Institutional Money, Ausgabe 1 | 2022

nächsten Anlagezeitraum erwartet werden kann. Aus den Zusammenbrüchen der Märkte während der Finanz- oder Eurokrise hat man wiederum gelernt, die volatilitätsorien- tierten Risikoprognosen anzupassen und nicht zu unterschätzen, man evaluiert das Marktrisiko mit dem Risikomaß „Expected Shortfall“. Vereinfacht lässt sich sagen, „dass ein Expected Shortfall von q Prozent der zu erwartenden Rendite in den schlech- testen q Prozent der Fälle entspricht. Im Gegensatz zu Volatilität oder Value at Risk berücksichtigt der Expected Shortfall das Risiko von Extremereignissen und ist somit ein realistisches Maß für die Verluste, die in Krisenszenarien eintreten können“, erklärt Wunderlich. Nach der Definition des Risiko-Return- Schätzers ist der nächste Schritt der automa- tische Aufbau des optimalen Anlageuniver- sums. Hoher Diversifizierungsgrad und hohes Prognosepotenzial waren das Motto, „doch fehlten Tools zur Messung dieser Parameter und ein systematischer Ansatz beim Portfolioaufbau. Um den Aufbau eines Anlageuniversums systematisch gestalten zu können, hat Get Capital soge- nannte Sensoren eingeführt, die die Vorhersagbarkeit eines Wert- papiers und die Diversifizierung eines Universums quantifizieren“, so Wunderlich. Der „Vorhersagbarkeitssensor“ basiert auf dem ursprünglich aus der Physik stammenden Signal- Rausch-Verhältnis, das das Ni- veau der Ertragsschätzung eines Wertpapiers mit der Unsicherheit einer solchen Schätzung ver- gleicht. Im Finanzbereich gibt diese Kennzahl generell die „Reinheit“ der positiven und negativen Regimes eines Wert- papiers an. Je höher das Signal- Rausch-Verhältnis, desto einfa- cher gestalten sich Vorhersagen zu einem Wertpapier. Anders aus- gedrückt: je geringer die Volatili- tät der Regimes, desto besser die Prognose. Der Diversifizierungssensor basiert auf den Erkenntnissen der Informationstheorie, die unter anderem in der Informatik und Mathematik bei der Quantifizie- rung von Informationen Anwen- dung findet. Vereinfacht ausgedrückt misst der Diversifizierungssensor die Menge der Informationen, die sich die Wertpapiere eines Anlageuniversums teilen. Wertpapiere mit einer hohen Korrelation, etwa DAX 30 und CAC 40, teilen sich auch eine große Menge an Informationen – und können nicht zur Diversifizierung beitragen. Die Aufnahme von Wertpapieren mit niedriger Korrelation, etwa DAX 30 und MSCI Pakistan, deren Informationsschnittmenge gering ist, erhöht die Diversifizierung. Case I: Fukushima Dieser Ansatz hat sich in der Vergangen- heit bewährt, wie zwei Case Studies zeigen. So etabliert sich nach dem Atomunfall in Fukushima am 11. März 2011 Negativre- gime. Der Schätzer reagiert schnell: Zwei Tage nach dem Unglück ist das neue Re- gime erkannt, und die Ertragsprognose wird ins deutlich Negative korrigiert. Noch deut- licher wird die Reaktion im Rahmen der Eurokrise im Sommer 2011. Durch die massiven Verluste des DAX wird auch die- ses neue Regime schnell erkannt, und die Ertragsprognosen werden ins extrem Nega- tive gesenkt. Das Negativregime hält bis Jahresende an. Die heftigen Schwankungen des DAX im Oktober und November lösen kein neues Regime aus, sondern werden als Oszillationen eines Negativregimes mit hoher Volatilität erkannt. Die Returnschätzungen fließen in der Folge – auf Basis von Methoden des Ma- chine Learnings – in den Klassifikator ein. Dies ist ein Algorithmus, der die Relation zwischen den einzelnen Prognosen identifi- ziert, die auf positive oder negative Markt- entwicklungen schließen lässt. Die Ergeb- nisse des Klassifikators können pro- oder antizyklisch ausfallen. So wird die Anlage in überkauften Märkten (extrem positive kurz- und langfristige Prognosen) nicht zugelassen. In überverkauften Märkten (ex- trem negative kurz- und langfristige Pro- gnosen) und in moderat steigenden Märkten (leicht positive kurz- und langfristige Pro- gnosen) hingegen darf investiert werden. Case II: Pandemie Wie wichtig es ist, normales Marktrau- schen von echten Trendwechseln zu unterscheiden, hat sich am Beginn der Pandemie gezeigt: Das Krisenjahr 2020 begann zu- nächst sehr positiv mit neuen Höchstständen Anfang Februar. Der Fonds hat diese Aufwärts- bewegung mitgenommen. Ab 20. Februar 2020 begann der Covid-19-Crash, der mit einem Drawdown von 33,8 Prozent am 23. März 2020 seinen Höhepunkt im MSCI World erreichte. Die Aktienquote wurde nach wenigen Tagen in mehreren Schritten deut- lich gesenkt. So wurde der maxi- male Verlust auf 12,3 Prozent begrenzt, während der MSCI World Index einen Verlust von 28,9 Prozent erlitt. „Das Absichern ist bei einem Crash jedoch nur eine Seite der Medaille. Wichtig ist auch, den Wendepunkt für die Erholung zu treffen“, so Wunderlich. Bereits ab Mitte Ende 2020 wurde die Aktienquote sukzessive wieder hochgefahren und hat an der Erholung partizipiert. Im Ergebnis erreichte der Fonds bereits am KI-Alpha schlägt humanes Alpha klar Signifikante Korrelation zwischen KI-Management und Ertrag beziehungsweise Alpha VARIABLE Marktadjustierter Jensens Fünf-Faktor- Ertrag Alpha Alpha Referenz -0,31 -1,24 -3,20* (-0,30) (-1,08) (-1,81) KI-Dummyvar. 0,39** 0,58*** 0,51** (2,01) (3,35) (1,98) LogVermögen 0,01 -0,06 -0,04 (0,78) (-0,64) (-0,28) LogAlter -0,09 -0,67 -0,07 (-0,36) (-0,23) (-0,55) Kosten 0,41 0,55 1,22 (0,58) (0,88) (1,19) Umsatz 0,01 -0,40* -0,15 (0,14) (-1,67) (-0,32) Fondsflüsse 0,01** 0,07*** 0,05 (2,43) (3,50) (1,50) Log#Titel 0,22 0,05 0,53 (1,46) (0,70) (1,49) Anz. Beobachtungen 627 28 28 Adjust. R-Quadrat 0,760 0,131 0,416 Der KI-Dummy nimmt einen Wert von „1“ an, wenn es sich um einen KI-Fonds handelt, und „0“ bei einem von Menschen gemanagten Fonds. Die positive Kor- relation zu Ertrag und Alpha ist deutlich. ***/**/* = 99/95/90 % Signifikanz Quelle: Studie 200 N o. 1/2022 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R AT E G I E N | P ERFORMANC EVERGL E I CH

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