Institutional Money, Ausgabe 1 | 2022

im Moment eigentlich nur jedem Anleger raten, eine solche Inventur möglichst zügig vorzunehmen. Dann erst kann er ein Fazit ziehen, welche Kosten für sein Ist-Portfolio anfallen und wie groß die Lücke sowohl zeitlich wie auch inhaltlich und kostentech- nisch ist, um das Portfolio ESG-fähig auf- zustellen. Das tun aktuell durchaus auch viele Investoren, allerdings werden die ers- ten Ergebnisse in der Breite erst in 18 bis 24 Monaten sichtbar werden. Ferdinand Haas: Wird man sich als Investor denn überhaupt noch dem ESG-Thema ent- ziehen können? Eitel Coridaß: Als regulierter Investor wird es kaum möglich sein, sich dem Thema zu entziehen. Dafür sorgt allein schon die Regulatorik. Deren Ziel ist es ja explizit, Finanzströme quasi im ESG-Sinne zu lenken. Was wir aller- dings schon beobachten: Es wird Marktteilnehmer geben, die sich auf Immobilien spezialisieren, die unter dem Nachhaltigkeitsaspekt mit Pro- blemen konfrontiert sind. Da sind wir im Endeffekt wieder beim Thema Wertschöpfung. Es wird Ansätze ge- ben, die sich zum Ziel setzen, potenzielle Stranded Assets zu erwerben, um daraus wertschöpfende, hochrentierliche Anlage- konzepte zu generieren. Hans Heuser: Zum Beispiel? Eitel Coridaß: In einem arg gebeutelten Sektor wie dem Bereich Shoppingcenter, wo vieles über einen Kamm geschoren wird, kann es durchaus Chancen geben. Wenn es sich um ein gut geplantes Projekt mit stimmigen Grunddaten und aussichtsreichen Vermark- tungsideen handelt, das zudem auch noch in einem attraktiven Einzugsgebiet liegt, dann hat dieses vielleicht nicht verdient, sozusa- gen in Sippenhaft genommen zu werden. Allerdings werden das natürlich ausgesuch- te Einzelfälle sein. Genau das meinte ich aber damit, dass Wertschöpfung und Nach- haltigkeit kein Widerspruch sein müssen. Stefan Stute: Wobei mit entsprechenden Projekten natürlich bestimmte Risiken ver- bunden sind, denen sich keiner entziehen kann, eben weil der Gesetzgeber künftig über die Einhaltung der ESG-Regeln wacht. Einem Shoppingcenterbetreiber etwa, der sich nicht daran hält, droht dann unter Umständen auch schnell einmal eine Ver- fügungseinschränkung seiner Immobilie. Und der Vermieter einer Immobilie, die der Energieklasse H, sprich der schlechtesten Kategorie, entspricht, muss damit rechnen, dass er keine Mieter für sein Objekt findet. Zugegeben, das sind natürlich Worst-Case- Szenarien, die aber dazu führen können, dass eine Immobilie am Ende wertlos wird. Markus Bell: Aus diesem Grund – um auf Ihre Frage zurückzukommen – wird man als Investor künftig gewisserma- ßen an jeder Stelle der Wertschöp- fungskette einer Immobilie mit dem ESG-Thema konfrontiert sein. Ganz gleich, ob es um die Versicherung, die Finanzierung oder den Betrieb einer Immobilie geht, überall wird sich der Investor der Nachhaltigkeitsfrage in Bezug auf seine Investments ausge- setzt sehen. Denn auch Banken oder Versicherungen werden ihre Entschei- dung und ihre Preiskalkulation mit ent- sprechenden Kriterien unterlegen. Wüest Partner Stefan Stute arbeitet seit April 2020 bei Wüest Partner , Anfang dieses Jahres wurde er als Leiter des Standorts Düsseldorf in den Geschäftsführungskreis des Immobilienberatungsunternehmens bestellt. Die Wüest Partner Gruppe mit Hauptsitz in der Schweiz verfügt derzeit über elf Standorte in vier Ländern. Drei hundertprozentige Tochter- gesellschaften in Deutschland, Frankreich und Portugal gehören zu dem Unternehmen, das sich vollständig im Eigentum von aktuell 25 Partnerinnen und Partnern befindet. Insgesamt 300 Experten beraten institutionelle Investoren, Banken, Versicherungen und Unternehmen zu allen Fragen der Immobilienwirtschaft. Ein bedeutender Pfeiler ist dabei die seit 2007 aufgebaute hauseigene Datenbank. » Die Bau- wie auch die Immobilienwirtschaft werden die nächsten Branchen sein, die dekarbonisiert werden müssen. « Stefan Stute, Wüest Partner 256 N o. 1/2022 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R AT E G I E N | CONSULTANT- ROUNDTAB L E | IMMOB I L I EN I NVE S TMENT FOTO: © CORNELIS GOLLHARDT

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