Institutional Money, Ausgabe 1 | 2022

R und 30 Jahre ist es her, dass Narasimhan Jega- deesh und Sheridan Tit- man den Momentum-Ef- fekt dokumentierten. In der Zwischen- zeit haben sich unzählige Studien damit befasst. Die Grundaussage blieb weitgehend gleich: Im Querschnitt eines großen Universums an Aktien neigen die besten Titel der letzten zwölf Monate (Top-Dezil) dazu, gegenüber den schlechtesten Werten aus diesem Zeit- raum (Flop-Dezil) weiterhin eine Outper- formance zu erzielen. Das Ganze wurde für lange Zeiträume sowie verschiedene Märkte weltweit bestätigt. Und im Jahr 2008 schrieb sogar der Begründer und bekannteste Vertreter effizienter Märkte, Eugene Fama, zusammen mit seinem Kol- legen Kenneth French in „Dissecting Ano- malies“, dass es sich bei Momentum um die wichtigste Anomalie an den Märkten handelt. Crash-Risiko Wenn nun lediglich die stärksten Aktien systematisch gekauft beziehungsweise über- gewichtet und die schwächsten gemieden beziehungsweise untergewichtet werden müssen – je nachdem, ob es sich um einen Long-only oder einen Long-Short-Ansatz handelt –, so müsste damit recht einfach eine Überrendite erzielt werden können. Doch in der Praxis ist das nicht so leicht. Zum einen sind die Transaktionskosten durch den beträchtlichen Portfolioumschlag recht hoch. Und zum anderen können auf der Short-Seite zusätzliche Marktfriktionen bestehen, wenn der Leerverkauf bestimmter Aktien gar nicht oder nur unter extrem hohen Leihgebühren möglich ist. Und es gibt noch einen Haken: Dem Ansatz wohnt ein Crash-Risiko inne, das sich zwar selten zeigt, dafür aber verheerend ausfällt ( siehe Tabelle „Die größten Momentum-Crashs“ ). Die Crashs treten vor allem dann auf, wenn der Gesamtmarkt nach einem starken Ab- sturz wieder nach oben dreht. Dann gerät das Short-Portfolio unter Druck, da Aktien mit den größten Verlusten in dieser Phase dazu neigen, extrem stark anzusteigen, was auch als Junk-Rallye bezeichnet wird. Die zwei tiefsten Drawdowns von Momentum traten im Anschluss an den Crash in der Weltwirtschaftskrise Anfang der 1930er- Jahre (theoretische Rückrechnung) sowie nach dem Absturz der Märkte im Jahr 2009 auf. Besser war es, die Strategie nur auf der Long-Seite umzusetzen, doch auch hier gab es starke Einbrüche in turbulenten Phasen, da in Abwärtsbewegungen das Gegen- gewicht der Short-Positionen fehlte. Die auch bei institutionellen Anlegern beliebten Momentum-Strategien kommen nicht ohne einen gewissen Nervenkitzel aus. Die regelmäßig auftretenden Markteinbrüche bescheren ihnen phasenweise massive Drawdowns. Ein neuer Ansatz soll Abhilfe schaffen. » Die Strategie vermeidet typische Momentum-Crashs und liefert höhere Sharpe Ratios. « Pascal Büsing, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Finance Center der Universität Münster Crashloses Momentum Die größten Momentum-Crashs Verheerende monatliche Long-Short-Renditen Monat Momentum Komponente 1 (HTP) Komponente 2 (PTH) Markt August 1932 -77,56 % -32,80 % -83,40 % 37,06 % Juli 1932 -58,25 % -7,15 % -58,53 % 33,84 % September 1939 -45,93 % 11,27 % -79,48 % 16,88 % April 2009 -45,10 % -1,14 % -44,22 % 10,19 % April 1933 -43,58 % 35,22 % -51,73 % 38,85 % Januar 2001 -41,81 % -14,34 % -39,56 % 3,13 % März 2009 -39,21 % -0,81 % -39,01 % 8,95 % Juni 1938 -32,49 % -4,55 % -33,15 % 23,87 % Juni 1931 -29,58 % -9,24 % -28,20 % 13,90 % Mai 1933 -27,11 % 33,56 % -42,61 % 21,43 % Die Tabelle zeigt die schlechtesten Momentum-Renditen auf Basis eines elfmonatigen Ranking-Zeitraums (mit finalem Skip-Monat) von 1927 bis 2018. Ebenfalls zu sehen sind die Renditen der Strategien, die auf dem Ranking der Aktien jeweils bis zu ihrem Hoch (HTP) sowie im Anschluss daran (PTH) basieren. Erstere Komponente erzielte dabei systematisch bessere Ergebnisse. Zudem sind die jeweiligen Überrenditen des Marktes in den entsprechenden Monaten angegeben. Diese lassen erkennen, dass es sich bei den Momentum-Crashs um Markterholungen nach starken Einbrüchen handelte. Quelle: Büsing, P. / Mohrschladt, H. / Siedhoff, S. (2021), Decomposing Momentum: Eliminating its Crash Component, S. 14 138 N o. 1/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | MOMENTUM FOTO: © UNIVERSITÄT MÜNSTER, STANCIUC | STOCK.ADOBE.COM

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