Institutional Money, Ausgabe 1 | 2022

dass Morningstar sich damals geweigert hat, den Fonds als globalen Aktienfonds zu klassifizieren. Und wie sind Sie heute aufgestellt? Richard Bernstein: Unser globales Portfolio hat sich sehr stark verändert. Wir investie- ren zurzeit nur noch zu gut 50 Prozent in US-Aktien, was einer neutralen Gewichtung entspricht. Etwas übergewichtet sind wir in Industrieländern außerhalb der USA. Und den Anteil der Schwellenländer haben wir von damals null auf heute etwa 13 Prozent verändert. Wir bevorzugen zudem Value- Werte deutlich gegenüber Wachstumsaktien – ganz einfach weil wir davon überzeugt sind, dass zyklische Investments sich in naher Zukunft besser entwickeln werden als der Growth-Sektor. Damit folgen wir im Grunde einer vielleicht simpel wirkenden, aber gut funktionierenden Regel. Die was genau besagt? Richard Bernstein: Diese Regel besagt, dass man in Zeiten, in denen sich die Gewinn- zyklen beschleunigen, den Schwerpunkt auf zyklische Werte legen sollte. Wenn gewissermaßen alle Unternehmen wachsen, sollte man daher werthaltigen Investments den Vorzug geben gegenüber wachstums- orientierten Aktien. Wenn alles wächst, sollte man sich Wachstum möglichst preis- wert einkaufen. Das ist einer der Gründe, warum wir über das aktuelle Anlageverhal- ten zahlreicher Marktteilnehmer durchaus besorgt sind. Inwiefern? Richard Bernstein: Trotz der jüngsten Korrek- tur im Zuge der Ukraine-Krise sind viele Investoren offenbar immer noch bereit, in Wachstumsaktien zu investieren. Dafür sprechen die starken Erholungsbewegun- gen, die am Markt während der Krise zu beobachten waren. Und das obwohl es eigentlich keinen Sinn macht, einen hohen Multiplikator für Wachstum zu bezahlen, wenn der gesamte S&P 500 Index ein Gewinnwachstum von 40 oder 50 Prozent verzeichnet. Das ist typischerweise eines der Anzeichen für eine ausgeprägte Blase. Das war dann wohl auch einer der Gründe, weshalb Ihr Deputy Chief Investment Officer Dan Suzuki vor Kurzem die Frage aufgeworfen hat, ob die Blase sich tatsäch- lich schon genügend entleert hat, richtig? Richard Bernstein: Das ist korrekt. Er hat dabei nicht ohne Grund darauf hingewiesen, dass viele Investoren davon ausgehen, die Blase, die sich über eine sehr lange Zeit aufgebaut hat, sei bereits geplatzt, immerhin habe sich der Ausverkauf von überbewerteten Aktien schon vor den Entwicklungen in der Ukraine ausgeweitet und beschleunigt. Diese Annah- me ist insofern verständlich, als sich die breiten technologieorientierten Indizes be- reits weit im Korrekturbereich befanden. Wer genau hinschaut, erkennt, dass sich gut 70 Prozent der Technologiewerte bereits in einem Bärenmarkt befinden, fast ein Drittel ist gegenüber seinen Höchstständen um mehr als 50 Prozent gefallen. Noch vor ein paar Monaten überschlugen sich viele Anle- ger, um bei einem Stand von 16.000 Punk- ten immer noch mehr Geld in den Nasdaq 100 Index zu investieren. Da der Index nun bereits unterhalb von 13.000 Punkten gehan- delt wird, mag es vielleicht nicht verwun- dern, dass dies für einige Marktteilnehmer wie eine Kaufgelegenheit aussieht. Die Ge- schichte zeigt uns aber, dass es vielleicht noch zu früh ist. Worauf spielen Sie an? Richard Bernstein: Auf die Zeit nach dem Höhepunkt der Technologieblase im März 2000, die meiner Ansicht nach eine Reihe erstaunlicher Parallelen zur heutigen Situa- tion aufweist. Damals drängte die Kombi- nation aus einem Höhepunkt des Wachs- tums und einer Verknappung von Liquidität die Technologiewerte rasch in einen aus- geprägten Bärenmarkt. Innerhalb von nur » Die Zeit nach dem Höhepunkt der Technologieblase im März 2000 weist meiner Ansicht nach eine Reihe erstaunlicher Parallelen zur heutigen Situation auf. « Richard Bernstein, CEO von RBA 72 N o. 1/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | R I CHARD B ERNS T E I N | R I CHARD B ERNS T E I N ADV I SORS FOTO: © GARY SPECTOR

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