Institutional Money, Ausgabe 1 | 2022

akzeptiert. Nehmen Sie als prominentes Beispiel die weithin anerkannte Effizienz- markthypothese. Am Ende ist sie unwider- legbar, nur weil ihre finale Definition immer wieder verschoben wird und Belege für Marktineffizienzen vom Tisch gewischt werden mit dem lapidaren Hinweis, dabei handle es sich lediglich um versteckte Risi- kofaktoren. Das ist nur einer der Gründe, warum ein Investor eine Reihe von Fragen stellen sollte, bevor er sich dem Anbieter eines Faktormodells anvertraut. Wie zum Beispiel? Rob Arnott: Etwa ob es sich bei dem jewei- ligen Faktormodell um einen anpassungs- fähigen oder, besser gesagt, dynamischen Ansatz handelt, der berücksichtigt, dass sich das jeweilige Umfeld jederzeit ändern kann. Denn ein dynamisches Modell bezieht die relative Bewertung des zugrunde liegenden Faktors mit ein. Deshalb sollte man beim Initiator konkret hinterfragen, wie wichtig es ihm erscheint, ob sein Faktor im Ver- gleich zur Vergangenheit heute extrem teuer oder extrem billig geworden ist. In jedem Fall skeptisch werden sollte man als Inves- tor allerdings dann, wenn die Antwort auf die Frage nach der Funktionalität eines Faktors in der Zukunft lediglich lautet: „Un- ser Modell wird schon deshalb auch künftig funktionieren, weil es in der Vergangenheit funktioniert hat.“ Wie sieht denn Ihr Blick nach vorn aus? Mit welchen Erwartungen sind Sie ins laufende Jahr gestartet, und wie hat sich Ihre Erwar- tung inzwischen verändert? Rob Arnott: Wir waren im Grunde schon seit den Tiefständen im April 2020 vergleichs- weise offensiv positioniert und sind erst zum Ende des vierten Quartals 2021 zu einer eher neutralen Allokation übergegan- gen. Diese relativ defensive Aufstellung hat sich am Beginn dieses Jahres durchaus be- währt. Denn unsere globalen Asset-Alloca- tion-Strategien sind trotz der ausgeprägten Schwäche an den Aktienmärkten im bishe- rigen Verlauf nur um etwa zwei Prozent zu- rückgegangen. Erneut hat sich für uns etwas ausgezahlt, was die meisten Anleger immer noch oft verkennen, nämlich dass der Höhe- punkt von Angst und Unsicherheit oft der beste Zeitpunkt zum Einstieg ist. Genauso gilt aber auch: Eine von einem allgemeinen Optimismus geprägte Zeit, wie wir sie noch zu Beginn dieses Jahres erlebt haben, als die überwiegende Mehrheit der Marktbeobach- ter zuversichtlich in Bezug auf die vor uns liegende konjunkturelle Entwicklung war, ist meist der Zeitpunkt, an dem man sich aus dem Markt verabschieden sollte. Ins- besondere in den Schwellenländern nähern wir uns aktuell wieder einem Punkt, der eher nach einem Höhepunkt der Angst aus- sieht. Deshalb dürfte es nicht überraschen, dass wir derzeit in den Schwellenländern eine risikofreudigere Haltung einnehmen, nicht so sehr dagegen in den entwickelten Märkten, die auch nach den jüngsten Kor- rekturen immer noch sehr hoch bewertet sind. Insbesondere der amerikanische Aktien- markt erscheint immer noch vergleichs- weise teuer. Wobei im Moment doch die Entwicklung in der Ukraine alles andere überlagert, nicht nur in Europa, auch in den USA . Rob Arnott: … was natürlich insofern nicht verwundern kann, als es sich um enorme und eventuell sehr weit reichende geopoli- tische oder, besser gesagt, geoökonomische Veränderungen handelt, die wir gerade erle- ben. Russland ist auf dem besten Weg, zu einer Art global geächtetem Paria zu wer- den, was nicht ohne Auswirkungen auf die weltweite Energieversorgung bleiben wird, und zwar nicht nur kurzfristig, sondern auf Jahre hinaus. Nicht zu unterschätzen ist zudem die Beeinträchtigung der weltweiten Versorgung mit Grundnahrungsmitteln wie Weizen und anderen Getreidearten. Die Ukraine und Russland sind immerhin zwei der fünf größten Getreideexporteure der Welt, und nicht ohne Grund wird die Ukrai- ne als die Kornkammer Europas beschrie- ben. Das birgt natürlich enorme Gefahren. » Die Wahrscheinlichkeit, dass die Kursent- wicklung im Tech-Sektor positiv überraschen wird, was für eine anhaltende Outperformance erforderlich wäre, ist ziemlich begrenzt. « Rob Arnott, Research Affiliates 48 N o. 1/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | ROB ERT ARNOT T | RE S EARCH AF F I L I AT E S FOTO: © AXEL KOESTER

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