Institutional Money, Ausgabe 1 | 2022

mer noch reichlich Unternehmen, die Kapi- talbedarf haben. Denken Sie an anstehende Nachfolgelösungen im Mittelstand, das erforderliche Wachstum vieler KMU und das ganze Thema Sustainable Finance. Wir stehen mitten in einem gewaltigen Trans- formationsprozess. Dafür benötigen Unter- nehmen enorme Mengen an Kapital. Robuste Unternehmen müssen ihr Kapital erhöhen, und dazu ist privates Kapital erfor- derlich. Insgesamt sehen wir einen gesun- den Markt. Wie sieht es aus mit den erwarteten Ren- diten? Sind die inzwischen gefallen? Ulrike Hinrichs: Nein, die Renditen in PE sind stabil. Es gibt Erfassungen zu den Netto- renditen der weltweiten LPs. Diese lagen bei der Mehrheit zwischen 11 und 15 Pro- zent. Bei etwa einem Fünftel der Unterneh- men sind es sogar 16 Prozent und mehr; das zeigt das Coller Capital Global Private Equity Barometer. Wir haben in PE also robuste Renditen. Worauf sollten Investoren bei PE-Invest- ments mehr Augenmerk legen, um auch künftig gut aufgestellt zu sein? Ulrike Hinrichs: Sie sollten darauf achten, ihre Portfolios zu diversifizieren – hinsichtlich der Branchen, aber natürlich auch verteilt auf PE und VC. Bei der Branchenauswahl sollten sie insbesondere auf Zukunftsbran- chen setzen, z. B. auf Gesundheit, Digitali- sierung, Software oder Life Sciences. Inves- toren, die noch wenig PE-Erfahrung haben, sind mit einem erfahrenen PE-Fonds oder Dachfonds gut beraten, denn diese setzen auf Firmen aus solchen Zukunftsbranchen. Die großen Investoren, die schon länger in PE investieren, können das im Allgemeinen sehr gut. Die sollten sich dazu entschließen, sich auch an VC heranzuwagen. Die Rendi- ten liegen hier im historischen Mittel zwar etwas unter denen in PE, aber es gibt hin- reichend Beispiele, dass sich das in Zukunft ändern kann; denken Sie etwa an Biontech und den ganzen Life-Sciences-Bereich. Fonds, die auf VC spezialisiert sind, streuen ebenfalls breit, und wir sehen, dass sie Ren- diten erwirtschaften, die an die von PE her- anreichen und diese teilweise übertreffen. Insgesamt beobachten wir, dass sich VC zu einer sehr attraktiven Anlageklasse ent- wickelt. Da steckt viel Innovationskraft drin. Trotz des gestiegenen Interesses an PE scheinen große Finanzierungsrunden ohne ausländisches Geld nicht zu laufen. Woran hakt es in Europa? Ulrike Hinrichs: In Deutschland gibt es noch zu wenige Primärinvestoren, die in PE und VC investieren. Daher sind die europäi- schen Fonds auf ausländische Investoren angewiesen. Die deutschen Versicherer in- vestieren nur einen relativ kleinen Anteil ihrer Portfolios in PE. Das ist erstaunlich angesichts der stabilen und guten Renditen. Der Grund liegt meines Erachtens darin, dass sie jahrelang angehalten wurden, sehr konservativ zu investieren. Hier besteht noch Nachhol- und Aufklärungsbedarf. Natürlich hat PE ein anderes Risiko als eine Bundesanleihe, aber die Renditen unter- scheiden sich ja auch. Außerdem sind hier- zulande die meisten Kapitalsammelstellen relativ klein, verglichen mit denen im Aus- land. In den USA und in Skandinavien ist das Altersvorsorgesystem anders aufgebaut – so haben wir in Deutschland und Öster- reich kein kapitalgedecktes System. Daher können US-Investoren ganz andere Sum- men investieren. Vielleicht muss unsere Branche auch den gesellschaftlichen Wert, den PE zurückgibt, stärker bei den institu- tionellen Investoren kommunizieren. Bisher halten sich institutionelle Investoren bei Risikokapital eher zurück und bevorzu- gen PE-Investments. Was sehen Sie als den besten Weg an, dass Institutionelle den Venture-Capital-Schatz heben können? Ulrike Hinrichs: Hier hat sich in der letzten Legislaturperiode bereits einiges getan. So wurde auch auf unsere Initiative hin der » Bei der Branchenauswahl sollten Investoren insbesondere auf Zukunftsbranchen setzen, etwa auf Gesundheit, Digitalisierung, Software oder Life Sciences. « Ulrike Hinrichs, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Bundesverbands Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK) 80 N o. 1/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | ULR I KE H I NR I CHS | BVK FOTO: © TIM FLAVOR

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