Institutional Money, Ausgabe 1 | 2022

ser Instrumente und die buchhalterische Behandlung, insbesondere nach den Anfor- derungen von IFRS 9, zu bewerten sind. Es ist unwahrscheinlich, dass es eine allgemein gültige Antwort gibt, und dies hat eher zu einem fallweisen Ansatz in unserem Portfoliomanagement geführt“, fasst Hecker zusammen. Eisenegger erachtet hingegen diese Papiere aus dem Blickwinkel der Preisgestaltung nicht als viel komple- xer als bislang am Markt verfügbare Anleihen. Die finanziellen Eckpunkte von Sustainability-Linked Bonds sind seiner Einschätzung nach in der Regel unkompliziert und zum Zeit- punkt der Emission klar definiert. „Es gibt jedoch ein Element erhöhter Komplexität bei der Bewertung des Ehrgeizes der Nach- haltigkeitsziele sowie der Relevanz jegli- cher finanzieller Strafe, die ausgelöst wird, wenn ein Unternehmen diese Ziele nicht erreicht“, merkt Eisenegger an. Greenwashing-Risiko Höhere Flexibilitäten bei den Nachhaltig- keitszielen (SPTs) und den maßgeblichen Performanceindikatoren (KPIs) könnten Emittenten zu Greenwashing verführen. Diese über Green Bonds stärker ins Be- wusstsein gerückte Gefahr sieht Hecker auch bei Sustainability-Linked Bonds. Das zugrunde liegende Problem ist dem Axa- IM-Mann zufolge der noch fehlende Markt- konsens darüber, was ein qualitativ hoch- wertiger Sustainability-Linked Bond ist. Greenwashing-Risiken rühren beispielswei- se von Performanceindikatoren her, die für das Geschäftsmodell des Emittenten nicht relevant sind; von Nachhaltigkeitszielen, die nicht ehrgeizig genug sind; oder von einer finanziellen Strafe beziehungsweise einem Mechanismus, der nicht wesentlich genug ist, um einen echten Anreiz für den Emit- tenten zu schaffen, die Nachhaltigkeitsziele zu erfüllen. Am häufigsten droht Emittenten in der Praxis bei Nichterreichung der Ziele eine Kuponerhöhung von 25 Basispunkten. Das ist im Vergleich zum Anfangskupon einer Anleihe relativ wenig. „Idealerweise wäre die Strafe so hoch wie die Erhöhung bei einer Herabstufung von Emittentenra- tings – nämlich um die 125 Basispunkte. Mit anderen Worten: Ein Nachhaltigkeits- ziel sollte genauso wichtig sein wie ein Ratingziel. Einen ersten Schritt, den 25-Ba- sispunkte-Trend zu durchbrechen, hat Cha- nel unternommen“, erklärt Buff. Eisenegger hält zum gegenwärtigen Zeit- punkt das Greenwashing-Risiko bei nach- haltigkeitsgebundenen Anleihen für größer als bei grünen Anleihen. Angesichts dessen fordert M&Gs Portfoliomanager einen kon- struktiveren Dialog zwischen den Anlegern auf der Käuferseite und den „Debt Capital Market Desks“ auf der anderen Seite sowie eine ablehnende Haltung von Investoren gegenüber Emittenten bei unzureichenden Anleihenstrukturen. „Bei M&G sind wir der Meinung, dass eine qualitative Analyse er- forderlich ist, um das potenzielle Green- washing-Risiko zu beurteilen. Zwar sind Stellungnahmen von Dritten hilfreich, aber wir haben festgestellt, dass sie dem Emit- tenten gegenüber mitunter großzügig sein können“, merkt Eisenegger an. Aus diesem Grund hat M&G einen Qualitätsrahmen mit der Bezeichnung „ESG Themed Bond Assessment“ eingeführt, bei dem interne Analysten die Qualität von Anleihen mit Nachhaltigkeitsbezug bewerten. Einen ver- gleichbaren Schritt setzte auch Axa IM. ICMA spricht Empfehlung aus Ein mögliches Instrument gegen Green- washing sind DPAMs Matthew Welch zu- folge die bereits im Sommer 2020 von der International Capital Market Association (ICMA) entwickelten Verfahrensrichtlinien für Emittenten, um die Ausgestaltung von Sustainability-Linked Bonds zu standardi- sieren. Diese Grundsätze bestehen aus fünf Kernkomponenten, die auf freiwilliger Basis befolgt werden sollten: • Die Auswahl von Performanceindikatoren (KPIs), die als relevantes Kernstück und wesentlich für den Emittenten erachtet werden. Außerdem sollten die KPIs mess- bar und vorzugsweise extern überprüfbar sein. • Die Definition der Nachhaltigkeitsziele (STPs) für die ausgewählten KPIs sollte ehrgeizig sein, mit einer externen Bench- mark vergleichbar sein und mit der Nach- haltigkeitsstrategie des Emittenten über- einstimmen. • Die Art und Weise, wie sich die finanziel- len oder strukturellen Merkmale der An- leihe in Abhängigkeit von der Erreichung der vorgegebenen Ziele ändern werden. • Die Art und Weise, wie Emittenten über Fortschritte bei den relevanten KPIs be- richten und vollständige Transparenz ge- genüber den Anlegern gewährleistet wird. • Wie die Überprüfung der Zielvorgaben für jeden KPI zu den vorgegebenen Zeitpunk- ten erfolgt. Die bloße Freiwilligkeit bei der Einhal- tung der ICMA-Leitlinien wird jedoch von Marktteilnehmern kritisiert und stattdessen ein standardisiertes und verpflichtendes Rahmenwerk gefordert. Moral vs. höhere Kupons Investoren könnten sich vielleicht daran stoßen, dass sie im Fall einer Nichterrei- chung der vom Emittenten angestrebten Nachhaltigkeitsziele (aufgrund der infolge höheren Kupons oder Rückzahlungsbeträ- ge) einen finanziellen Vorteil erzielen wür- den – zulasten der Nachhaltigkeit. Diese „Strafzahlungen“ sind aus moralischer Sicht jedenfalls gerechtfertigt: Immerhin führt die Nichterfüllung zu Reputationsrisiken und zu etwas höheren Credit-Risiken, die zeitnah kompensiert werden müssen. Vielfach wird alternativ dazu unter dem Motto „Beloh- nung statt Strafe“ eine „Step down“-Klausel vorgeschlagen. Eggerstedt warnt davor: „Ich glaube, dies könnte zu kurzsichtigem Handeln führen. Das Unternehmen könnte sich auf die Kuponreduzierung konzen- trieren und dann sagen, dass die Arbeit erledigt sei – und eben nicht nach einer kontinuierlichen Steigerung der Nachhaltig- keit streben.“ ANTON ALTENDORFER » SLBs werden mit spezifischen Nachhal- tigkeitszielen begeben, die maßgebliche Performanceindikatoren enthalten. « Saida Eggerstedt, Leiterin Sustainable Credit bei Schroders in Frankfurt 210 N o. 1/2022 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R AT E G I E N | SUS TA I NAB I L I TY- L I NKED BONDS FOTO: © SCHRODERS

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