Institutional Money, Ausgabe 1 | 2022

I n der Marktwirtschaft hat jede Sache ihren Preis, für jeden Vorteil muss extra bezahlt werden. Wer hingegen Schwächen akzeptiert, kann sich etwas ersparen – zumindest in der Theorie. Folgt man dieser Logik, müs- sen illiquide Aktien eine Prämie aufweisen. Eine geringe Handelbarkeit erhöht das Risiko, und das muss abgegolten werden, andernfalls wäre wohl niemand bereit, die- ses zusätzliche Risiko zu übernehmen. Zweifelhafte Prämie Und tatsächlich gibt es Forschungsergeb- nisse, die darauf hinweisen, dass illiquide Aktien mit einer Prämie winken. Sie ist so- wohl nennenswert hoch als auch statistisch signifikant. Doch sieht man sich die Sache dann etwas genauer an, treten Zweifel auf. An den internationalen Märkten kam es in den letzten Jahren und Jahrzehnten zu er- heblichen Umwälzungen, was Handelsplät- ze, Technologie und handelbare Instrumente betrifft. Vor allem haben der elektronische und der algorithmische Handel die Art und Weise, wie eine Vielzahl an Aktien gehan- delt wird, revolutioniert. Und das wiederum wirkt sich auf die Marktstruktur und die Zusammensetzung der einzelnen Anleger- gruppen aus. In diesem Zusammenhang besteht der Verdacht, dass eine mehr oder weniger ausgeprägte Illiquidität von Aktien in der Praxis eine geringere Bedeutung haben könnte als bisher vermutet. Spielt die Prämie an den Märkten überhaupt noch eine Rolle? Und falls ja, in welchen Regio- nen und Größenklassen lässt sie sich wirk- lich realisieren? Diesen Fragen widmen sich Nusret Cakici von der New Yorker Fordham University und Adam Zaremba von der Montpellier Business School und der Universität Posen in ihrem Paper „Liquidity and the Cross- Section of International Stock Returns“. Die Forscher untersuchen in ihrer Studie Daten aus insgesamt 26 Industrieländern und 19 Emerging Markets weltweit im Zeitraum von 1990 bis 2020. Dazu schreiben sie, dass es ihres Wissens nach die umfassendste Bewertung der Illiquiditätsprämie darstellt, die je durchgeführt wurde. Der besondere Fokus des Papers liegt auf der Rolle sehr kleiner Unternehmen, die sich als Micro Caps klassifizieren lassen. Die Forscher un- tersuchen, ob die Illiquiditätsprämie speziell von diesem Marktsegment verursacht wird. Zwar gibt es keine einheitliche Definition für Micro Caps, doch in der Regel sind da- mit Unternehmen mit einer Marktkapitali- sierung von weniger als 300 bis 500 Millio- nen US-Dollar gemeint. Die Autoren legen für ihre Untersuchungen einen Schwellen- wert von realen 500 Millionen US-Dollar per Ende des Jahres 2019 fest. Für frühere Jahre adjustieren sie die Werte entsprechend um die Inflation, gemessen anhand des offiziellen Konsumentenpreisindex (CPI) in den USA. Schwankender Anteil In der globalen Stichprobe schwankt der für die gesamte Zeitreihe ermittelte Anteil von Micro Caps um den Wert von vier Pro- zent. Dabei unterscheiden die Forscher ent- wickelte Märkte, in denen der Anteil etwas niedriger ausfällt, sowie Emerging Markets, Auf dem Papier lässt sich klar erkennen, dass illiquide Aktien eine Prämie aufweisen, doch in der Praxis ist sie nicht wirklich greifbar. Eine neue Studie zeigt, warum. Anteile im Zeitablauf Developed vs. Emerging Markets Die Grafik zeigt den Anteil von Unternehmen, deren Marktkapitalisierung unterhalb von 500 Millionen US- Dollar lag (inflationsadjustiert anhand des Consumer Price Index). Er hängt unter anderem von der Marktphase ab und steigt (fällt) in der Regel während einer Baisse (Hausse). In entwickelten Märkten lag die Quote insgesamt niedriger. Zeitraum: Januar 1990 bis April 2020 Quelle: Cakici, N. / Zaremba, A. (2021), Liquidity and the Cross-Section of International Stock Returns, S. 32 2 % 3 % 4 % 5 % 1990 1993 1996 1999 2002 2005 2008 2011 2014 2017 Apr 2020 0 % 5 % 10 % 15 % 20 % 25 % 1990 1993 1996 1999 2002 2005 2008 2011 2014 2017 Apr 2020 Developed Markets Emerging Markets Anteil mit Market Cap unter 500 Mio. USD Nur eine Fata Morgana 134 N o. 1/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | I L L I QU I D I TÄT SPRÄMI E FOTO: © GMF

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