Institutional Money, Ausgabe 1 | 2022

Durchschnitt noch eine positive Long- Short-Rendite von 0,52 Prozent pro Monat, wenn eine Gewichtung nach Marktkapitali- sierung erfolgt. Doch die Verteilung der Renditen ist stark linksschief und weist ver- lustreiche Fat Tails auf, die mit Momentum- Crashs zusammenhängen. Die Einbrüche sind hier stärker als bei der klassischen Stra- tegie. Zudem hängt diese Komponente wie auch das klassische Momentum von der vorherrschenden Marktphase ab und erzielt nur in Aufwärtsbewegungen beziehungs- weise bei geringer Renditedispersion der einzelnen Aktien positive Renditen. Einordnung Die Studie ist nicht der erste Versuch in der Momentum-Literatur, eine Unterteilung des Ranking-Zeitraums vorzunehmen. Schon im Jahr 2012 dokumentierte Robert Novy-Marx den Effekt des Intermediate Momentum, das sich über die erste Hälfte des betrachteten Ranking-Zeitraums er- streckt („Is Momentum Really Momen- tum?“). Trotz Verwendung offensichtlich veralteter Renditen konnte er dabei eine signifikante Aussagekraft für den prozykli- schen Kurseffekt der folgenden Monate feststellen. Die Ergebnisse waren jedoch umstritten und wurden von anderen For- schern hinterfragt. Demnach ließ sich der Effekt weitgehend nur in den USA nach- weisen und war zudem wohl auf (begin- nende) Reversals am Ende des Ranking- Zeitraums zurückzuführen. Das damals pos- tulierte Momentum-Echo, das aus der ersten Hälfte des Ranking-Zeitraums für die Zu- kunft nachwirken sollte, stand damit auf wackeligen Beinen. Doch gegenüber der aktuellen Studie wiesen die Untersuchungen einen wesentli- chen Unterschied auf. Damals wurde ein für alle Aktien fixer Zeitraum betrachtet, der die erste Hälfte der Ranking-Periode um- fasste. Die neue Studie nutzt dagegen eine dynamische Aufspaltung anhand der in die- ser Zeit erzielten Kurshochs der einzelnen Aktien. Den Autoren zufolge ist diese ein- gebaute Flexibilität ihres Ansatzes entschei- dend, damit sich die Crash-Komponente überwiegend dem zweiten Zeitraum zurech- nen lässt. Dabei zeigen sich die systema- tisch besseren Ergebnisse von Rankings an- hand der ersten Komponente auch an inter- nationalen Aktienmärkten als robust, sodass die Schwachstellen der damaligen Unter- suchungen von Novy-Marx nicht auf den nun gefundenen Effekt zutreffen. Schlussfolgerungen Der Studie zufolge haben die bis zum jeweiligen Hoch in der Ranking-Periode erzielten Aktienrenditen den größten Effekt für eine erfreuliche Momentum-Perfor- mance. Das Ergebnis stellt eine Herausfor- derung dar, was die Erklärung der damit verbundenen Renditeanomalie angeht. Das betrifft vor allem den risikobasierten Ansatz: Dieser zielt darauf ab, dass mit dem Momen- tum-Effekt eine hohe Crash-Gefahr verbun- den ist. Wenn sich nun aber Momentum- Renditen erwirtschaften lassen, ohne dabei annähernd so hohe Einbrüche wie bisher dokumentiert zu riskieren, verliert diese Erklärung an Bedeutung. Gleichzeitig könn- ten verhaltensbasierte Erklärungen stärker in den Vordergrund rücken. DR. MARKO GRÄNITZ Kumulative Renditen Klarer Kontrast der Teilkomponenten HTP und PTH Die Grafik zeigt die kumulativen Renditen der klassischen Momentum-Strategie (MOM) , der Rankings basierend auf der jeweils ersten (HTP) und zweiten Teilkomponente (PTH) sowie des Marktfaktors (MKT) mit jeweils monatlichem Rebalancing. Quelle: Büsing, P. / Mohrschladt, H. / Siedhoff, S. (2021), Decomposing Momentum: Eliminating its Crash Component, S. 12 10 -3 10 -2 10 -1 10 0 10 1 10 2 10 3 10 4 10 5 Performance (logarithmische Skalierung) HTP MOM MKT PTH 2017 2007 1997 1987 1977 1967 1957 1947 1937 1927 » Momentum-Renditen sind scheinbar nicht nur eine Kompensation für die seltenen Crashs. « Pascal Büsing, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Finance Center der Universität Münster 140 N o. 1/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | MOMENTUM

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