Institutional Money, Ausgabe 1 | 2022

Angesichts solcher Erfahrungen will die Regierungskoalition den jetzt geplanten Topf zweckgebunden für die gesetzliche Rentenversicherung halten und entspre- chend schützen: „Der kapitalgedeckte Teil der gesetzlichen Rente muss für das Kol- lektiv der Beitragszahler dauerhaft eigen- tumsgeschützt sein“, steht im Koalitions- vertrag. Noch keine Leitplanken Bildlich gesprochen ist die Straße der teilkapitalgedeckten gesetzlichen Rente in Deutschland geplant, aber der Straßenver- lauf steht noch nicht genau fest, und Leit- planken gibt es ebenfalls noch nicht. So ist zu klären, wer die Gelder verwaltet und welche Anlagerichtlinien es dafür geben soll. Hier bleibt der Koalitionsvertrag vage: „Wir werden der Deutschen Rentenversi- cherung auch ermöglichen, ihre Reserven am Kapitalmarkt reguliert anzulegen.“ Ein Hinweis, dass das Geld rentierlich angelegt werden könnte, findet sich im Passus über die betriebliche Altersversorgung. Diese soll gestärkt werden, „unter anderem durch die Erlaubnis von Anlagemöglichkeiten mit höheren Renditen“. Womöglich gilt das auch für die Gelder der gesetzlichen Rente. Eine höhere Allokation in höherrentierliche Anla- gen wäre zu begrüßen, zumal der bereits bestehende „Versorgungsfonds des Bundes“ – er dient der Finanzierung der Versor- gungsausgaben für Beamte, Richter und Berufssoldaten – nur zu maximal zehn Pro- zent in Aktien investieren darf, und zwar „im Rahmen eines passiven, indexorientier- ten Managements“. „Sinnvolle Maßnahme“ „Dass auch ein kapitalgedeckter Teil in die gesetzliche Rente in Deutschland ein- geführt wird, halte ich für sehr sinnvoll“, meint Josef Scarfone, Geschäftsführer Deutschland für Skagen Funds. Er kennt sich gut mit den Altersvorsorgemodellen in Skandinavien aus. „In meinen Augen könn- te – ähnlich wie in Norwegen und vor allem Schweden – auch eine staatliche Verwal- tungsstelle hierbei eine Rolle spielen, jedoch sollte der Staat eher kein aktives Stock- picking betreiben, sondern passive Anlage- lösungen bereitstellen. Das Angebot sollte gleichberechtigt ergänzt werden um aktive Fonds und Anlagelösungen von spezialisier- ten Vermögensverwaltern beziehungsweise Fondsgesellschaften, sodass die Beitrags- zahler eine für ihre Bedürfnisse passende Auswahl vornehmen und die verschiedenen Bausteine kombinieren können.“ Preisgestaltung Die Preisgestaltung für die Verwaltung des Topfes könne man regulatorisch vor- geben, ausschlaggebend seien in erster Linie jedoch die Expertise und eine passen- de Infrastruktur, meint Scarfone, und Nach- haltigkeitskriterien seien angesichts der Langfristigkeit eines solchen Konzepts natürlich auch zu berücksichtigen. Eine Vor- stellung von der notwendigen Größenord- nung des Kapitaltopfes hat Scarfone auch: „Ein Grundstock von zehn Milliarden Euro mag für den ersten Testbetrieb gut sein, aber als langfristige Systemergänzung reicht die- ser Betrag bei Weitem nicht aus. Um dem schwedischen Modell nahezukommen, müssten einmalig etwa 200 Milliarden Euro als Kapitalstock zugeführt werden, der dann aus Beitragseinnahmen jährlich um zirka 30 Milliarden Euro aufzustocken ist.“ Politi- scher Wille vorausgesetzt, sei das nicht uto- pisch, wenn man bedenkt, dass der Bundes- zuschuss aktuell bei etwa 100 Milliarden Euro pro Jahr liege, ist Scarfone optimis- tisch. Wer genau hinsieht, findet im Koa- litionsvertrag sogar Hinweise auf einen wei- teren staatlichen Topf, der im Bereich der privaten Altersvorsorge entstehen könnte: „Wir werden das bisherige System der pri- vaten Altersvorsorge grundlegend reformie- ren. Wir werden dazu das Angebot eines öffentlich verantworteten Fonds mit einem effektiven und kostengünstigen Angebot mit Abwahlmöglichkeit prüfen.“ Daneben will die neue Regierung die gesetzliche Anerken- nung privater Anlageprodukte mit höheren Renditen als Riester prüfen. Es stellt sich die Frage, welche Stelle diese staatlichen Töpfe managen könnte. Anja Mikus, Vor- standsvorsitzende des KENFO – Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsor- gung – bringt dafür den KENFO ins Ge- spräch (siehe Interview Seite 222). ANKE DEMBOWSKI Ehe man sich versieht, ist es 2025, und die „doppelte Haltelinie“ gilt nur bis 2025. Insofern ist es weitsichtig, das Thema Rentenpolitik anzugehen und zu überlegen, wie Generationen- gerechtigkeit in der Rentenpolitik langfristig gewahrt werden kann. N o. 1/2022 | www.institutional-money.com 221 P R O D U K T E & S T R AT E G I E N | AKT I ENRENT E DEUT SCHLAND

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