Institutional Money, Ausgabe 1 | 2022

Gamification, sondern wegen der Ablen- kung durch die Elemente zustande kommt. Sollte das nicht der Fall sein und es im Gegenteil stimmen, dass es der Gamifica- tion-Faktor ist, der die Risikobereitschaft erhöht, müsste sich dies beim Anstieg der Ausfallwahrscheinlichkeit von zwei auf fünf Prozent entsprechend niederschlagen: Mit zunehmendem Ausfallrisiko müsste die Differenz des Ausstiegspreises und der Haltedauer zwischen der gamifizierten und nicht gamifizierten Plattform relativ gese- hen steigen. Steigende Risikobereitschaft Und tatsächlich tritt genau diese Zunah- me der relativen Risikobereitschaft ein (sie- he Tabelle „More risk, more fun?“) . Sieht man sich die Verkaufspreise an, so liegen diese bei einem geringen Ausfallrisiko von zwei Prozent in einem nicht gamifizierten Szenario bei durchschnittlich 20,65 E$. Sind die Teilnehmer Gamifizierung ausge- setzt, drücken sie erst bei 21,44 E$ auf den Sell-Knopf – man könnte also sagen, dass Gamified Trader gemessen am Verkaufs- preis um 3,8 Prozent risikofreudiger sind als die Kontrollgruppe. Wird das Risiko auf fünf Prozent erhöht, sinken sowohl im gamifizierten wie auch dem nicht gamifizierten Umfeld die Ver- kaufspreise, in der Gamification-Gruppe geschieht dies aber in einem deutlich gerin- geren Ausmaß – gamifizierte Trades finden nun um 8,3 Prozent später statt. Die Risiko- bereitschaft ist mit dem Risiko gestiegen. Noch eklatanter wird die Zunahme der Risikoaffinität, wenn man sich die Halte- dauer ansieht. Hier steigt der durchschnitt- liche zeitliche Unterschied von der ersten auf die zweite Risikostufe von 8,5 auf 21 Prozent. Insgesamt steigt die Wahrschein- lichkeit für Trader der gamifizierten Platt- form, aufgrund der längeren Haltedauer einen Totalausfall zu erleiden, im Vergleich zu Kontrollgruppe um elf auf 27 Prozent. Diese ersten empirischen Erkenntnisse werden durch diverse Regressionen bestä- tigt (siehe Tabelle „Zusammenhänge zwi- schen Gamification und Risiko“) . Demnach gibt es einen statistisch hoch relevanten positiven Zusammenhang zwischen Gami- fizierung und Höhe des Austrittspreises. Der negative Zusammenhang zwischen Risiko- grad und Verkaufspreis ist statistisch eben- falls hoch relevant. Die Finanzbildung, abgeleitet aus dem Quiz-Ergebnis, ist in der angeführten Tabel- le auf die gesamte Testserie bezogen und hat kaum Auswirkungen auf die Risikoaffi- nität – bringt man die Messung der Finanz- bildung hingegen nur mit den Ergebnissen in Zusammenhang, die über das gamifizier- te Interface erzielt werden, so entsteht eine negative Korrelation, die je nach Kontroll- variable immerhin ein Konfidenzniveau von 90 bis 95 Prozent erreicht. Das bedeutet, dass die Risikobereitschaft in einem Gami- fication-Umfeld bei höherer Finanzbildung nicht so hoch ist wie bei niedrigeren Fi- nanzmarktkenntnissen. Die Risikobereit- schaft hat sich außerdem für die Gruppen vermindert, die zuerst der Basisplattform ausgesetzt waren und erst dann über das gamifizierte Interface getradet haben. Es lässt sich also ableiten, dass Finanzbildung und Erfahrung am Markt die Risikosteige- rung durch Gamifizierung abmildern. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Trading auf gamifizierten Plattformen gerade bei hoch volatilen Assetklassen das aufgenommene Risiko drastisch erhöht. Das gilt nicht zuletzt für gehebelte Derivate und Kryptowährungen“, wie Zoican erklärt. Die Erfahrungen aus der Gamestop-Saga lehren uns aber, dass die Auswirkungen viel weiter und bis in die breiten Aktienmärkte gehen – und dort für beachtliche Markt- verwerfungen sorgen können. HANS WEITMAYR More risk, more fun? Gamification führt tatsächlich dazu, dass Positionen länger gehalten werden. Verkaufspreis E$ (Experim. $) Zeit, nach der verkauft wird (sec.) Low Risk High Risk Durchschn. Low Risk High Risk Durchschn. Gamifiziert 21,44 19,38 20,49 25,91 21,93 24,06 Nicht gamifiziert 20,65 17,90 19,33 23,89 18,18 21,15 Gamification lässt die Risikobereitschaft gegenüber dem Trading auf herkömmlichen Plattformen, steigen. Die Schlussfolgerung, dass sich dieser Trend bei steigendem Ausfallrisiko fortsetzt, bestätigt sich. Tatsächlich nimmt die Risikoaffinität mit der Höhe der Ausfallwahrscheinlichkeit relativ gesehen zu. Quelle: Studie Zusammenhänge zwische Gamification und Risiko Die Korrelation zwischen Gamifizierung und Austrittspreis ist statistisch hoch relevant. Abhängige Variable: Austrittspreis in E$ (Experimental Dollars) (1) (2) (3) (4) (5) Gamifiziert 1,23*** 1,21*** 1,17*** 1,18*** 1,21*** (4,35) (4,17) (4,06) (4,18) (4,22) Höhe des Risikos -4,05*** -4,07*** -4,12*** -4,03*** (-16,84) (-16,97) (-17,12) (-16,74) Quiz Score 0,45 0,50* 0,46 (1,61) (1,83) (1,63) Alter -1,38*** -1,37*** (-5,57) (-5,53) Geschlecht: Weiblich -1,07* -1,07* (-1,84) (-1,84) Runde -0,67*** -0,67*** (-4,70) (-4,72) Konstante 23,73*** 21,38*** 23,22*** 23,25*** 23,70*** (54,34) (64,80) (62,07) (62,28) (54,36) Anzahl der Beobachtungen 4.765 4.780 4.780 4.780 4.765 Pseudo R2 0,01 0,01 0,01 0,01 0,01 Die empirischen Beobachtungen halten den statistischen Auswertungen stand. Die Zusammenhänge zwischen Gamification und Höhe des Austrittspreises sind ebenso relevant wie die negative Korrelation zwischen Höhe des Risikos und Austrittspreis. ***/**/* entspricht 99/95/90 % Signifikanz. Quelle: Studie 126 N o. 1/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | GAMI F I CAT I ON

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