Institutional Money, Ausgabe 1 | 2022

eine Pandemie. Und das obwohl ausgerech- net Nassim Taleb, der spätestens mit seinem Buch „Der Schwarze Schwan“ einer der meistzitierten Ökonomen der Welt wurde und den berühmt-berüchtigten Black Swan Events erst ihren Namen gegeben hat, vor genau so einem Pandemie-Event gewarnt hatte. „Es war absehbar“, äußerte sich der höchst aktive Twitter-Nutzer zuletzt über die Kurznachrichtenplattform. Dass man die Pandemie grosso modo doch nicht auf dem Radar hat- te, könnte an den Ursachen für die größten Black Swan Events der ver- gangenen 20 Jahre liegen (siehe Ta- belle „Die 10 aggressivsten Schwar- zen Schwäne der letzten 20 Jahre“) : Acht von zehn Ereignissen sind politischen oder finanztechnischen Ursprungs, also quasi „von Men- schenhand gemacht“. Nur ein Ereig- nis war vor Covid-19 natürlichen Ursprungs: die Katastrophe von Fukushima. Wobei auch hier nur der Auslöser – also das Erdbeben – na- türliche Ursachen hatte: Das AKW, das in der Folge weite Landstriche verseuchte, war schon wieder ein mensch- liches Konstrukt. Das Modell „Viele Schäden können dahingehend interpretiert werden, dass das Risiko unter- schätzt wird. Nicht nur, was die Eintritts- wahrscheinlichkeit eines Black Swan Events betrifft, sondern auch, was die Fragilität der Systeme betrifft, auf die diese Schäden ein- wirken“, erklärt Taleb, der als einer von we- nigen die Subprimekrise korrekt vorherge- sehen hatte. Taleb hat deshalb eine „einfa- che Methode zur Messung von Tail-Risiken entwickelt, die auf Konvexitätseffekte Rücksicht nimmt (siehe Grafik „Der Schwan an sich ist nicht das Pro- blem“) . Diese nicht linearen Effekte – also besagte Konvexität – haben das Potenzial, uns bei nur geringen Abweichungen vom Konsens „um die Ohren zu fliegen“, wie er es be- reit 2012 im Rahmen seines IWF- Papers „A New Heuristic Measure of Fragility and Tail Risks“ formu- lierte. Gerade hier liegt auch ein wei- teres Spezifikum des Black-Swan- Phänomens: Dadurch, dass die Ab- weichungen nur sehr gering sein müssen, bleiben sie unsichtbar, bis sie eingetreten sind – und entspre- chend schwer zu prognostizieren. Die bereits erwähnte Katastrophe von Fukushima bietet ein Junge Ukrainer in Lwiw (Lemberg) wappnen sich und ihre Stadt gegen einen Angriff russischer Truppen. Ein Kriegsausbruch, wie er dann im Februar 2022 tatsächlich stattgefunden hat, wurde von einzelnen Analyseabteilungen bereits Anfang 2017 als mögliches, aber höchst unwahrscheinliches Black-Swan-Ereignis angeführt. Der Schwan an sich ist nicht das Problem Laut Nassim Taleb befeuert die Fragilität der Finanzmärkte die Eskalation. Die Konvexität der Schadensfunktion stellt das Hauptproblem bei einem eintretenden Event ein. Sie wird von fragilen Märkten unterstützt; minimale Änderungen in den eingetretenen Variablen lassen aus einem linearen, verkraftbaren Event eine exponentielle Schadenskurve werden. Quelle: Taleb Schaden f(X) Black Swan Event Ausmaß Ereignis X N o. 1/2022 | www.institutional-money.com 203 TA I L R I SK UKRA I NE

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