Institutional Money, Ausgabe 1 | 2022

Hinweise auf die Prämie zu finden sind (siehe Tabelle „Effekt nur bei Micro Caps“) . Für den allergrößten Anteil der investierbaren Aktienmärkte – sowohl der Developed als auch der Emerging Markets – liegt demnach keine Illiquiditätsprämie vor. Scheinbar gibt es an diesem Resultat auch nichts zu rütteln: Das Ganze zeigt sich robust gegenüber verschiedenen Liquiditäts- maßen, zwei Methoden zur Berücksichti- gung der Firmengröße sowie weiteren Kon- trollvariablen. Auch die zweidimensionalen Tests unter Berücksichtigung von Unternehmensgröße und Liquidität bestätigen das Ergebnis. Es zeigt sich deutlich, dass die gesamte Prämie für Illiquidität vom Quintil der kleinsten Unternehmen verursacht wird. Innerhalb dieses Marktsegments, das weltweit nur einen winzigen Anteil des Börsenwerts aus- macht, lässt sie sich statistisch signifikant nachweisen. Doch für größere Unterneh- men ist die Prämie praktisch nicht zu beob- achten. Das gilt wiederum für verschiedene Liquiditätsmaße und sowohl für Developed als auch Emerging Markets. Praktisch irrelevant Das Quintil der kleinsten Aktien, bei denen die Illiquiditätsprämie nachweisbar ist, umfasst insgesamt rund 3.500 Aktien weltweit. Das klingt zunächst nach einer guten Nachricht, was das Erzielen der Prämie mittels quantitativer Strategien an- geht. Allerdings machen die entsprechenden Unternehmen nur 0,2 beziehungsweise 0,41 Prozent der Marktkapitalisierung von Deve- loped beziehungsweise Emerging Markets aus (siehe Tabelle „Winziger Marktanteil“) . Es handelt sich also um echte Winzlinge. Noch deutlicher wird die Misere, wenn man sich anschaut, was das in absoluten Zahlen bedeutet: Demnach liegt der Börsenwert dieser Unternehmen im weltweiten Durch- schnitt bei nur knapp 20 Millionen US- Dollar. Angesichts dessen scheint es kaum vor- stellbar, dass sich große institutionelle Anleger nennenswert in diesem Bereich positionieren können, um mit quantitativen Ansätzen eine auf dem Papier verfügbare Illiquiditätsprämie zu erzielen. Denn in der Praxis dürfte davon nach Transaktionskos- ten und Market Impact im besten Fall nicht viel übrig bleiben. Und die überwältigende Mehrheit der Unternehmen, die gemeinsam mehr als 99 Prozent des Börsenwerts aus- machen, zeigen keine verlässlichen Hinwei- se auf eine solche Prämie. Schlussfolgerungen Bei der Illiquiditätsprämie dreht man sich im Kreis: Zum einen wird Liquidität allge- mein als Maß dafür definiert, in welchem Umfang die Marktteilnehmer ihre Trades ausführen können, ohne dabei übermäßige Kosten zu verursachen. Zum anderen sind es genau diese Friktionen, die dafür sorgen, dass die mit Illiquidität verbundene Prämie nur dort verfügbar ist, wo sie sich nicht ohne Weiteres systematisch erzielen lässt: bei den kleinsten Aktien am Markt. Trotz ihrer auf dem Papier bestehenden Illiquiditätsprämie dürften die Micro Caps in den realen Portfolios der meisten insti- tutionellen Anleger aber kaum eine Rolle spielen. Einen ähnlichen Effekt beschreibt auch eine Studie zu Faktorstrategien („Navi- gating the Factor Zoo Around the World: An Institutional Investor Perspective“): Die Autoren schreiben dort, dass die Perfor- mance vieler Faktoren in akademischen Studien vom Einbezug von Small und Micro Caps abhängt, obwohl diese Aktien aufgrund von Illiquidität und Transaktions- kosten in der Praxis wahrscheinlich aus dem Universum ausgeschlossen würden. Letztlich handelt es sich bei der Illiqui- ditätsprämie am Aktienmarkt um ein über- schätztes, fragwürdiges Konstrukt. Mit Aus- nahme eines irrelevanten Segments kaum handelbarer Titel lässt diese sich weder systematisch nachweisen noch vereinnah- men. Aus diesem Grund sollte der Effekt im qualitativen Portfoliomanagement nicht als separater Faktor berücksichtigt werden, so die Autoren der Studie. Interessant ist zudem der Hinweis der Forscher, dass vergleich- bare Muster auch in anderen Anlageklassen bestehen könnten, etwa bei Unternehmens- anleihen. DR. MARKO GRÄNITZ » Abseits der kleinsten Unternehmen gibt es keine Illiquiditätsprämie. « Adam Zaremba, Associate Professor, Montpellier Business School Winziger Marktanteil Marktanteile von nach Größe und Liquidität sortierten Portfolios DEVELOPED MARKETS Liquide 2 3 4 Illiquide Differenz Klein 0,06 % 0,05 % 0,04 % 0,03 % 0,02 % 0,20 % 2 0,16 % 0,15 % 0,14 % 0,14 % 0,13 % 0,71 % 3 0,40 % 0,38 % 0,36 % 0,34 % 0,33 % 1,82 % 4 1,46 % 1,23 % 1,09 % 1,00 % 0,96 % 5,74 % Groß 58,73 % 13,64 % 7,78 % 5,47 % 5,91 % 91,54 % EMERGING MARKETS Klein 0,10 % 0,10 % 0,09 % 0,07 % 0,05 % 0,41 % 2 0,31 % 0,29 % 0,28 % 0,27 % 0,26 % 1,41 % 3 1,00 % 0,84 % 0,78 % 0,76 % 0,72 % 4,10 % 4 2,48 % 2,24 % 2,15 % 2,16 % 2,10 % 11,14 % Groß 43,56 % 12,08 % 9,74 % 9,40 % 8,16 % 82,94 % Die Tabelle zeigt die entsprechenden Marktanteile der Portfolios aus Tabelle 1. Es wird deutlich, dass Micro Caps einen verschwindend geringen Anteil ausmachen und für institutionelle Anleger weitgehend irrelevant sein dürften. Zeitraum: Januar 1990 bis April 2020 Quelle: Cakici, N. / Zaremba, A. (2021), Liquidity and the Cross-Section of International Stock Returns, S. 37 FOTO: © MONTPELLIER BUSINESS SCHOOL 136 N o. 1/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | I L L I QU I D I TÄT SPRÄMI E

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