Institutional Money, Ausgabe 2 | 2022

Anreiz verspüren, ihren Worten keine Taten folgen zu lassen. Dies ist besonders wahr- scheinlich in einem Umfeld, wo Nachhal- tigkeitsberichterstattung in der Regel frei- willig, nicht standardisiert und ungeprüft erfolgt. Mit anderen Worten: Die Kosten für das Aussenden falscher Signale sind gering. Eine ähnliche Überlegung gilt für die offengelegten Präferenzen von Investoren anhand ihrer Portfoliobestände. Erstens können Entscheidungen über die Ver- mögensallokation von einer Reihe ande- rer Faktoren als vom Engagement der Anleger für Nachhaltigkeit beeinflusst werden. Zweitens ist der Besitz nach- haltiger Unternehmen an sich nicht teuer, wenn man die Risiko- und Ren- diteerwartungen konstant hält. Um Investoren zu identifizieren, die sich wirklich für Nachhaltigkeit engagieren, braucht es ein teures und damit glaub- würdiges Signal. Die Teilnahme an gemein- schaftlichen, den sogenannten kollaborati- ven Engagements ist ein solches Signal des Engagements, da es mit erheblichem Auf- wand und Verantwortung verbunden ist, wie Dimson, Karakas und Li 2021 in ihrem Working Paper „Coordinated Engagements“ festhielten. Die vier Autoren bezeichnen jene führen- den Institutionen, die in einem bestimmten Jahr ein kollaboratives Engagement anfüh- ren und damit koordinieren, als Leader. Um sicherzustellen, dass es sich nicht um ein einmaliges Signal handelt, müssen die Lea- der auch mindestens ein weiteres kollabora- tives Engagement in einem bestimmten Jahr unterstützen. Eine Unterstützung dieser Definition der Leader erfolgt dadurch, dass sich solche Investoren auch durch andere Formen des verantwortungsvollen Engage- ments auszeichnen, etwa indem sie Aktio- närsanträge mit sozialen und ökologischen Belangen für die Hauptversammlungen ein- reichen und für sie stimmen. Oder sie en- gagieren sich auch außerhalb der PRI-Welt für entsprechende Anliegen. Wer die Leader sind Die verbleibenden institutionellen Anle- ger werden in zwei Gruppen unterteilt: Non-Leader und konventionelle Investoren. Erstere sind Institutionen, die sich nicht als Leader qualifizieren, aber dennoch Unter- zeichner der Principles for Responsible Investment sind. Letztere sind alle übrigen Investoren. Zu Beginn des Stichprobenzeit- raums im Jahr 2010 stufen die Autoren 26 Investoren als Leader ein. Diese Zahl steigt allmählich an und erreicht im letzten Stich- probenjahr 2019 etwa das Vierfache – exakt 109 Investoren. Die gewählte Definition erweist sich als sehr beständig, da fast 95 Prozent der Leader ihre Klassifizierung als solche Jahr für Jahr beibehalten. Im Jahr 2019 hielten die Leader zusammen 3,5 Bil- lionen US-Dollar an börsennotierten Aktien und damit 15,1 Prozent der gesamten von PRI-Unterzeichnern gehaltenen Aktien. Wenig überraschend kommen die meisten Leader aus Europa oder Nordamerika, In- vestoren aus anderen Regionen qualifizieren sich nur selten. Während des Untersu- chungszeitraums von 2009 bis 2019 sind die Anzahl der Leader und deren Assets un- der Management steil angestiegen, was auf die zunehmende Verbreitung von koordi- niertem ESG-Engagement zurückzuführen ist. Der durchschnittliche Aktienbesitz von Leadern an den Zielunternehmen stieg von nur 2,2 auf 2,9 Prozent 2019 an (siehe Gra- fiken „Leader unter der Lupe“). Die Tabelle „Kleine, feine Unterschiede“ zeigt zusammenfassende Statistiken für institutionelle Anleger, die die PRI unter- zeichnet haben, getrennt nach Leadern und Nicht-Leadern. Im Vergleich zu anderen PRI-Unterzeichnern sind die Leader im Durchschnitt kleiner. Der Median der ver- walteten Vermögen ist jedoch größer, was darauf hindeutet, dass die größten institutio- nellen Anleger nur selten die Voraussetzun- gen für die Definition der Leader erfüllen. Dies steht im Einklang mit großen Investo- ren, die Firmen individuell ansprechen. Der durchschnittliche Leader trat den PRI im » Ein steigender Anteil der Leader am Aktienkapital geht mit höheren Nachhaltigkeits-Scores einher. « Dr. Simon Gloßner, Postdoctoral Research Associate in Finance an der University of Virginia Darden School of Business Kleine, feine Unterschiede Leader unter den PRI-Unterzeichnern sind im Schnitt kleiner, aber länger dabei. Variable Leader PRI Non-Leader EIGENSCHAFTEN DER PRI-UNTERZEICHNER Durchschnitt der Assets under Management (Mrd. USD) 28,38 37,97 Median der Assets under Management (Mrd. USD) 10,03 2,12 Beitrittsjahr (Durchschnitt) 2009 2011 Kumulierte Investorenjahre 637 3.792 WOHER DIE UNTERZEICHNER STAMMEN Afrika 0 % 5 % Asien 5 % 6 % Europa 67 % 51 % Lateinamerika 0 % 3 % Nordamerika 24 % 28 % Ozeanien 3 % 7 % UNTERZEICHNER-KATEGORIE Asset Owner 18 % 14 % Investment Manager 82 % 86 % Der Median der verwalteten Vermögen der Leader unter den PRI-Unterzeichnern ist jedoch größer als jener der Nicht-Leader. Das deutet darauf hin, dass die größten institutionellen Anleger nur selten die Voraussetzungen für die Definition eines Leaders erfüllen. In Europa ist die Leader-Dichte am höchsten. Quelle: PRI-Netzwerk 110 N o. 2/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | E SG- I NVE S TMENT FOTO: © VIRGINIA DARDEN SCHOOL OF BUSINESS

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