Institutional Money, Ausgabe 1 | 2022

D ie Zahl der Neugrün- dungen gemeinnütziger Stiftungen in Deutsch- land ist von 2017 bis 2020 Jahr für Jahr gestiegen. Allein 2020 wurden 712 neue Stiftungen er- richtet. Dieser Trend lässt vermuten, dass das Interesse groß ist, Eigentum und langfristig verantwortliches Han- deln miteinander zu verknüpfen. Das Instrument der Stiftung bietet hier den Vor- teil, dass die Stiftung in ihrer Substanz auf Ewigkeit ausgelegt ist und entsprechend langfristig dem vom Stifter festgelegten Stiftungszweck dienen kann. Forschungsprojekt Doch in der Anwendungspraxis stellte man offenbar Ergänzungsbedarf fest. Daher wurde 2013 das Rechtsvehikel der gemein- nützigen GmbH (gGmbH) eingeführt, eine Kapitalgesellschaft, deren Erträge für ge- meinnützige Zwecke zu verwenden sind und die steuerliche Privilegien genießt. Unlängst schlug die Stiftung Verantwor- tungseigentum die Einführung eines weite- ren Rechtsinstruments vor und erarbeitete dazu einen Gesetzentwurf. Die Grundidee besteht dabei darin, einen Rechtsrahmen für Unternehmen mit einem treuhänderischen Unternehmensverständnis zu schaffen. Danach sollen sich Unternehmer als Treuhänder verstehen, die das Unterneh- men zwar leiten und entwickeln, es aber nicht als persönliches Vermögen, son- dern für die nächste Generation halten. Die Ideengeber stellten das Instrument unter dem Arbeitstitel „Gesellschaft für Verantwortungseigentum“ im Sommer 2020 auf einer rechtswissenschaftlichen Konferenz vor. Nach kritischer Diskus- sion und einer Überarbeitung des Ent- wurfs wurde der Arbeitstitel geändert und lautet jetzt „GmbH mit gebunde- nem Vermögen (GmbH-gebV)“. Hier die wichtigsten Merkmale: • Festlegung eines erwerbswirtschaftlichen oder gemeinnützigen Gesellschafts- zwecks • Kein Zugriff auf den Unternehmens- gewinn und das gebundene Vermögen durch den Unternehmer • Keine Anteilsveräußerung über Nominalwert • Verhinderung der Privatisierung des Liquidationserlöses • Governance-Mechanismen: Ein externer Wirtschaftsprüfer prüft die Beachtung der Vermögensbindung. • Im Fall einer Liquidation kann das gebundene Vermögen nicht von den Gesellschaftern vereinnahmt werden, sondern ist einer gemeinnützigen Einrichtung oder einer anderen GmbH-gebV auszukehren. Gewollt ist bei dem vorgeschlagenen Ve- hikel die langfristige Auslegung des Unter- nehmens über Generationen hinweg. Dass der Gesellschafter keine Ansprüche auf Gewinnausschüttung und Liquidationserlös hat, wird als Erleichterung gesehen: „Dies soll Unternehmen vom Druck kurzfristiger Gewinnmaximierung im Interesse ihrer Gesellschafter befreien und dadurch nach- haltiges, zweckorientiertes Wirtschaften, beispielsweise auch im Interesse der Mitar- beitenden und der Umwelt, ermöglichen.“ Fähigkeiten- und Wertefamilie In einer GmbH-gebV sollen Werte gelebt werden: „Gesellschaftsanteile und damit die Verantwortung für das Unternehmen wer- den innerhalb einer engen Gemeinschaft der Gesellschafter weitergegeben“, heißt es. Die Initiatoren sprechen von einer „Fähigkeiten- und Wertefamilie“ und davon, dass die Nachfolger das Unternehmen im Sinne der Gründer weiterführen sollen. Dennoch ließe sich der Unternehmens- zweck kontinuierlich weiterentwickeln, „wie es das sich ständig wandelnde Wirtschaftsleben erfordert“, meinen die Ideengeber. Insofern herrsche in der GmbH-gebV nicht die „tote Hand“ der Gründergeneration, sondern die „leben- dige Hand“ der Gesellschafter. Es stellt sich die Frage, worin die Motivation für unternehmerisches Han- deln liegt, wenn keine Aussicht auf öko- Die Arbeitsgruppe „Verantwortungseigentum“ möchte mit der „Gesellschaft mit gebundenem Vermögen“ eine geeignetere Rechtsform für nachhaltiges Unternehmertum schaffen, die Eigenschaften von Kapital- gesellschaften und Stiftungen kombiniert. Kritiker meinen, dass man diese Innovation nicht benötigt. » Die Vermögensbindungsklausel stellt eine erhebliche Begrenzung der Privatautonomie dar. « Martin Maurer, Rechtsanwalt und Steuerberater bei Baker Tilly, Stuttgart Die gute GmbH Die Vordenker der GmbH-gebV Das sind die Macher des Konzepts. Der Rechtsformentwurf wurde vorgelegt durch: • Prof. Dr. Anne Sanders, M. Jur. (Universität Bielefeld) • Prof. Dr. Rüdiger Veil (Ludwig-Maximilians-Universität München) • Prof. Dr. Dr. h.c. Barbara Dauner-Lieb (Universität zu Köln) • Dr. Arne von Freeden, LL.M. (Flick Gocke Schaumburg) • Prof. Dr. Simon Kempny, LL.M. (Universität Bielefeld) • Prof. Dr. Florian Möslein (Philipps-Universität Marburg) Initiiert und unterstützt wird das Vorhaben durch die Stiftung Verantwortungseigentum. Quelle: Stiftung Verantwortungseigentum 278 N o. 1/2022 | www.institutional-money.com S T E U E R & R E C H T | GGE B VERMÖGEN FOTO: © BAKER TILLY, BIRGIT REITZ-HOFMANN | STOCK.ADOBE.COM

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