Institutional Money, Ausgabe 2 | 2022

drei Variablen, die zeitverzögert das institu- tionelle Eigentum widerspiegeln (IE Leader, IE Non-Leader und IE konventionell), und eine Reihe von Kontrollvariablen und fixe Effekte. Dabei lässt sich zeigen, dass ein höherer Aktienanteil von Leadern mit signi- fikant höheren E&S-Performancewerten auf Unternehmensebene verbunden ist. Bei anderen institutionellen Anlegern, selbst wenn es sich um PRI-Unterzeichner han- delt, gilt dieser Zusammenhang nicht (siehe Tabelle „Grundlegende Regres- sionsergebnisse“). Dies ist insofern be- merkenswert, als die Gruppe der Leader im Schnitt nur einen Anteil von 2,2 Pro- zent am Aktienkapital der Zielunterneh- men hält. Dieses Ergebnis ist auch wirt- schaftlich bedeutsam, denn ein Anstieg des Leader-Anteils am Aktienkapital um eine Standardabweichung ist mit einemAnstieg der E-Scores um 7,5 Pro- zent beziehungsweise der S-Scores um 5,8 Prozent einer Standardabweichung verbun- den. Verschiedene Robustheitstests bestäti- gen die Resultate. Erfolgsentscheidend Nachdem das Quartett einen positiven Zusammenhang zwischen institutionellem Eigentum von Leadern und der Nachhaltig- keitsperformance von Unternehmen festge- stellt hat, will es wissen, wie dieser Zusam- menhang zustande kommt. Zu diesem Zweck wird die Rolle der Leader im Kon- text mit den von PRI organisierten kolla- borativen Engagements untersucht. Diese Investoren befassen sich mit bestimmten Themen im Zusammenhang mit der Nach- haltigkeit, etwa mit Fracking oder mit Ar- beitsnormen. Die Hypothese der vier Auto- ren lautet: Wenn Leader die Nachhaltigkeit von Unternehmen vorantreiben, dann soll- ten kollaborative Engagements die Nach- haltigkeitsperformance der Zielunternehmen stärker verbessern, wenn der Aktionärsanteil der Leader hoch ist. Genau dieses Ergebnis können die Autoren auch belegen. Dabei wurde eine Analyse mithilfe des Differenz- von-Differenzen-(DvD)-Ansatzes mit Mat- ching durchgeführt. Um eine Kontrollgrup- pe zu bilden, führen die Autoren zunächst ein exaktes Matching für Region, Branche und Jahr durch. Dann wählen sie das am besten passende Kontrollunternehmen mit- hilfe des Propensity-Score-Matching-(PSM)- Ansatzes anhand von Unternehmensmerk- malen aus. Schließlich stellt sich heraus, dass in den Jahren nach dem Engagement der Leader-Aktionäre die Zielunternehmen ihre Umweltperformance erheblich verbes- sern. Dies aber nur dann, wenn der Anteil der Leader am Aktienkapital der Zielunter- nehmen hoch ist. Folglich spielen institutio- nelle Investoren, die sich für Nachhaltigkeit engagieren, eine Katalysatorrolle bei der Verbesserung der Nachhaltigkeitsleistung von Unternehmen. Was die soziale Dimen- sion anbelangt, finden die Autoren aber keinen analogen statistisch signifikanten Zusammenhang, dass ein höherer Leader- Aktienanteil zu einer verbesserten S-Perfor- mance führt. Grund dafür könnte sein, dass es nur eine verhältnismäßig geringe Anzahl an kollaborativen Engagements in sozialen Fragen gibt. Nur sieben Prozent der 1.238 Unternehmen, die das Ziel von institutionel- lem Engagement sind, werden im Hinblick auf soziale Aspekte angesprochen. Zwischenfälle vermeiden Zu guter Letzt testen die Autoren den Einfluss von Leadern bei der Vermeidung von ökologischen und sozialen Zwischen- fällen der Zielunternehmen. Es gelingt ihnen zu zeigen, dass mit dem Auftreten von Leadern im Aktionärskreis die Wahr- scheinlichkeit von umweltschädigenden Zwischenfällen in den Zielfirmen signifi- kant abnimmt. Dieser Effekt fällt noch stär- ker aus bei jener Teilstichprobe von Firmen, die in der Vergangenheit bereits mit umweltschädigenden Zwischenfällen kon- frontiert waren. Dieser Zusammenhang besteht hingegen nicht, wenn man auf Nicht-Leader und konventionelle Investoren abstellt. Interessanterweise zeigt sich auch, dass institutionelle Investoren, die keine PRI-Unterzeichner sind, dazu tendieren, sich von den Aktien eines Unternehmens nach einem solchen Vorfall zu verabschie- den, während die Gruppe der Leader eher investiert bleibt und auf Veränderungen drängt. Unterm Strich zeigt diese neue Arbeit, dass zwar schon mehr als die Hälfte aller institutionellen Anleger öffentlich zu verant- wortungsvollem Investieren steht, doch mit letzter Konsequenz geht bislang nur von eine relativ kleine Gruppe vor. Und die hält im Schnitt nur einen Aktienanteil von durchschnittlich knapp mehr als zwei Pro- zent. Das ist gerade einmal etwas mehr als ein Zwanzigstel des gesamten durchschnitt- lichen Aktienbesitzes aller Institutionellen der Stichprobe. Dabei scheint zu gelten: Je höhere der Anteil der Leader am Aktien- kapital, desto stärker verbessert sich die Nachhaltigkeitsperformance. Der Schlüssel- begriff lautet „kollaboratives Engagement“ auf der PRI-Plattform. Einfluss unbewiesen Auch wenn es naheliegend erscheine, so die Autoren, lasse sich doch keine eindeutige kausale Wirkung von Leadern auf die Nach- haltigkeitsleistung des Unternehmens nach- weisen. Um diese Frage zu klären, bräuchte es weitere Forschung, um die zugrunde lie- genden Mechanismen zu untersuchen. Eben- falls unbeantwortet bleibt nach Auswertung der Studienergebnisse die wichtige Frage nach den Motiven der Leader. Ein hohes En- gagement für unternehmerische Nachhaltig- keit kann durch pekuniäre, nicht pekuniäre oder kundenbezogene Gründe angetrieben werden. Für Großanleger ist es bei der Ma- nagersuche jedenfalls von Belang, ob sich dieser führend für Nachhaltigkeit engagiert oder ob er nur ein Mitläufer ist. Beide Grup- pen werden nämlich betonen, zur Leader- Gruppe zu gehören. Wer also mit seinen Investitionen wirklich etwas im Sinne von Corporate Sustainability bewirken will, muss bei der Partnerauswahl wohl ganz ge- nau hinschauen. DR. KURT BECKER » Ein höherer Anteil von Leader- Aktionären bedeutet weniger Risiko von umweltbezogenen Zwischenfällen. « Daniel Schmidt, Technische Universität München, Boston Consulting Group 114 N o. 2/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | E SG- I NVE S TMENT FOTO: © TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN

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