Institutional Money, Ausgabe 1 | 2022

A ngesichts akuter Krisen wie der nach wie vor weltweit grassierenden Corona-Pande- mie und der unberechenba- ren Konsequenzen des russischen Einmar- sches in der Ukraine ist das globale Meta- risiko Klimawandel in den Hintergrund der öffentlichen Wahrnehmung gerückt – was nicht bedeutet, das sich die Nach- richtenlage per se verbessert hätte, eher im Gegenteil. So warnten Forscher Mitte September im Fachblatt „Nature Climate Change“ davor, dass Europas Permafrostmoorgebiete bald an einen Kipppunkt geraten könnten. Bereits bei einer Klimaerwärmung von zwei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Durchschnittswert könnten rund 700.000 Quadratkilometer an Permafrostmooren auftauen. Das würde aus den bisher als Kohlenstoffsenken fungierenden nördlichen Feuchtgebieten Kohlenstoffquellen machen. Die Forscher sprechen vom Erreichen eines „Kipp- oder Umschlagpunkts“. Aus den USA kam zum selben Zeitpunkt die Meldung, wonach Miami beim ge- genwärtigen Trend 2060 unbewohn- bar sein würde, der reale Untergang der Malediven kann schon länger beobachtet werden. Das Scheitern der UNO „Um so wichtiger wären globale Klimakooperationen, wie sie im November 2021 im Rahmen der UN-Klimakonferenz diskutiert wur- den“, meint Fritzi Köhler-Geib, Chef- Volkswirtin der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Inzwischen weiß man, dass die Ergebnisse der Konferenz enttäuschend waren, aber selbst wenn man die mageren Forde- rungen – etwa die Reduzierung des Methanausstoßes – umsetzen will, geht es laut KfW nicht ohne finanzielle Transfers von fortgeschrittenen Volkswirt- schaften an Entwicklungs- und Schwellen- länder. Indem diesen die Transformation erleichtert und die Rahmenbedingungen verbessert werden, können sie private Investitionen mobilisieren und dadurch laut KfW „global einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten“. Bereits in der Über- einkunft von Kopenhagen im Jahr 2009 (COP15) wurde das Ziel formuliert, ab dem Jahr 2020 ein jährliches Volumen von 100 Milliarden an finanziellen Transfers von fortgeschrittenen Volkswirtschaften hin zu Entwicklungs- und Schwellenländern zu mobilisieren. Die OECD hat jüngst ermit- telt, dass die Industriestaaten bis 2019 je- doch nur rund 80 Milliarden US-Dollar an jährlicher Klimafinanzierung für Entwick- lungsländer mobilisiert haben (siehe Grafik „Klima-Transferzahlung global“), die Mit- tel für 2020 dürften aufgrund der Corona- Pandemie noch darunter liegen. Ob die Empfängerländer angesichts der vergange- nen Zielverfehlungen auf diese Versprechen vertrauen werden, ist fraglich. Ein Preis für CO 2 Dabei könnte internationale Kli- mafinanzierung KfW zufolge zu einer globalen Harmonisierung von klimapolitischen Instrumenten bei- tragen. So könnten etwa finanzielle Transfers an die Implementierung eines CO 2 -Preises in den Empfän- gerländern geknüpft werden. Voraussetzung dafür wäre, dass es gelingt, die finanziellen Transfers verlässlicher als bisher sicherzustel- len. Hierfür dürfte die Implementie- rung eines Verteilungsschlüssels, der den Anteil der fortgeschrittenen Volkswirtschaften an den anvisierten 100 Milliarden US-Dollar definiert, zentral sein. „Eine größere Verläss- lichkeit ist vor allem auch deshalb Nach dem faktischen Scheitern der UN-Klimakonferenz COP26 werden private Anstrengungen, den CO 2 -Ausstoß zu reduzieren, immer wichtiger. Corporates, Asset Manager und Wissenschaftler versuchen, Investments in die richtige Richtung zu lenken. Klima-Transferzahlung global Was von den Industrienationen in die Entwicklungsländer fließt Angepeilt waren bereits bei COP25 Transferleistungen von den Industrie- nationen Richtung Emerging Marktes in Höhe von jährlich 100 Milliarden US-Dollar. Diese Marke wird bei Weitem nicht erreicht, ist aber eine Grund- bedingung dafür, dass der CO 2 -Fußabdruck der ärmeren Nationen spürbar reduziert werden kann. Quelle: KfW 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 2019 2018 2017 2016 2015 2014 2013 Multilaterale öffentliche Finanzierung Bilaterale öffentliche Finanzierung Mobilisierte private Finanzierung Exportkredite Mrd. USD Rettungs versuche » Der Klimawandel ist eine globale Herausforderung, dafür braucht es global koordinierte Antworten. « Fritzi Köhler-Geib, Chef-Volkswirtin bei KfW 150 N o. 1/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | KL IMAFAKTOREN FOTO: © KFW, MALP | STOCK.ADOBE.COM

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