Institutional Money, Ausgabe 1 | 2022

Ende lediglich als Rauschen oder Lärm innerhalb des allgemeinen Marktgeschehens herausstellt. Vor inzwischen 21 Jahren habe ich zu genau diesem Thema meine Gedan- ken und Erfahrungen in meinem Buch mit dem Titel „Navigate the Noise“ zusammen- gefasst. Und manchmal erscheint es mir heute aktueller als jemals zuvor. Wie meinen Sie das? Richard Bernstein: Ich habe schon damals argumentiert, dass der beste Weg zu einem erfolgreichen Investieren darin besteht, einen disziplinierten Prozess einzuhalten und nicht auf alles zu reagieren, was in der Welt vor sich geht. Und das ist es, was wir seit Langem tun. Wir sind zwar Makro- Investoren, aber wir arbeiten mit einer sehr stark formalisierten Disziplin. Wir sind allerdings keine Hardcore-Quants, die aus- schließlich ihrem Modell folgen. Wir kom- binieren zwar ein bewusst aktives Manage- ment mit einer Vielzahl quantitativer Tools. Aber wir legen immer ein aktives Manage- ment über unsere quantitativen Werkzeuge, weil wir aus Erfahrung genau wissen, dass es Zeiten gibt, in denen quantitative Mo- delle gut funktionieren, aber dass es genau- so gut Phasen gibt, in denen sie eben nicht funktionieren. Wie versteht sich Ihr Unternehmen denn bei der Frage nach Value oder Growth? Richard Bernstein: Wir betrachten uns eher als ein Chamäleon, das seine Farbe der jewei- ligen Umgebung anpasst. Daher wird es immer Zeiten geben, in denen unsere Port- folios sehr stark wachstumsorientiert sind, aber eben auch Zeiten, in denen sie bewusst wertorientiert aufgestellt sind. Das gilt aber über Ihre Frage hinaus auch für die regio- nale Aufstellung unserer Investments. Las- sen Sie mich mit einem Rückblick in die Anfänge unseres Unternehmens erläutern, dass wir zeitweise durchaus konträr zu anderen Investoren agieren. Als wir 2009 begonnen haben, war es von der allge- meinen Marktstimmung her wenig populär, in den USA investiert zu sein. Die Vereinig- ten Staaten hatten eine Phase durchlaufen, die man als das verlorene Jahrzehnt bezeichnet. Und US-Aktien hatten zehn Jahre lang so gut wie nicht zugelegt, des- halb wollte hier niemand investieren, und es hieß, wer Wachstum wolle, müsse sich in den Schwellenländern engagieren. Wir haben damals dennoch etwa 75 bis 80 Pro- zent unseres globalen Aktienfonds in US- Werte investiert. Der Anteil war so groß, » Wir betrachten uns als ein Chamäleon, das seine Farbe der jeweiligen Umgebung anpasst. « Richard Bernstein, CEO von RBA Ausgewiesener Makro-Stratege Richard Bernstein , Gründer und CEO der 2009 in New York gegründeten Fondsgesell- schaft Richard Bernstein Advisors, ist in der Branche ein weithin anerkannter Makro- Investor. Er blickt auf 40 Jahre Erfahrung zurück, mehr als die Hälfte davon (1988 bis 2009) war er als Chef-Investmentstratege für das US-Haus Merrill Lynch tätig. Als vielbeachteter Experte für Aktien, Investmentstile und Asset Allocation wurde Bernstein ganze 18 Mal in das jährliche „All-America Research Team“ der US-Fachzeitschrift „Institutional Investor“ gewählt und schließlich in deren „Hall of Fame“ aufgenom- men. Sein Buch „Style Investing: Unique Insight into Equity Manage- ment“ gilt als so etwas wie ein Wegweiser über stil- orientierte Anlagestrategien. Bekannter geworden ist allerdings sein bereits im Jahr 2000 erschienenes Buch „Navigate the Noise: Investing in the New Age of Media and Hype“, das bis heute kaum etwas an Aktualität eingebüßt hat. Die von ihm gegrün- dete Investmentgesellschaft verwaltet heute ein Gesamtvermögen von knapp 16 Milliarden US-Dollar für private und institutionelle Kunden und beschäftigt 32 Mitarbeiter, darunter neun Investmentspezialisten. Seit Mitte vergangenen Jahres bietet sein Haus in Kooperation mit dem in Paris ansässigen Asset-Management- Netzwerk iM Global Partner auch in Europa zwei Fondsstrategien an. 70 N o. 1/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | R I CHARD B ERNS T E I N | R I CHARD B ERNS T E I N ADV I SORS FOTO: © GARY SPECTOR

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