jahre vor dem Ausfall. Die fette schwarze Linie zeigt den Durchschnitt über alle Anleihen im Gesamtportfolio, während die gestrichelten grauen Linien das obere und untere Quartil darstellen. Quelle: Studie 25 % 50 % 75 % 100 % 125 % 150 % 175 % 6 5 4 3 2 1 t -1 -2 Durchschnittliche kumulierte Rendite Obere 75 % Untere 25 % Jahre um den Default im Jahr t Kumulativer Total Return (TR) Index Unterschiedliche Renditeaufholung Weniger Haircut bedeutet schnelleres Aufholen bei der Rendite. Auch hier startet die gesamte kumulative Renditereihe mit dem Indexwert 100 zwei Jahre vor dem Ausfall. Die fette schwarze Linie zeigt den Durchschnitt über alle Anleihen mit einem Haircut von mehr als 42 Prozent, während die dünne graue Linie Anleihen mit einem Haircut von unter 42 Prozent abdeckt. Letztere können im Schnitt drei Jahre nach dem Default mit einer positiven Gesamtrendite rechnen. Quelle: Studie 25 % 50 % 75 % 100 % 125 % 150 % 175 % 6 5 4 3 2 1 t -1 -2 Haircuts größer 42%: TR Index (2 Jahre vor dem Default: t – 2= 100 %) Haircuts kleiner gleich 42%: TR Index (2 Jahre vor dem Default: t – 2 = 100 %) Jahre um den Default im Jahr t Kumulativer Total Return (TR) Index » Eine Überrendite von drei bis vier Prozent gegenüber US- und UK-Staats- anleihen ist bemerkenswert. « Prof. Dr. Christoph Trebesch, IfW, Kiel 132 N o. 2/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | S TAAT SANL E I HEN FOTO: © IFW KIEL

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