Institutional Money, Ausgabe 1 | 2022

Hans Heuser: Bedeutet das auch eine Sprei- zung in Bezug auf die erzielbaren Mieten? Eitel Coridaß: Davon ist auszugehen, zum Teil ist eine Spreizung bei den Mieten nämlich schon jetzt zu beobachten – weniger in den Spitzenlagen von Innenstädten: Dort sind die Mieten mehr oder weniger stabil, wenn nicht sogar steigend. An den oft am Stadt- rand gelegenen Backoffice-Standorten wer- den die erzielbaren Mieterträge allerdings gehörig unter Druck geraten. Ferdinand Haas: Ich nehme an, dass Ihr Urteil nicht ganz so positiv ausfällt, wenn wir über den Einzelhandel sprechen. Stefan Stute: Mein Urteil wird vor allem durchaus differenziert ausfallen. Über die Zukunft der Lebensmitteldiscounter braucht man meiner Ansicht nach nicht viele Worte zu verlieren. Dieses Segment ist verhältnis- mäßig unbeschadet durch die Zeit der Corona-Pandemie gekommen. Das gilt fast in einem ähnlichen Maß auch für das Seg- ment der Fachmarktzentren am Stadtrand, wobei sich hier die Objekte mit einem angegliederten großen Lebensmittelanker oder sonstigen Dienstleistern wohl am besten entwickelt haben. In beiden Fällen wird sich daran auch künftig nicht sehr viel ändern, selbst in Zeiten einer erhöhten Inflation. Hans Heuser: Dann werden Ihre Erwartun- gen für den innerstädtischen Einzelhandel wohl etwas anders ausfallen, wenn Sie eben von „differenziert“ gesprochen haben. Stefan Stute: Das ist schon richtig, denn gerade die Innenstadt leidet natürlich unter den Auswirkungen der Corona-Pandemie sehr viel stärker. Was mit dem Blick nach vorn meiner Erwartung nach weiterhin Be- stand haben wird, das sind die sogenannten Flagship Stores. Die Tendenz von Marken- händlern, sozusagen stärker auf der Fläche präsent zu sein, um das eigene Angebot in dessen Tiefe und Breite zu zeigen, hat es auch schon vor Corona gegeben. Bemer- kenswert ist jedoch in diesem Zusammen- hang, dass mancher Anbieter inzwischen ei- ne Reihe kleinerer Läden geschlossen hat, um auf weniger, dafür aber größere Flächen zu setzen. Das hat dazu geführt, dass es Nicht-Prime-Lagen immer schwerer haben, weil sich die attraktiven Konzepte auf gute, eher sogar 1A-Lagen konzentrieren. Eitel Coridaß: Auffällig ist zudem, dass sich immer häufiger reine Showroom-Konzepte etablieren, die dann meist mit dem haus- eigenen Onlineangebot verbunden werden. Das heißt, im Laden selbst werden oft gar nicht mehr die eigenen Produkte ausgestellt, allenfalls noch Bilder davon, weil man da- von ausgeht, dass die Kunden ihren Bedarf ohnehin via Internetbestellung decken. Ferdinand Haas: Wie geht es weiter in der Innenstadt? Eitel Coridaß: Große Fragezeichen sind mei- nes Erachtens in Bezug auf die weitere Entwicklung der erzielbaren Mieten ange- bracht. Nicht nur deshalb spricht viel dafür, sich bei einem Investment in dieser Asset- klasse genau anzuschauen, wer der Mana- ger hinter dem jeweiligen Konzept ist. Hans Heuser: Warum noch? Eitel Coridaß: In den herausfordernden Zeiten der jüngeren Zeit ist es zu einer Art Zwei- teilung gekommen. Eher traditionelle Manager sind mehr oder weniger bei ihren traditionellen Konzepten geblieben und da- durch in der herausfordernden Zeit der Pan- demie in eine Art Schockstarre verfallen, weil ihnen nichts anderes eingefallen ist, als zu versuchen, den Status quo zu halten. Erfolgreicher gemeistert haben die Zeit dagegen Manager, die proaktiv und sehr viel agiler mit der Situation umgegangen sind. Letzteres gilt aus meiner Sicht aber für nahezu jede Nutzungsart von Immobilien. Wir danken für das Gespräch. HANS HEUSER 260 N o. 1/2022 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R AT E G I E N | CONSULTANT- ROUNDTAB L E | IMMOB I L I EN I NVE S TMENT FOTO: © CORNELIS GOLLHARDT

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