Institutional Money, Ausgabe 1 | 2022

wie der Korrelation, den Rendite-Risiko- Eigenschaften und der wirklichen Diversifi- kation seiner Investments. Wir achten zu- dem darauf, dass sein Portfolio keine Klum- penrisiken ausbildet, natürlich ohne dabei die Gebührenseite und die Liquiditätseigen- schaften der dazu passenden ETFs zu ver- nachlässigen. Aber das behaupten andere Multi-Asset- Manager doch auch. Worin unterscheidet sich Ihre Herangehensweise wirklich? Richard Bernstein: Zunächst vielleicht ein Wort darüber, wo wir uns nicht unterschei- den. Auch wir treffen unsere Entscheidun- gen auf der Grundlage von makrostrategi- schen Analysen. Aber als ich 2009 meinen Job als Chef-Investmentstratege von Merrill Lynch an den Nagel gehängt habe, um meine eigene Investmentfirma zu gründen, geschah das, weil ich etwas anders machen wollte als die meisten Wettbewerber. Die meisten Makro-Strategen konzentrieren sich mit ihren Allokationsstrategien auf Variab- len rund um das BIP in den verschiedenen Regionen dieser Welt. Unsere Forschungs- arbeiten, die bis in die frühen 1990er-Jahre zurückreichen, zeigen aber, dass es nicht das BIP ist, das die Aktienmärkte tatsäch- lich antreibt. Es ist vielmehr die Entwick- lung der Unternehmensgewinne, die Wohl und Wehe eines Aktienengagements be- stimmt. Anders als die meisten Makro-Stra- tegen folgen wir deshalb nicht den Wirt- schaftszyklen, sondern vielmehr den Ge- winnzyklen. Was zudem aus meiner Sicht viel stärker den Kern dessen trifft, was es eigentlich bedeutet, Aktienbesitzer zu sein. Was meinen Sie damit genau? Richard Bernstein: Viele Investoren vergessen nur allzu leicht, dass sie durch den Kauf von Aktien eines Unternehmens zu einem Teileigentümer dieses Unternehmens wer- den. Als Teileigentümer des Unternehmens interessiert mich jedoch vor allem eines: die Rentabilität des Unternehmens, an dem ich einen Anteil halte. Das BIP ist mir im Prin- zip egal, auch wenn es sich natürlich auf die Rentabilität von einzelnen Unternehmen auswirken kann. Letztlich aber sind es immer die Unternehmensgewinne, die die Zyklen von Stil, Größe, Land oder Sonsti- gem bestimmen. Deshalb stehen für uns die Gewinnzyklen nach Branchen, Regionen, Ländern und so weiter absolut im Vorder- grund. Ein weiterer Aspekt, der uns vom Wettbewerb unterscheidet: Wir sind nicht ereignisorientiert. Auch das müssten Sie ein wenig erläutern. Richard Bernstein: Die meisten makroökono- misch orientierten Asset-Allocation-Mana- ger sind sehr stark auf bestimmte Ereignisse und deren mögliche Auswirkungen konzen- triert. Sie stellen sich permanent Fragen, um zu ergründen, welche Auswirkungen sich aus bestimmten Ereignissen ergeben werden. Aktuell sind es vor allem Fragen zur künfti- gen Zinspolitik der Notenbanken oder auch welche Auswirkungen die mehr als tragi- sche Entwicklung der kriegerischen Ausei- nandersetzung zwischen Russland und der Ukraine haben werden. Aus meiner eigenen Erfahrung weiß ich allerdings, dass es für ein professionelles Investieren nicht darum geht, möglichst alles zu wissen oder zu prognostizieren, was in der Welt geschieht. Der entscheidende Punkt ist vielmehr, her- auszufiltern, was wirklich investmentrele- vante Entwicklungen sind und was sich am » Aus meiner eigenen Erfahrung weiß ich, dass es für ein professionelles Investieren nicht darum geht, möglichst alles zu wissen oder zu prognostizieren, was in der Welt geschieht. « Richard Bernstein, CEO von RBA 68 N o. 1/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | R I CHARD B ERNS T E I N | R I CHARD B ERNS T E I N ADV I SORS FOTO: © GARY SPECTOR

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