Institutional Money, Ausgabe 2 | 2022

A nalog zum Umgang mit Bonitätsrisiken ist in der professio- nellen Vermögens- verwaltung auch der Umgang mit dem Thema „Nachhaltigkeit“ ohne entsprechende Ratings kaum vor- stellbar. Ohne diese Notensysteme zur Beurteilung der Strategien hin- sichtlich Umweltschutz, soziale Verantwortung und Unternehmens- führung wäre es institutionellen In- vestoren, die Milliardenbeträge in- vestieren müssen, praktisch unmög- lich, bei ihren Investments ESG-Kri- terien zu berücksichtigen. Und ähn- lich wie beim Thema Credit Rating ist allen Akteuren klar, dass solche Bewertungsansätze auch ihre Gren- zen haben – nicht zuletzt deshalb, weil Ratings in der Regel vom be- werteten Unternehmen bezahlt wer- den. Im Fall der ESG-Ratings ist das Problem allerdings noch etwas grö- ßer, weil das Thema vergleichsweise neu ist. Besonders viel Aufmerk- samkeit bekamen in jüngerer Zeit die zum Teil auffällig großen Diver- genzen von Ratings verschiedener ESG-Ratinganbieter für ein und das- selbe Unternehmen. So wies etwa das „Wall Street Journal“ kürzlich darauf hin, dass Tesla von MSCI im Jahr 2018 in Bezug auf Umweltfra- gen sehr positiv bewertet wurde, während die britische FTSE Group zu einem vergleichsweise ungünsti- gen Ergebnis kam. Aus Anlegersicht stellen sich angesichts dieser Problematik zwei Fragen: Wie soll man mit starken Divergenzen bei ESG-Ratings um- gehen, und wie wirken sich solche Rating-Bandbreiten auf die Renditen der betroffenen Aktien aus? Dass es noch immer große Divergenzen bei Nachhaltigkeitsratings gibt, ist bekannt. Doch wie wirken sich diese mitunter stark abweichenden Einschätzungen auf die Aktienrenditen aus? » Im Vergleich zu Credit Ratings sind Divergenzen bei ESG-Ratings derselben Firma wesentlich höher. « Dr. Rajna Gibson Brandon, Professor of Finance, Universität von Genf, Schweiz Rating und Rendite Sektorbetrachtung Durchschnittskorrelationen von ESG-Ratings je Branche Die durchschnittlichen Korrelationen der ESG-Ratings von sieben Ratinganbietern sind in den Sektoren „Langlebige Konsumgüter“ und „Telekommunikation“ beim Gesamt-ESG-Rating besonders niedrig im Vergleich zu den zehn anderen Sektoren. Betrachtet man die Korrelationsmuster der drei einzelnen E-, S- und G-Ratings für sich, so präsentiert sich ein ähnliches, wenngleich nicht ganz so deutliches Bild. Quelle: Studie (a) ESG-Gesamtrating (b) Umwelt-Rating (c) Sozial-Rating (d) Governance-Rating 0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 Sonstige Financials Pharma/Gesundheit Einzel-/Großhandel Versorger Telekommunikation Ausrüstungsgüter Chemie Energie Industrie Langlebige Konsumgüter Verbrauchsgüter 0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 Sonstige Financials Pharma/Gesundheit Einzel-/Großhandel Versorger Telekommunikation Ausrüstungsgüter Chemie Energie Industrie Langlebige Konsumgüter Verbrauchsgüter 0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 Sonstige Financials Pharma/Gesundheit Einzel-/Großhandel Versorger Telekommunikation Ausrüstungsgüter Chemie Energie Industrie Langlebige Konsumgüter Verbrauchsgüter 0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 Sonstige Financials Pharma/Gesundheit Einzel-/Großhandel Versorger Telekommunikation Ausrüstungsgüter Chemie Energie Industrie Langlebige Konsumgüter Verbrauchsgüter 116 N o. 2/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | E SG- B EWERTUNG FOTO: © UNIVERSITÄT VON GENF, OLIVIER LE MOAL | STOCK.ADOBE.COM

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