Institutional Money, Ausgabe 1 | 2022

D ie Rente muss verläss- lich und auskömmlich sein, darum sichern wir das Rentenniveau und ergänzen sie um kapitalgedeckte Ele- mente“, steht im Koalitionsvertrag, und dieser Satz stellt eine Zäsur in der zu- letzt auf dem Umlageverfahren basie- renden deutschen Altersvorsorge dar. Theoretiker diskutieren seit Langem über die Vorzüge und Nachteile der kon- kurrierenden Systeme, eine finale Antwort konnte niemand liefern. Grundsätzlich er- scheint es aber sinnvoll, Umlageverfahren mit einem kapitalgedeckten Element zu kombinieren. Bis man so weit ist, müssen allerdings noch etliche Fragen beantwortet werden, sie reichen von „Wie soll das Geld investiert werden?“ bis „Wer wird den Topf managen, und wer überwacht ihn?“. Zunächst die Grundidee: Die jetzt noch geburtenstarken Jahrgänge sollen aus ihrem Steueraufkommen und daraus finanzierten staatlichen Zuschüssen einen Kapitalstock aufbauen. Aus diesem lässt sich später zeh- ren, wenn die Babyboomer-Generation von einer geburtenschwachen Kohorte zu versorgen ist. Insofern werden die künftig Aktiven von der Notwendig- keit allzu stark steigender Beitrags- sätze verschont, sodass die kapital- gedeckte Altersvorsorge einen Bei- trag zur Generationengerechtigkeit darstellt: Die jetzt noch Aktiven bauen selbst einen Puffer auf, um bei der Finanzierung ihrer künftigen Rentenzahlungen mitzuhelfen. Der Koalitionsvertrag 2021 bis 2025 formuliert dazu relativ konkret: Wir werden „zur langfristigen Stabi- lisierung von Rentenniveau und Rentenbeitragssatz in eine teilweise Kapitaldeckung der gesetzlichen Rentenversicherung einsteigen. Die- se teilweise Kapitaldeckung soll als dauerhafter Fonds von einer unabhängigen öffentlich-rechtlichen Stelle professionell verwaltet werden und global anlegen.“ Beginn mit zehn Milliarden Wie hoch das Anfangskapital sein soll, sagt der Koalitionsvertrag auch: Wir werden „in einem ersten Schritt der Deutschen Ren- tenversicherung im Jahr 2022 aus Haus- haltsmitteln einen Kapitalstock von zehn Milliarden Euro zuführen.“ Um einen Größenvergleich zu haben: Die gesamten Ausgaben des Bundes im Jahr 2022 betragen laut Bundesministerium für Finanzen 443 Milliarden Euro. Davon flie- ßen etwa 100 Milliarden Euro Bundeszu- schuss in die gesetzliche Rentenversiche- rung. Derzeit zahlt die Deutsche Rentenver- sicherung zirka 330 Milliarden Euro jähr- lich an die Rentner aus. Der Bundeszu- schuss ist notwendig, um die Bilanz des umlagefinanzierten Systems auszugleichen. Vor diesem Hintergrund scheinen die zehn Milliarden, mit denen man den Kapi- talstock starten will, gut zu stemmen zu sein. Dass dem Kapitalstock künftig weitere Mittel zugeführt werden müssen, versteht sich, denn die Beitragszahler werden weni- ger und die Rentenempfänger mehr. Um aber zunächst die Rahmenbedingungen zu gestalten und den Kapitaltopf einzurichten, muss der Betrag für den Anfang nicht größer sein. Bei staatlichen Kapitaltöpfen schwingt immer die Befürchtung mit, dass er in Zeiten knapper Kassen Be- gehrlichkeiten schafft und dann mit im Staatshaushalt zerrieben wird. Dafür gibt es zahlreiche Beispiele im Ausland (z. B. 2015 in Argentinien), aber auch in Deutschland. Zuletzt kündigte das Bundesland Bremen an, die verbliebene Versorgungsrück- lage von etwa 80 Millionen Euro, die ursprünglich für die Beamtenver- sorgung vorgesehen war, im Doppel- haushalt 2020/2021 zu verbrauchen. Zuvor wurden bereits 2017 Versor- gungsrücklagen der Länder Branden- burg und Rheinland-Pfalz aufgelöst. Die Bundesregierung macht Ernst mit der Einführung der teilweisen Kapitaldeckung der gesetzlichen Rente. Die Basis für den Kapitalstock steht fest, viele Detailfragen sind aber noch zu klären. Für die Vermögensverwaltungsbranche steht aber schon fest, dass hier ein neuer Markteilnehmer entsteht. » Die Einführung einer kapitalgedeck- ten Säule ist sinnvoll, um das Renten- system zukunftsfähig zu machen. « Josef Scarfone, Geschäftsführer Deutschland für Skagen Funds Neuer Marktteilnehmer Der Koalitionsvertrag 2021 bis 2025 Im Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90 / Die Grünen und FDP steht unter dem Punkt „Altersvorsorge“ Folgendes: „Es wird keine Rentenkürzungen und keine Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters geben. Um diese Zusage generationengerecht abzu- sichern, werden wir zur langfristigen Stabilisierung von Rentenniveau und Rentenbeitragssatz in eine teilweise Kapitaldeckung der gesetzlichen Rentenversicherung einsteigen. Diese teilweise Kapitaldeckung soll als dauerhafter Fonds von einer unabhängigen öffentlich-rechtlichen Stelle professionell verwaltet werden und global anlegen. Dazu werden wir in einem ersten Schritt der Deutschen Rentenversiche- rung im Jahr 2022 aus Haushaltsmitteln einen Kapitalstock von 10 Mil- liarden Euro zuführen. Der kapitalgedeckte Teil der gesetzlichen Rente muss für das Kollektiv der Beitragszahler dauerhaft eigentumsgeschützt sein. Wir werden der Deutschen Rentenversicherung auch ermöglichen, ihre Reserven am Kapitalmarkt reguliert anzulegen.“ 220 N o. 1/2022 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R AT E G I E N | AKT I ENRENT E DEUT SCHLAND FOTO: © SKAGEN FUNDS, HYEJIN KANG | STOCK.ADOBE.COM

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