Institutional Money, Ausgabe 1 | 2022

wusst hätte, wem er da eigentlich die Rechte verkauft, hätte er wahrscheinlich einen höhe- ren Preis verlangt. Denn obwohl wir insge- samt erst rund 16 Milliarden US-Dollar an für unsere Kunden verwalteten Assets ma- nagen, gehören wir zu den zehn größten ETF-Investoren in den Vereinigten Staaten. Wobei die Idee, ein Portfolio aus passiv gemanagten ETFs zusammenzustellen, ja eigentlich nicht wirklich innovativ ist. Das machen selbst einige Berater für ihre insti- tutionellen Kunden. Richard Bernstein: Als wir damit begonnen haben, war es schon eine relativ neue Idee der Portfoliozusammenstellung. Zudem un- terscheiden wir uns durchaus von einem Berater, der seinen Kunden – oft übrigens nur mit dem Argument geringerer Kosten – empfiehlt, eher auf passive als auf aktive Fonds zu setzen. Schließlich ist es nicht damit getan, lediglich die Entscheidung pas- siv statt aktiv zu treffen. Zum einen geht es darum, welchen Index man kauft und wann man ihn kauft. Ein Investor, der 1999 einen ETF auf den Nasdaq-Index erworben hat und dachte, er sei damit auf der sicheren Seite, wenn er seinen ETF nur lange genug hält, hat ganze 14 Jahre warten müssen, bis er mit seinem Investment die Gewinnzone erreicht hat. Ganz zu schweigen von den Opportunitätskosten, die angefallen sind, weil der Anleger kaum über andere Länder, Regionen und Branchen diversifiziert war. Muss man das als Kritik auffassen an einem Berater, der sich sozusagen selbst zum Fondsmanager macht, indem er Allokations- entscheidungen für seinen Kunden trifft? Richard Bernstein: Viele scheinen es für keine gute Idee zu halten. Sonst würden sie nicht unsere Dienstleistung nutzen, statt sozusa- gen selbst Hand anzulegen. Mit Sicherheit auch, weil sie verstanden haben, dass es bei Weitem nicht ausreicht, einen oder mehrere ETFs für seine Kunden auszusuchen oder ihm von Zeit zu Zeit die Empfehlung zu geben, sein Portfolio von Growth auf Value oder von Large Caps auf Small und Mid Caps umzustellen. Darin besteht kein Mehr- wert für seine Kunden, das könnte genauso gut ein Robo-Berater erledigen. Ein Investor erwartet vielmehr, dass sein Berater über- greifende Aspekte berücksichtigt, das Gesamtportfolio im Blick behält und neue Investmentideen einbringt. Das ist einer der Gründe, warum Berater auf uns setzen, wenn es um die konkrete Realisierung einer bestimmten Investmentstrategie geht. Was machen Sie denn tatsächlich so anders bei der Auswahl von ETFs? Richard Bernstein: Wenn es einem Investor zum Beispiel darum geht, seine Gewichtung in europäischen Aktien zu erhöhen, dann wird er in der Regel nach dem preiswer- testen und liquidesten Produkt suchen. Mit unserer Strategie gehen wir erheblich weiter. In unserem Prozess durchleuchten wir den jeweiligen ETF sehr viel tiefer. Was genau meinen Sie mit durchleuchten? Richard Bernstein: Wenn ein Anleger sein aus ETFs zusammengestelltes Portfolio betrach- tet, dann sieht er in der Regel lediglich, dass sich vielleicht zehn oder mehr Fonds darin befinden. Für uns ist es so, dass wir Tau- sende unterschiedliche Wertpapiere sehen. Denn wir laden die tatsächlichen Bestände der einzelnen ETFs in unsere Risikomodelle hinein, um erkennen zu können, welche Auswirkungen sich durch das Investment in einen bestimmten ETF auf das Gesamtport- folio des Kunden ergeben, und zwar unter dem Blickwinkel bestimmter Kennzahlen » Es reicht nicht, einem Kunden von Zeit zu Zeit zu empfehlen, sein Portfolio von Growth auf Value umzustellen. « Richard Bernstein, CEO von RBA 66 N o. 1/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | R I CHARD B ERNS T E I N | R I CHARD B ERNS T E I N ADV I SORS FOTO: © GARY SPECTOR

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