Institutional Money, Ausgabe 1 | 2022

ßen, wenngleich das meist zulasten der CO 2 -Bilanz geht.“ Die Immobilienbranche sei über die EPBD weder erschrocken noch von ihr überrascht. Schließlich sei das Thema Nachhaltigkeit nicht neu, und die Branche beschäftige sich schon länger mit Nachhal- tigkeitszertifikaten und Energienachweisen. „In der Due Diligence bei Transaktionen ist die Analyse von Umweltkriterien schon lang etabliert. Im Prinzip beschäftigen wir uns seit Jahren damit, wie wir vor dem Hin- tergrund der ESG-Thematik unseren Immo- bilienbestand einzuordnen haben und ver- bessern können. Die Offenlegungsverord- nung der EU und die Taxonomie haben zuletzt den Druck bei diesen Themen aber noch deutlich erhöht.“ Vereinheitlichung tut not Akuter Handlungsdruck ergebe sich durch die EPBD für sein Unternehmen nicht, da man keine Immobilien der Effi- zienzklasse G betreue, für die man zeitnah ein Vermietungsverbot fürchten müsse. „Aber wir gehen davon aus, dass das erst der Anfang ist und die Regelungen weiter angezogen werden.“ Er begrüßt, dass die Energiezertifikate innerhalb der EU verein- heitlicht werden sollen. „Die Berechnungs- methoden sind zwar überall dieselben, aber Aufbau, Layout und Kennzahlen müssen noch weiter vereinheitlicht werden. Der eine rechnet beispielsweise mit Kilowatt- stunden pro Jahr, der andere mit Kilowatt- stunden pro Quadratmeter und Monat. Das erschwert den internationalen Vergleich, selbst innerhalb der EU.“ Um einen Immobilienbestand vermiet- und veräußerbar zu halten, müsse man sich fortwährend kümmern und ihn laufend verbessern, meint Hafner. Am einfachsten und unkompliziertesten fahre man häufig mit einem Neubau, der technisch leichter umsetzbar, topzertifiziert und im Betrieb energieeffizient ist, aber oft bliebe es Inves- toren auch nicht erspart, eine Revitali- sierung anzugehen. „Wenn Sie ein profes- sioneller Bestandshalter sind, der Res- sourcen und das Know-how im eigenen Haus hat, dann gehört es zum täglichen Geschäft, im eigenen Bestand zu arbeiten“, so Hafner. Im Prinzip sei das nur eine kauf- männische Alternativrechnung. „In der aktuellen Marktphase erwerben Sie jetzt kaum noch eine Core-Immobilie mit mehr als 3,5 oder vier Prozent Anfangsrendite, aber durch gezielte Sanierungsmaßnahmen im Bestand sind langfristig höhere Renditen möglich.“ Unterschiede macht Hafner im Kreis der Investoren aus: Während beispielsweise viele Investoren vor allem auf die Rendite und zunehmend auf die ESG-Standards schauten, hätte bei manchen Family Offices daneben oft auch das Renommee einer Immobilie einen hohen Stellenwert, bei- spielsweise im Bereich historischer Archi- tektur. „Häufig fallen diese Investoren auch nicht unter die Regelungen der SFDR, wie das sonst bei Kapitalmarktteilnehmern der Fall ist“, meint Hafner. „Diese Investoren haben dann natürlich mehr Freiheiten, was ESG-Standards betrifft.“ Bezahlbares Wohnen In eine andere Richtung bewegt sich Benjamin Spieler, Gründer und Geschäfts- führer der SIMGruppe in Jena. Er will nicht nur seinen Bestand sanieren, sondern auch Immobilien mit schlechtem Energiestandard erwerben und sie energetisch sanieren. Die SIMGruppe mit aktuell rund 100 Mitarbei- tern ist Immobilieninvestor und Asset Ma- nager mit Fokus auf Wohnimmobilien in C- und D-Lagen in Deutschland. Das Tätig- keitsfeld reicht von Projektentwicklung über Neubau und Sanierung bis hin zum Ma- nagement von komplexen Wohnungsbestän- den. „Wir besitzen momentan knapp 10.000 Wohneinheiten, hauptsächlich in den neuen Bundesländern“, so Spieler. Den Anteil der Gebäude mit Energieeffizienzklasse G und darunter schätzt er auf zehn bis 20 Prozent. „Hier schauen wir uns an, welche Sanie- rungsmaßnahmen wir einleiten können. Aber auch für Bestände, die nach jetziger Regulierung noch in Ordnung wären, sehen wir teilweise schon heute eine energetische Sanierung vor. Unser Ziel ist, dass wir bis 2030 unser Bestandsportfolio CO 2 -neutral saniert oder neu hergestellt haben und dass wir gleichzeitig bezahlbaren Wohnraum anbieten.“ Hüten sollten sich Investoren davor, nur die regulatorischen Mindestan- forderungen zu erfüllen, meint Spieler. „Mit F haben Sie immer noch einen schlechten Energiestandard, so erreichen wir die Klima- ziele nicht. Wir streben einen CO 2 -neutralen Wohnungsbestand an.“ Er rechnet vor, dass sich solche Sanierun- gen durchaus lohnen, vorausgesetzt, man hat die nötige Expertise: „Wenn wir heute in einer C- oder D-Lage mit Leerstand zu einem Quadratmeterpreis von 500 Euro kaufen und dann für 1.000 bis 1.200 Euro pro Quadratmeter sanieren (Dämmung, Fahrstühle, Heizung etc.), dann haben wir eine sanierte Immobilie, die uns im Schnitt 1.700 Euro pro Quadratmeter gekostet hat. Für den Preis können Sie in der Regel bei den jetzigen Baupreisen nicht neu bauen.“ In den C- oder D-Lagen kann er bereits heute 6,50 Euro Kaltmiete pro Quadrat- meter erzielen, was einem Faktor von 21,8 entspricht. Nach erfolgter Sanierung ist auch eine deutliche höhere Kaltmiete erziel- bar. „Zu diesem Faktor verkaufen Sie heute nicht. Aktuell werden für sanierte Gebäude in C- und D-Lagen Preise aufgerufen, die beim 15- bis 20-fachen der nachhaltig erzielbaren Miete liegen. Wir gehen davon aus, dass die Preise für sanierte Immobilien deutlich steigen werden.“ Ganz anders bei unsanierten Gebäuden. Noch sieht er kein vergrößertes Angebot an Immobilien, die G oder darunter geratet sind, was darauf hindeutet, dass bisher noch nicht viele Bestandshalter die EPBD durch- gearbeitet haben und als Konsequenz den Verkauf bestimmter Immobilien forcieren. „Wir sehen derzeit einen guten Deal Flow, und es sind alle Immobilien handelbar. Aber bisher sind die Objekte, die künftig nicht mehr den Energieanforderungen entspre- chen, nicht en masse auf dem Markt. Künf- tig rechnen wir hier mit mehr Angebot und » Solarfassaden an Gebäuden sind der neueste Trend bei Neubauten oder energetischen Sanierungen. « Hans Wilms, Chef der Solarmanufaktur Antec-Solar aus Thüringen 270 N o. 1/2022 | www.institutional-money.com S T E U E R & R E C H T | IMMO- R I CHT L I N I E

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