Institutional Money, Ausgabe 1 | 2022

einzigen Ausweg im massiven Drucken von Geld. Das brachte mich auf die Idee, eine – wenn auch sehr kleine – Shortposition auf den dortigen Aktienmarkt einzugehen. Nur sechs Wochen später war die Währung um das Zehnfache gefallen, gleichzeitig war der Aktienmarkt in lokaler Währung um das 500-Fache gestiegen, was in Dollar gerech- net einem Anstieg um das 50-Fache ent- sprach. Und meine Shortposition war inzwi- schen wertlos. Nur zwei Monate danach ist die Währung noch einmal um das 100-Fa- che gefallen, wodurch der Aktienmarkt praktisch auf null zurückging. So hatte ich am Ende zwar recht behalten, meine Short- Wette war dennoch nicht aufgegangen. Beim Faktor-Investing kommt aber noch ein ganz anderes Problem hinzu. Worauf spielen Sie an? Rob Arnott: Auf die Tatsache, dass qualitative Aspekte wie die Professionalität des Ma- nagements eines Unternehmens oder auch der aktuelle geopolitische Hintergrund un- berücksichtigt bleiben. Obwohl sie von enormer Bedeutung sind, werden sie in der Regel ignoriert, weil sie sich nicht quantifi- zieren lassen. Sie kennen die Redensart, wonach für jemand mit einem Hammer die ganze Welt voller Nägel ist. Dementspre- chend sieht für jemand mit einem Computer alles wie ein Faktor aus. Und für jemanden, der mit Standardstatisti- ken arbeitet, sieht alles wie eine Brownsche Bewegung mit konstanter Drift aus? Rob Arnott: Genauso ist es. Zum Teil ver- dient die Arbeit, die rund um das Faktor- Investment geleistet wird, wirklich Respekt. Wovor ich allerdings keinerlei Respekt ha- be, das ist die bewusste Vernachlässigung von wesentlichen Erscheinungen wie etwa dem Arbitragerisiko oder relativen Bewer- tungsänderungen. Ein Problem ist zudem, dass häufig pures Data Mining als eine Art wissenschaftliche Methode betrachtet wird. Eine wissenschaftliche Methode besteht jedoch darin, eine These aufzustellen und sie anhand von Daten zu überprüfen und zu verifizieren, aber nicht darin, Daten zu sam- meln und dann eine Faktorthese zu erfin- den, um das Vorhandensein dieser Daten zu erklären. Wissenschaft ist vielmehr das Auf- greifen einer Idee und der anschließende Versuch, das Gegenteil zu beweisen. Solche Ansätze aber fehlen fast vollständig in der Finanzwelt. Sie meinen, man gibt sich in der Finanzin- dustrie zu oft mit Ergebnissen zufrieden, die meist nicht wirklich falsifizierbar sind? Rob Arnott: Das Prädikat „unwiderlegbar“ würde in den Naturwissenschaften wie eine vernichtende Kritik an einer Theorie gewer- tet werden. In der Finanzindustrie hingegen werden solche Theorien einfach blindlings Brückenbauer zwischen Theorie und Praxis Robert D. Arnott (Jahrgang 1954), Gründer der Beratungsgesellschaft Research Affiliates im kalifornischen Newport Beach, gilt als der renommierteste Akteur im Bereich des quantitati- ven Investments. Sein Studium der Ökonomie, der angewandten Mathematik und Infor- matik an der University of California hat Arnott summa cum laude abgeschlossen. Nach verschiedenen Stationen in der Finanzbranche gründete Arnott im Jahr 2002 sein eigenes Unternehmen, das heute rund 170 Milliarden US-Dollar für institutionelle Kunden ver- waltet. Die Gesellschaft berät zudem verschiedene Invest- mentmanager, darunter auch die Allianz-Tochter Pimco. Arnott ist Co-Autor des 2008 erschienenen Standardwerks „The Funda- mental Index: A Better Way to Invest“ sowie ver- schiedener weiterer Bücher über Asset Allocation und Aktieninvestments. Außerdem ist er Verfasser von über 130 Aufsätzen in finanzwissen- schaftlichen Journalen. Er gilt als Mitbegründer des „Fundamental- Indexing-Konzepts“, das die Basis für Smart-Beta-Ansätze und Faktorinvestments berei- tet hat. Im August 2018 hat sich Arnott von seinem Pos- ten als CEO von Research Affiliates zurückgezogen, er ist aber als Chairman weiterhin an Bord. » Einige Value-Werte sind nach wie vor so preiswert wie nie zuvor. « Rob Arnott, Research Affiliates 46 N o. 1/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | ROB ERT ARNOT T | RE S EARCH AF F I L I AT E S FOTO: © AXEL KOESTER

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=